Kranke Ratten - Die Narkose

Immer wieder müssen wir leider von anderen Rattenhaltern hören, dass es bei Operationen an ihren Ratten zu tragischen Zwischenfällen kam und die Tiere nicht mehr aus der Narkose erwacht sind. Nachgefragt, ob die Ratten mit Injektions- oder Inhalationsnarkose betäubt wurden, erhielten wir immer die Auskunft, dass die erstgenannte Form angewendet wurde. Die Operationen wurden meist aus 2 Gründen durchgeführt: zum einen wegen einer Kastration, zum anderen wegen der Entfernung eines Tumors.

Diese beiden Eingriffe wurden im Laufe der Zeit weit über 100 mal an verschiedenen unserer Ratten durchgeführt, überwiegend handelte es sich um Kastrationen, jedoch auch um einige Eingriffe zum Entfernen von Tumoren. Alle Operationen wurden unter Inhalationsnarkose durchgeführt und es kam niemals zu irgendwelchen Komplikationen. Relativ kurze Zeit (einige Minuten) nach den Eingriffen kamen die Ratten wieder zu sich, überwanden sehr schnell ihre Benommenheit und verhielten sich beinahe schon wieder "normal".

Die Narkose ist in den meisten Fällen das gefährlichste an einer Operation. Ein Tier hat diese nicht überstanden, bis es wieder selber laufen kann. Bis dahin besteht das Risiko weiter, auch wenn die Operationswunde bereits wieder verschlossen ist. Mehr noch, je länger die Narkose dauert, desto gefährlicher wird es für das Tier, deshalb ist ratsam, Inhalationsnarkosen für Ratten vorzuziehen. Wenn kein Gegenmittel gespritzt werden kann, so muss das Tier auf jeden Fall warm gehalten werden, es muss ihm Flüssigkeitsersatz verabreicht werden und es muss korrekt gelagert und laufend überwacht werden. Die meisten Verluste nach einer Injektionsnarkose kommen von schlechter Nachbetreuung, das Tier kühlt aus, es trocknet aus und beides führt zur Verlängerung des Nachschlafes und erhöht damit das Risiko für Komplikationen.

Auch Übergewicht erhöht das Narkoserisiko.

Hier ist Isofluran-Narkose am besten, da sie besser dosiert werden kann. Fettleibige Tiere haben in der Regel einen verlängerten Nachschlaf, da das Narkosemittel im Fett gespeichert und nur langsam wieder abgegeben wird. Auch hier ist sehr wichtig, dass das Tier warm gehalten wird und genügend Flüssigkeit erhält (subkutan). Trotzdem sind die Chancen fuer einen Zwischenfall immer höher als bei einer normalgewichtigen Ratte.

Ein Rattenhalter stellte mir die Frage, "ob der Einsatz von Inhalationsanästhetika unter _normalen_ Bedingungen zu einem Einfluss auf das zentrale Nervensystem führen kann, so dass es nach einer Narkose zu einer Schädigung des zentralen Nervensystems kommt und die Ratte Symptome, wie etwa Koordinationsprobleme, zeigt".

Die Wirkung einer Narkose auf das Gehirn ist normalerweise zu 100 Prozent reversibel. Wenn die Narkose sehr tief ist, kann es zu Durchblutungsstörungen im Gehirn kommen und dies kann bleibende Schäden hinterlassen. Viele Narkosemittel werden zudem häufig in der Leber abgebaut und/oder in der Niere ausgeschieden. Dies kann zu Leber- oder Nierenschäden führen. Isofluran z. B wird praktisch vollständig über die Lunge wieder abgeatmet und hat deshalb fast keine Nebenwirkungen.

Je kleiner Tumoren sind, desto geringer ist das Risiko bei der Operation. Kein Rattenhalter sollte zusehen, wie ein Tumor immer größer wird und sich erst dann zu einer Operation entschließen, wenn bereits abzusehen ist, dass es sich dann um einen weitaus größeren Eingriff handelt, der für die Ratte wesentlich belastender ist als ein kleiner Schnitt, wenn der Tumor noch klein ist. Ob es sich um Krebs handelt, kann ohnehin nur durch eine histologische Untersuchung des tumorösen Gewebes festgestellt werden.

Jeder Tumor sollte sofort, nachdem er vom Rattenhalter bemerkt wird/wurde, entfernt werden, unabhängig davon, ob er gut- oder bösartig ist. Voraussetzung, wie bereits an anderer Stelle erwähnt, sind ein gutes Allgemeinbefinden und ob der Sitz des Tumores eine Operation ohne zu erwartende größere Komplikationen zuläßt.

