Die kranke Ratte - Erste Hilfe bei Abszessen und Furunkeln
Fühlt man bei seiner Ratte einen Knoten, so kann durch Ertasten nicht genau abgegrenzt werden, ob es sich um einen Abszess oder Tumor handelt. Meist sind Abszesse, die am Reifen sind, etwas eindrückbar, also nicht so hart und fest. Geschwülste dagegen sind oft gut abgegrenzt von der Unterhaut, während Abszesse mehr in die Unterhaut hineingehen.
Ein Röntgenbild kann in der Regel keinen Aufschluss geben, da beide Veränderungen ähnlich abgebildet werden. Der Tierarzt kann aber mit einer feinen Nadel und Spritze in die Schwellung einstechen und versuchen, Material daraus abzusaugen. Bei einem Abszess kommt Eiter heraus und selbst bei einem Tumor kommen immer ein paar Zellen mit. Im Zweifelsfall kann das abgesaugte Material auf einem Objektträger ausgestrichen und unter dem Mikroskop beurteilt werden. Eine Diagnose ist dann mit hoher Sicherheit zu treffen. In jedem Fall ist es, wie schon mehrmals darauf hingewiesen, besser zu behandeln, wenn die Veränderung noch klein ist. Ein Tumor muss chirurgisch entfernt, ein Abszess muss eröffnet und gespült werden.
Ursache für Abszesse können Verletzungen der Haut sein (auch mikrofeine), z. B. wenn eine Ratte gebissen wurde oder sie sich selbst eine Verletzung zugefügt hat. Bakterien, die sich immer auf der Haut befinden, dringen dann in diese Wunden ein und es bildet sich Eiter. Es gibt jedoch auch sogenannte "sterile" Abszesse, die keine Bakterien beinhalten, sie können z. B. durch einen Flohbiss entstehen, sind bei Ratten jedoch eher selten.
Ist ein Abszess erst am Beginn, könnte man durch Eingabe eines geeigneten Antibiotikums versuchen, eine Rückbildung zu erreichen. Ist die Reifung jedoch schon weiter fortgeschritten, sollte man erst nach dem Öffnen des Abszesses ein Antibiotikum geben, sonst würde dies die weitere Reifung verzögern und man riskiert dadurch Resistenzen. Durch Auftragen einer Zugsalbe (besser geeignet sind spezielle Abszessalben oder Heparinsalbe) kann man die Reifung beschleunigen.
Nach dem Öffnen des Abszesses (viele gehen von selbst auf, falls nicht, sollte er, evtl. vom Tierarzt, geöffnet werden, da es ansonsten zu einer Blutvergiftung kommen könnte) sollte der Eiter gründlich ausgedrückt werden und die Wundhöhle 2 bis 3 Tage lang gespült werden (z. B. mit Rivanol oder NaCl).
Hat man den Verdacht, dass es sich um sehr resistente Bakterien handelt, reicht Rivanol meist nicht aus, man könnte dann z. B. Chloramphenicol zum Spülen verwenden. Schließt sich die Wunde zu schnell, können sich noch Keime darin befinden und es bildet sich erneut Eiter. Es kann auch vorkommen, dass sich zwei oder mehr voneinander unabhängige Abszesskaspeln hintereinander befinden.
Die operative Entfernung der Abszesskapsel ist meist nur dann
anzuraten, wenn es sich um einen sehr großen Abszess handelt,
der sich nichts vollends zurückbildet, oder wenn sich immer wieder
ein neuer Abszess bildet.
Abszesse im Kiefer, sowie im Hals- und Kopfbereich kapseln sich eher selten bis kaum ab, deshalb können diese Bereiche in der Regel nur durch Ausdrücken des Eiters, konsequentes Spülen und einer Antibiose behandelt werden.
Wie oben erwähnt, sollte in der Regel ein Abszess vom Tierarzt behandelt werden. Vor allem das Öffnen eines reifen Abszesses sollte einem Fachmann überlassen werden, da es hier leicht zu Verletzungen kommen kann, wenn die Ratte zappelt.
