Kranke Ratten - Augenerkrankungen

Das Auge besteht aus drei Schichten (drei ineinanderliegende Hohlkugeln). Ganz außen liegt die "äußere Augenhaut", bestehend aus Lederhaut und Kornea. Diese umschließt die "mittlere Augenhaut". Diese besteht aus Aderhaut, Zilliarkörper und Regenbogenhaut. Innen liegt die "innere Augenhaut", die Netzhaut, welche den Glaskörper umgibt. Im Lidsack des Auges befindet sich die Hardersche Drüse. Das rötliche Sekret, das diese absondert, enthält Porphyrine.

Das Auge "tränt", es ist trübe und/oder gerötet

(Achtung, nicht verwechseln mit "roten Tränen").

Bei Augenverletzungen sollte immer ein Tierarzt aufgesucht werden!

Hin und wieder kann es bei Ratten, etwa durch kleine Balgereien oder Kämpfe, zu mechanischen Augenverletzungen kommen. Dabei kann es zu einer Trübung der Hornhaut kommen. Trübungen der Linse (Katarakt) können durch äußere Einwirkungen auftreten, z. B. nach stumpfen Traumen (wie ein - hoffentlich unbeabsichtiger - Schlag auf den Kopf). Ist die Hornhaut verletzt, dringt Wasser (vor allem aus dem Tränenfilm) ein, wodurch die Hornhaut trüb wird. Bindehautentzündungen treten häufig als Begleiterscheinung bei Infektionskrankheiten auf, daher ist es wichtig, zusätzlich zu einer Gabe einer antibiotischen Augensalbe die eigentliche Erkrankung zu behandeln. Gelegentlich kann es auch durch Vitamin A- Mangel bei jungen Ratten zu Bindehautentzündungen kommen. Beim Tierarzt sollte durch eine entsprechende Untersuchung festgestellt werden, ob es sich nur um eine Bindehautentzündung (Konjunktivitis), mit der ein Tränen des Auges einhergeht, oder evtl. um eine Entzündung der Hornhaut (Keratitis) handelt (z.B. durch das SDAV-Virus hervorgerufen).

Um festzustellen, ob die Hornhaut verletzt ist, wird vom TA eine Fluorescinlösung ins Auge geträufelt. Die erkrankte Stelle leuchtet dann grün auf. In diesem Fall wird der Tierarzt wahrscheinlich eine antibiotische Augensalbe verordnen. Eine cortisonhaltige Augensalbe sollte bei einer Hornhautverletzung nicht eingebracht werden. Bindehautentzündungen und Hornhautverletzungen können auch ihre Ursache in einer Salmonelleninfektion haben, sowie einer Infektion mit dem SDAV-Virus.

Ratten können auch an grauem Star (Katarakt) erkranken, der meist erst im fortgeschrittenen Alter auftritt (Altersstar). Da Ratten auch Diabetes bekommen können, kann es auch in diesem Zusammenhang zu einer Trübung der Linse kommen.

Hin und wieder kommt bei Ratten auch eine angeborene

Linsentrübung

vor. Auch nach Entzündungen des inneren Auges ( z.B. auch nach SDAV - Virus- Infektionen) oder bei erhöhtem Augeninnendruck kann es zur Eintrübung der Linse kommen. Ratten kommen jedoch mit einer derartigen Behinderung sehr gut zurecht. Die Einrichtung des Käfigs sollte jedoch nicht verändert werden, da es sonst unter Umständen zu Unfällen mit mehr oder minder schweren Verletzungen kommen könnte, wenn eine Leiter oder ein sonstiger Einrichtungsgegenstand sich nicht mehr am gewohnten Platz befindet. Ratten kennen ihr "Territorium", also die Einrichtung des Käfigs genau und finden sich demzufolge auch "blind" darin zurecht. Wie bereits im Kapitel "Rund um die Rattenwohnung" erwähnt, sollte der Innenbereich des Käfigs ohnehin möglichst nicht verändert werden. Blinde Ratten sollten immer angesprochen werden, bevor ein Mensch sie hochhebt, damit sie nicht unnötig erschrecken, da sie ihn ja nicht kommen sehen, auch Geruchskontakt, z. B. mit der vertrauten Hand des Pflegers ist vorteilhaft. Bei der Integration von neuen Ratten ist besonders viel Umsicht nötig, da blinde Ratten mitunter unsicher sind und dadurch agressiv reagieren können.