Ist der Tumor bereits sehr groß geworden (z. B. pflaumengroß), dauert die Operation länger, in der Folge muss die Ratte auch länger narkotiert werden, was wiederum eine unnötige Belastung von Herz-und Kreislauf nach sich zieht. Zudem muss der Tierarzt einen größeren Schnitt ansetzen, damit die Geschwulst komplett entfernt werden kann, d. h., die Naht muss mit mehr Stichen, als dies bei einem sehr kleinen Tumor (etwa Kirschkerngröße) nötig wäre, verschlossen werden. Bei größeren Nähten können zudem nicht immer resorbierbare Fäden zum Einsatz kommen. Dies verlangt wiederum eine Entfernung der Fäden, bei einer kleinen Naht überflüssig, da in diesem Fall der Tierarzt resorbierbare Fäden verwenden kann und das lästige Fädenziehen, was für sensible und ängstliche Ratten wieder mit (unnötigem) Stress einhergeht, ist überflüssig.

Nur bei sehr alten Tieren oder z. B. solchen mit einer akuten Atemwegsinfektion, wenn die Gefahr besteht, dass die Tiere die Narkose nicht überleben, sollte auf einen Eingriff verzichtet werden.

Diese Tiere müssen genau "beobachtet" werden, damit sie euthanasiert werden können, sobald sie unter dem Tumor zu leiden beginnen. Einfach zuzuschauen, wie ein Tumor größer und größer wird, finde ich eine Geringschätzung der Kreatur. Niemand würde bei einem Menschen einfach einen Tumor in Kauf nehmen, ohne etwas zu unternehmen!

Welches Narkoseverfahren gewählt wird, hängt von verschiedenen Punkten ab. Es gibt für beide Systeme (Inhalations-/ wie Injektionsnarkose) gute und schlechte Medikamente. Für Injektionsnarkosen empfiehlt sich eine Kombination von Hypnorm (Hypnorm ist eine Mischung aus Fentanyl und Fluanison) und Medetomidin (1 Teil H., 1 Teil M., 2 Teile Wasser). Dies ist die effektivste und vor allem sicherste Injektionsnarkose. Die Tiere vertragen bis zu der doppelten Normaldosis, ohne dass es zu Todesfällen kommt. Die Wirkung von Fentanyl und Medetomidin kann durch einen Antagonisten aufgehoben werden. Vorsicht ist nur geboten bei ganz kurzen Narkosen, da der Antagonist weniger lang wirkt als das Narkosemittel selbst und die Tiere dann wieder einschlafen können. Leider verwenden viele Tierärzte immer noch Barbiturate (z. B. Pentobarbital). Dies ist allerdings nur geeignet für die Euthanasie, da es sehr schwierig zu dosieren ist.

Bei sehr kurzen und sehr langen Eingriffen ist die Inhalationsnarkose meist besser. Sie ist besser steuerbar und weitaus weniger belastend für Herz- und Kreislauf als die Injektionsnarkose (sh. dazu auch: Operation. Das sehr gut geeignete Methoxyfluran ist nach meinen Informationen leider nur noch in Australien im Einsatz. Es kann, bzw konnte hier wegen seiner geringen Spontanverdampfung ohne Narkosegerät verwendet werden.

Die Alternative zu Halothan und Methoxyfluran (erstes vom Markt genommen, das zweite nicht mehr in Deutschland erhältlich) ist Isofluran. Es muss jedoch über einen kalibrierten Verdampfer verabreicht werden. Kostenpunkt gebraucht: ca 1.500 Euro. Keine Riesensumme, aber viele Tierärzte sind leider nicht bereit, sie auszugeben. Dann bleibt nur noch die Injektionsnarkose.

Nun ist es so, dass ein Tierarzt eine der beiden Narkosearten bevorzugen wird. Auch wir mussten anfangs suchen, bis wir einen fanden, der die Inhalationsnarkose anwendet. Als dieser aus Altersgründen seine Tätigkeit beendete, kam für uns nur ein "Nachfolger" in Frage, der diese Methode ebenfalls favorisiert. Auch in dessen Praxis verliefen alle Operationen problemlos. Bei der Inhalationsnarkose sind die Stoffe Methoxyflurane und Isofluran am besten geeignet. Methoxyflurane wirkt sich darüber hinaus noch positiv auf den Schmerz nach der Operation aus, d.h. es unterdrückt diesen, ist aber leider wie oben erwähnt in Deutschland nicht mehr im Einsatz. Käme noch Sevofluran in Frage, es wird aber eher selten verwendet.