Hat sich ein Abszess geöffnet, ist Eiter ersichtlich und für den Tierhalter kein sofortiger Besuch beim Veterinär möglich, so kann er sich bis zur Behandlung beim Tierarzt selbst behelfen. Wer keine Sonde zu Hause hat, kann mit einer kleinen Einwegspritze, selbstverständlich ohne Nadel!!, den Abszess spülen (alles Material, mit dem der Abszess behandelt wird, sollte steril sein, gerbauchte Spritzen deshalb vorher abkochen, mindestens 15 Minuten muss das Wasser kochen, ansonsten nur neue und steril verpackte Spritzen verwenden).
Wenn kein geeignetes Medium zum Spülen greifbar, oder der Weg zur Apotheke kurzfristig nicht möglich ist, kann notfalls die Abszesshöhle mit lauwarmen Wasser, in dem etwas Kernseife aufgelöst wurde, eventuell auch mit Kamillentee, gespült werden. Wer die Möglichkeit hat, sollte sich aber besser in der Apotheke NaCl besorgen (evtl. auch Rivanol).
Vor dem Spülen sollte der Abszess ausgedrückt werden, das ist für die Ratte mitunter sehr schmerzhaft und daher ist es notwendig, dass eine Person die Ratte fixiert, die andere mit sauberen Tüchern versucht, so viel Eiter wie möglich herauszudrücken. Wer diese Prozedur noch nie vorgenommen hat, sollte sehr vorsichtig vorgehen!
Danach Spülen.
Dies muss jeden Tag wiederholt werden und von daher muss auch immer eine kleine Öffnung bleiben, damit der Eiter abfließen kann (sh. oben).
Manchmal kommt es vor, dass sich der Eiter zu einer zähen, käseartigen Masse verdickt. Verantwortlich dafür können z.B. Pasteurellen sein, die durch Kratzen und Putzen in die Wundhöhle gelangen können.
Da die Konsistenz des Eiters verhindert, dass alles aus der Abszesshöhle herausgespült wird, kann die Masse in der Regel nur vom Tierarzt herausgeschält werden. Danach können zum Beispiel auch Leukase Kegel in die Wundhöhle eingebracht werden. Diese wirken schmerzlindern und antibakteriell. Die enzymatischen Komponente soll zudem abgestorbenes Gewebe lösen.
Bei älteren Tieren und geschwächten Tieren kann es u.U. zu Nierenfunktionsstörungen kommen, daher immer mit dem Tierarzt absprechen.
Am besten das Tier dann so schnell wie möglich dem Tierarzt vorstellen. Viele Veterinäre verordnen ein Antibiotikum, nach dem der Abszess aufgegangen ist, bzw geöffnet wurde. Damit kein Schmutz in die Wunde gelangt, die Ratte am besten einige Tage auf sauberen Küchentüchern unterbringen.
Auch Rotlicht kann hilfreich sein und hilt den Tieren bestimmte Krankheiten schneller zu überwinden.
Eine Gabe von Schmerzmitteln ist bei kleineren Abszessen nicht immer notwendig, nur bei sehr großen
und schwer erreichbaren Abszessen, zum Beispiel im Kopfbereich, ist es sinnvoll, der Ratte über einige Tage zum Beispiel Metacam zu verabreichen.
Das Hervorquellen eines Auges könnte ein Hinweis auf einen Tumor sein, der in der Augenhöhle sitzt. Auch bei einem Augenhöhlenabszess kann das Auge hervorquellen. Um das Auge hervorquellen zu lassen, muss der Tumor/Abszess "in" der Augenhöhle liegen (läge ein Gehirntumor vor, würde dieser den Weg des geringsten Widerstandes gehen, d. h., er würde das Gehirn verdrängen und nicht den Knochen zum Auge aus dem Weg drücken)
In beiden Fällen ist in der Regel eine Behandlung möglich.
Im Falle eines Abszesses und wenn das Auge noch nicht geschädigt ist (durch Austrocknen, weil die Augenlider nicht mehr geschlossen werden können) kann der Tierarzt versuchen, den Abszess zu leeren und zu spülen. Bemerkt der Rattenhalter rechtzeitig eine Veränderung des Auges, kann bis zur endgültigen Diagnose eine entsprechende Augensalbe verabreicht werden (z. B. Thilo Tears Gel).
Handelt es sich um eine Tumorerkrankung und ist das Auge bereits geschädigt, kommt in der Regel nur ein Entfernen des Auges in Frage. Tumor wie auch Abszess können dann sauber entfernt werden und die Lider werden anschließend vernäht. In der Regel ist ein Augenhöhlentumor auf die Augenhöhle beschränkt.