Glaukom

In der Literatur ist auch das Glaukom (ein erhöhter Augeninnendruck) bei der Ratte beschrieben.

Die Ursache kann eine angeborene Blockade im Abflusssystem sein. Das Kammerwasser im vorderen Abschnitt des Auges wird ständig neu gebildet und fließt dementsprechend auch ständig ab. Wenn der Abluss blockiert ist, dann kommt es in der Folge zu einem erhöhten Druck im Auge (Glaukom). Dies ist für die Tiere (wenn man vom Menschen rückschließt) sehr unangenehm und kann zur kompletten Erblindung führen. Mitunter vergrößert sich auch der Augapfel,v.a. bei starkem und langanhaltendem erhöhten Druck. Häufig sollen Reste eines Gefäßschlingennetzes aus der Embryonalentwicklung (sogenannte PPMs = persistierende Pupillar-Membranen) die Ursache sein. Auch Verklebungen der Iris, z.B. nach eine Entzündung des inneren Auges können zugrundeliegen.

Wenn das Auge aus der Augenhöhle hervortritt, ist auch an einen

Tumor

zu denken.

Auch bei einem

Augenhöhlenabszess

kann das Auge hervorquellen. Um das Auge hervorquellen zu lassen, muss der Tumor/Abszess "in" der Augenhöhle liegen (läge ein Gehirntumor vor, würde dieser den Weg des geringsten Widerstandes gehen, d. h., er würde das Gehirn verdrängen und nicht den Knochen zum Auge aus dem Weg drücken).

In beiden Fällen ist in der Regel eine Behandlung möglich.

Im Falle eines Abszesses und wenn das Auge noch nicht geschädigt ist (durch Austrocknen, weil die Augenlider nicht mehr geschlossen werden können) kann der Tierarzt versuchen, den Abszess zu leeren und zu spülen. Bemerkt der Rattenhalter rechtzeitig eine Veränderung des Auges, kann bis zur endgültigen Diagnose eine entsprechende Augensalbe verabreicht werden (z. B. Thilo Tears Gel).

Handelt es sich um eine Tumorerkrankung und ist das Auge bereits geschädigt, kommt in der Regel nur ein Entfernen des Auges in Frage. Tumor wie auch Abszess können dann sauber entfernt werden und die Lider werden anschließend vernäht. In der Regel ist ein Augenhöhlentumor auf die Augenhöhle beschränkt.

Ob der Knochen bereits angegriffen ist, kann jedoch erst während der Operation festgestellt werden. Sollte dieser aber mitbetroffen sein, kann wegen der Nähe des Gehirns nicht mehr operiert werden. In einem solchen Falle sollte der Tierarzt den Tumor so weit es geht entfernen und die Augenhöhle verschließen. Die Ratte wird nach der Operation jedoch leider mit einer schlechten Prognose entlassen. Dennoch ist es immer ratsam, bei einem guten Allgemeimzustand des Tieres den Eingriff trotzdem vornehmen zu lassen. Wenn der Tumor auf die Augenhöhle beschränkt ist, kann die Ratte auch mit einem fehlenden Auge noch lange "gut" weiterleben. Wenn weder ein Tumor, noch ein Abszess die Ursache ist und "nur" ein Augenschaden vorliegt, kann ebenfalls an einen Eingriff gedacht werden.

Die Entfernung eines Auges ist eine relativ einfache Operation. Das Risiko ist gering.

Um eine sichere Diagnose stellen zu können, z. B. zur Feststellung, ob es sich um einen Augenhöhlenabszess handelt, müsste ein kompetenter und geübter Tierarzt die Schwellung hinter dem Auge mit einer Spritze mit feiner Nadel punktieren und versuchen, etwas Material anzusaugen. Das dadurch gewonnene Material kann dann unter dem Mikroskop untersucht werden. Häufig ist bei einem Abszess der Eiter bereits im Auge sichtbar. Die Leerung/Spülung erfolgt auf dem gleichen Wege. Das Auge der Ratte ist gut verschiebbar, so dass die hintere Augenhöhle problemlos erreicht werden kann. Natürlich muss das Tier für die Prozedur narkotisiert werden.