Eine Narkose setzt sich aus zwei Komponenten zusammen: der Anästhesie (Bewusstlosigkeit) und der Analgesie (Schmerzlosigkeit). Verschiedene Narkosemittel haben unterschiedliche Wirkungen, die einmal mehr narkotisch oder zum anderen mehr analgetisch wirken. In der Regel ist ein chirurgisches Narkosestadium dadurch gekennzeichnet, das eine ausreichende Bewusstlosigkeit und Schmerzlosigkeit gewährleistet ist.

Bei Operationen unter "Voll"- oder ""Dämmer"-Narkose sollte generell auf eine Analgesie geachtet werden. Bei beiden Narkosevarianten ist dabei weitgehend das Bewusstsein ausgeschaltet, so dass kein Schmerzempfinden auftritt.

Nun stellt sich sicher jeder die Frage: Wozu dann ein Analgetikum, wenn gar kein Schmerz empfunden wird?

Durch die Narkose wird das Gehirn lahmgelegt. Bei einer Vollnarkose ist der Ausfall so gut wie total, selbst die sogenannten protektiven Reflexe (Schutzreflexe) wie Husten, Schlucken, Atmen, etc. funktionieren nicht mehr. Bei der Dämmer-Narkose verfällt das Gehirn dagegen in einen schlafähnlichen Zustand, in welchem das Bewusstsein weitgehend ausgeschaltet ist und Außenreize nicht mehr oder höchstens sehr eingeschränkt wahrgenommen werden.

Der Vorteil solcher "Dämmerzustände" ist übrigens deren weit geringeres Komplikationsrisiko. Die Schmerzzentren im Gehirn sind also ausgeschaltet. Schmerz wird unter Narkose nicht mehr empfunden (wohl aber nach deren Abklingen). Es ist also logisch, ein Schmerzmittel zu verabreichen, wenn die Narkosewirkung nachlässt.

Warum aber schon während der Narkose?

Ein Grund dafür sind sogenannte periphere und spinale Faktoren. Periphere Faktoren liegen außerhalb des Zentralnervensystems. Sie beinhalten Nervenstränge, Nerven-Sinnesendigungen, Nervenknoten (Ganglien) und Nervennetze (Plexus).

Spinale Faktoren betreffen die Schmerzreiz-Verarbeitung im Rückenmark. Letzteres ist zwar ebenso wie das Gehirn ein Teil des Zentralnervensystems, besitzt aber eine gewisse Eigenständigkeit, u.a. wird es durch die meisten Narkosen nicht gleichstark lahmgelegt wie das Gehirn.

In der Peripherie werden Schmerzreize erkannt (man spricht von Nociception) und an das Rückenmark weitergeleitet. In diesem findet eine erste Vor-Verarbeitung der aus verschiedenen Quellen eintreffenden Meldungen statt. Dabei werden die eingehenden Schmerzerregungen auch mit schmerzdämpfenden Signalen verrechnet, die das Gehirn an das Rückenmark schickt, das Ergebnis der Verrechnung wird an das Gehirn geschickt.

Neben dieser "Sinnesbahn" von den Nervenendigungen über Nervenstränge, Ganglien und evtl. Plexus über das Rückenmark zum Gehirn gibt es aber auch lokale Reflexe, bei denen das Gehirn keine Rolle spielt.

So zuckt etwa ein verletzter Muskel zusammen oder eine Ader verengt sich unter dem Einfluß eines Schmerzreizes, ohne dass das Gehirn und sein Schmerzempfinden beteiligt sind. Solche lokalen Schmerzreflexe können bei Operationen nicht nur störend, sondern auch gefährlich sein, wenn z.B. eine wichtige Arterie verkrampft oder durch eine Muskelkontraktion eine nicht beabsichtigte Schnittverletzung entsteht. Bei einer Vollnarkose können diese lokalen und spinalen Reflexe sogar noch verstärkt sein, weil die schmerzdämpfenden Signale aus dem Gehirn ausbleiben.

Um Schmerz zu erfahren, bedarf es eines Schmerzrezeptors, einer Reizleitung und einer Reizverarbeitung im Zentralen Nervensystem.