Ob der Knochen bereits angegriffen ist, kann jedoch erst während der Operation festgestellt werden. Sollte dieser aber mitbetroffen sein, kann wegen der Nähe des Gehirns nicht mehr operiert werden. In einem solchen Falle sollte der Tierarzt den Tumor so weit es geht entfernen und die Augenhöhle verschließen. Die Ratte wird nach der Operation jedoch leider mit einer schlechten Prognose entlassen. Dennoch ist es immer ratsam, bei einem guten Allgemeinzustand des Tieres, den Eingriff trotzdem vornehmen zu lassen. Wenn der Tumor auf die Augenhöhle beschränkt ist, kann die Ratte auch mit einem fehlenden Auge noch lange "gut" weiterleben.
Wenn weder ein Tumor, noch ein Abszess die Ursache ist und "nur" ein Augenschaden vorliegt, kann ebenfalls an einen Eingriff gedacht werden. Die Entfernung eines Auges ist eine relativ einfache Operation. Das Risiko ist gering.
Um eine sichere Diagnose stellen zu können, z. B. zur Feststellung, ob es sich um einen Augenhöhlenabszess handelt, müsste ein kompetenter und geübter Tierarzt die Schwellung hinter dem Auge mit einer Spritze mit feiner Nadel punktieren und versuchen, etwas Material anzusaugen. Das abgesaugte Material kann dann unter dem Mikroskop untersucht werden. Häufig ist bei einem Abszess der Eiter bereits im Auge sichtbar. Die Leerung/Spülung erfolgt auf dem gleichen Wege. Das Auge der Ratte ist gut verschiebbar, so dass die hintere Augenhöhle problemlos erreicht werden kann. Natürlich muss das Tier für die Prozedur narkotisiert werden.
(Ältere) Rattenmännchen können an einem Präpuzialabszess (Präpuzium = Vorhaut) erkranken. Erstes Anzeichen ist häufig ein Anschwellen des Bauches in der Genitalregion. Es handelt sich um eine Einstülpung in der Außenhaut, in welcher der Penis verborgen ist. Zwei Drüsen münden in diese Höhle, deren Exkret enthält "Duftstoffe", die beim Sexualverhalten eine Rolle spielen. Diese Drüsen können mit Bakterien infiziert werden, was letztendlich zu einem solchen Abszess führt, der unbedingt vom Tierarzt behandelt werden sollte.
Abszesse am Schwanz oder nahe der Wirbelsäule
Befindet sich ein Abszess zum Beispiel in der Nähe der Wirbelsäule oder am Schwanz sollte der Tierarzt mit großer Sorgfalt vorgehen.
Wenn sich ein Abszess ausdehnt und das Rückenmark angreift, kann es zu Lähmungen kommen.
In der Regel kann ein Abszess entweder entleert oder aber ganz herausgeschnitten werden. Oft ist letzteres wegen der Größe oder der Lage des Abszesses unmöglich (s. o.) Wird der Abszess herausgeschält, so wird die Kapsel vom umliegenden Gewebe gelöst.
Ist der Abszess in einer ungünstigen Lage, so kann dies zu Schäden am umliegenden Gewebe führen. In diesem Falle wird der Tierarzt in der Regel den Abszess einfach leeren. Dabei bleibt die Kapsel und das umliegende Gewebe intakt (also keine Gefahr einer Lähmung). Allerdings füllt sich der Abzess in der Regel wieder, die Öffnung muss auch hier offen bleiben und regelmäßig gespült werden, bis die Kapsel von innen zusammengewachsen ist.
Wenn ein Haarbalg eitrig infiziert ist, so spricht man von einem Furunkel.
Bei kleineren eitrigen Infektionen können die Stellen z B mit Teebaum,-
Kamillen- oder Kiefernnadelöl mehrmals täglich bestrichen werden,
was dazu beiträgt, den Eiter zu zersetzen und gleichzeitig antibiotisch
wirkt.
Das bedeutet, überall, wo Haare wachsen, kann es durch eine Infektion zu einer Eiterbildung kommen.
Zu Abszess siehe auch: "Bumblefoot"