Ein Vorfall des Auges

ist in der Regel durch einen raumbeanspruchenden Prozess in der Augenhöhle hervorgerufen. In den meisten Fällen ist dies eine Vergrößerung des lymphatischen Gewebes hinter dem Auge, das durch eine lokale Infektion hervorgerufen wird. Es handelt sich dabei um die gleichen Erreger, die auch für die Atemwegserkrankungen verantwortlich sind.

In selteren Fällen kann auch es sich auch um eine Entzündung der Tränendrüsen handeln. Dies kann durch eine Coronavirusinfektion verursacht sein. Ebenso kann, dies ist in der Regel ebenfalls seltener, das Auge auch durch einen Tumor (siehe oben) nach vorne gedrückt werden. Ist die Ratte nicht mehr in der Lage die Augenlider vollständig zu schließen, trocknet die Hornhaut aus und das Auge ist verloren. Eine Behandlung ist nicht möglich, es müssten alle paar Minuten Augentropfen gegeben werden, rund um die Uhr. Deshalb muss das Auge chirurgisch entfernt werden.

Können die Augenlider noch schließen, ist keine Behandlung nötig.

Cortisonhaltige Augentropfen (Prednisolon) sollten bei Ratten ohne genaue Diagnosestellung, bzw. Rücksprache mit dem Tierarzt nicht eingesetzt werden, da man damit gerade an einem so empfindlichen Organ wie dem Auge großen Schaden anrichten kann.

Zwar beruhigen sich die Symptome sehr schnell, weil Cortison bewirkt, dass die eigene Abwehr abgeschwächt und dadurch der Kampf des Körpers gegen die Verursacher ausgeschaltet wird. Beim Menschen finden diese Tropfen Anwendung, wenn das eigene Immunsystem überreagiert (Regenbogenhautentzündung, bei allen Entzündungen, die im weitesten Sinne zu Rheuma gehören, schwere Allergien, postoperativ zur Vermeidung von Narbenbildung usw.) Es ist äußerst unwahrscheinlich, dass eine Ratte eine solche Entzündung hat.

Wahrscheinlicher ist, dass Augenentzündungen durch kleine Verletzungen (diese müssen nicht sichtbar sein), durch Bakterien oder Viren ausgelöst werden. In diesem Fall würden zwar die Symptome mit Cortison auch sehr schnell verschwinden, aber die Bakterien oder Viren könnten sich durch die fehlende Abwehr des Körpers sehr leicht weiter ausbreiten und im schlimmsten Fall sich ganz durch die Hornhaut fressen und das Auge zerstören. Auch wenn die Ursache eine Verletzung war, sollte keinesfalls ohne vorherige Untersuchung des Auges durch den Tierarzt mit Cortison gearbeitet werden, weil das Auge gerade bei einer Verletzung auf eine gute Abwehr angewiesen ist, damit die Wunde schnell heilt und die Verletzung nicht zur Eintrittspforte für Bakterien und Viren wird.

Bei akutem Verdacht auf

Bindehautentzündung

kann vom Rattenhalter bis zur Vorstellung beim Tierarzt Panophtal Gel ins Auge eingebracht werden. Das ist eine Bepanthensalbe in Gelform. Sie regt die Zellen in der Hornhaut an, kleine Verletzungen schneller zu schließen und hilft gegen Entzündungen, indem sie eine Schutzschicht über der Hornhaut und Bindehaut bildet. Sie ist rezeptfrei in der Apotheke erhältlich und kann unbedenklich angewendet werden, d. h. sie schadet dem Auge nicht, wenn mangels genauer Diagnose nicht sofort das richtige Mittel angewendet wird.

Wie oben erwähnt, ist jedoch Vorsicht geboten mit kortisonhaltigen Präparaten: Hier mussausgeschlossen werden, dass eine Verletzung der Hornhaut vorliegt, da sich diese dann unter Kortison verschlimmern könnte. Um festzustellen, ob die Hornhaut verletzt ist, müssen fluoreszierende Tropfen ins Auge eingebracht werden (sh. oben).

Bei

Bakterien

hilft Floxal Augensalbe hervorragend. Diese wird auch von Ratten sehr gut vertragen. Ein großer Nachteil von Floxal ist allerdings, dass der Wirkstoff (Ofloxacin) ein Verwandter von Baytril (Enrofloxacin) ist, mit der Folge, dass es Resistenzen gegen Baytril fördern kann. Man sollte es daher auch nicht unüberlegt einsetzen. Bakteriell ist eine Entzündung immer dann, wenn man Eiter findet (klebriger, zäher Ausfluss). Floxal Augensalbe ist verschreibungspflichtig!

Blutet eine Ratte in der Augenumgebung

(nicht wenn der Augapfel selbst verletzt ist!), kann der Rattenhalter versuchen, mit einem Tuch, das nicht fusseln und feucht und kalt sein sollte, mit einem leichten Druck auf die Wunde die Blutung zu stoppen. Danach in jedem Fall die Ratte dem Tierarzt vorstellen. Hat sich die Ratte einen Fremdkörper ins Auge gespießt, z. B. ein Stück Holzeinstreu oder Rinde, sollte dieser so schnell wie möglich entfernt werden, da er unter Umständen tief in die Hornhaut eindringen kann. Steckt er fest im Auge, sollte er in keinem Fall herausgezogen werden, denn dadurch kann sich das Auge eröffnen und Flüssigkeit aus dem Auge auslaufen. Der Rattenhalter sollte die Ratte daran hindern, am Auge zu kratzen und schnellstens einen Tierarzt aufsuchen, der den Fremdkörper fachgerecht entfernen kann.

Entdeckt der Rattenhalter im Auge seiner Ratte ein geplatztes Äderchen, hört sich zunächst recht harmlos an. Befindet es sich im Bereich der Bindehaut, ist es grundsätzlich nicht dramatisch, wenn einmal ein Blutgefäß platzt. Allerdings stellt sich die Frage nach der Ursache. Beispielsweise könnte eine massive Entzündung zugrunde liegen oder ein Trauma, das auch andere Teile des Auges in Mitleidenschaft gezogen hat. Wenn ein Blutgefäß des inneren Auge platzt, es also ins Auge einblutet, ist es wesentlich gefährlicher. Solche Blutungen können zu Druckerhöhungen führen und treten oft mit anderen dramatischen Veränderungen wie z.B. Netzhautablösungen auf. Je nach Diagnose muss eventuell sogar das Auge entfernt werden.

Der Erfahrung nach dauert diese Operation etwa 20 Minuten. Es empfiehlt sich eine Lokalanästhesie und parallel dazu eine Injektionsnarkose, da die Isoflurane-Maske bei der Operation am Auge im Weg sein kann. Schmerzmittel sollte in jedem Fall vor und noch ein bis zwei Tage nach der Operation verabreicht werden. Es gibt Veterinäre, die auf Augenheilkunde spezialisert sind. Es empfiehlt sich, einen solchen Tierarzt aufzusuchen.

Mikrophthalmus (Mikrophthalmie)

Ein abnormal kleines Auge wird als Mikrophtalmus bezeichnet.

Diese entweder angeborene (z.B. genetisch bedingt) oder erworbene M. kann ein oder auch beide Augen betreffen und tritt bei vielen Tierarten einschließlich des Menschen auf. Oft fällt das dem Rattenhalter erst dadurch auf, dass das betroffene Auge "tränt". Je nach Ursache der Erkrankung kann es zu einer Trübung der Augenlinse kommen (grauer Star), eine Störung der Physiologie des Auges liegt aber oft nicht vor.

Eine Behandlung ist nicht möglich/notwendig. Wenn das Auge tränt, kann kurzzeitig eine Augensalbe (zum Beispiel Gent Ophtal) eingebracht werden (3 x tgl), ansonsten ist es ausreichend, wenn man vorsichtig bei Bedarf mit einem nicht fusselnden weichem und feuchten Tuch vorsichtig den Bereich um das Auge herum reinigt. Bei sehr trockenen Augen kann auch Thilo Tears Gel eingebracht werden. Dieses Gel ist auch bedenkenlos zur Langzeitanwendung geeignet.

Ratten kommen mit dieser Erkrankung meist gut zurecht, vor allem, wenn nur ein Auge betroffen ist.

Mehr über das Auge unter Sinnesorgane.