Daher reicht es nicht aus, die zentrale Schmerzempfindung auszuschalten, sondern es muss auch die lokale Verarbeitung von Schmerzreizen unterdrückt werden. Dies geschieht entweder durch ein Analgetikum (Unterdrückung der Schmerzerregung in den Nervenendigungen und/oder der Schmerzreiz-Verarbeitung im Rückenmark) oder durch geeignete Lokalanästhesie (örtliche Betäubung der schmerzleitenden Nervenfasern). Muskelrelaxantien dienen in dieser Hinsicht dem gleichen Zweck. Sie sollen verhindern, dass es durch unwillkürliche Zuckungen während der Operation zu Verletzungen kommt, sie sind notwendig, da die Tiere sonst in der Narkose verkrampfen, was weder für den Chirurgen während der Operation, noch für das Tier nach der Narkose (Muskelkater) gut ist.

Isofluran und Sevofluran haben eine gute muskelrelaxierende (= entspannende) Wirkung.

Nun könnte jeder versucht sein zu glauben:

Wenn es auch ohne Analgesie zu gehen scheint, wenn also keine unerwünschten lokalen Reflexe zu sehen sind, dann braucht man auch keine Schmerzbehandlung. Die Schmerzempfindung ist ja mit Sicherheit ausgeschaltet.

Seit einigen Jahren weiß man aber aus der Neurobiologie von der Existenz eines sogenannten Schmerzgedächtnisses, welches zumindest teilweise außerhalb des Gehirns lokalisiert ist (teils im Rückenmark, teils im peripheren Nervensystem). Ein solches Schmerzgedächtnis kann sich aufbauen oder verstärken, ohne dass das Gehirn daran beteiligt ist. Die Folge davon können intensiveres Schmerzempfinden, gesteigerte Schmerzreflexe oder sogar chronischer Schmerz sein. Bei Operationen werden in aller Regel Schmerzreize erzeugt, die zur Entwicklung eines Schmerzgedächtnisses beitragen könnten. Es empfiehlt sich daher, von vornherein eine solche Entwicklung gar nicht erst zu ermöglichen, indem man auf eine hinreichende Analgesie achtet.

Viele Rattenhalter suchen oft vergeblich in ihrem Einzugsgebiet nach einem Tierarzt, der mit Inhalationsnarkose arbeitet. Da es offensichtlich leider (noch immer) relativ wenige Veterinäre gibt, die bei Kleintieren wie Ratten Inhalationsnarkose anwenden, an dieser Stelle noch für den "Notfall" ein Hinweis auf eine mögliche Alternative bei nicht allzu langen Operationen auf eine "Dämmer-Narkose" mittels Injektions-Anästhetikum.

Hier bietet sich Ketamin an (Handelsname Ketanest). Ketamin (oder das wirksamere und nebenwirkungsärmere S-Ketamin) ist hochgradig analgetisch wirksam und verursacht einen Dämmerschlaf, in dem Bewusstsein und Schmerzempfinden für 10 bis 20 Minuten (je nach Dosierung) vollständig ausgeschaltet und noch weitere Minuten danach stark eingeschränkt sind. Ketamin wird auch beim Menschen für Operationen unter einer Stunde Dauer eingesetzt, vor allem in der Kinderchirurgie. Tierärzte kombinieren Ketamin gerne mit dem Präparat Rompun und erzielen damit eigenen Angaben zufolge optimale Ergebnisse.

Grundsätzlich ist jedoch ratsam, soweit möglich, die Narkose bei Ratten Mittels Inhalation durchführen zu lassen.

Isofluran, das bei den meisten Tierärzten Verwendung findet, wie auch das seltener eingesetzte Sevofluran (beide Inhalationsnarkotika gehören zur Gruppe der fluorierten Wasserstoffe) ist für Vollnarkosen geeignet, schaltet also das Gehirn bei entsprechender Anwendung praktisch aus. Bei geeigneter Beatmung stellt das kein Problem dar. Es zählt zu den Narkosemitteln, die zwar eine gute narkotische Wirkung haben, jedoch nur schwach analgetisch wirken. Da kann man auch durch eine höhere Konzentration oder andere dosissteigernde Maßnahmen wenig machen, die Substanz ist eben nicht stark analgetisch (immer bezogen auf Peripherie und Rückenmark, s.o.).

Nach einer Narkose mit geringer analgetischer Wirkung sollte allerdings zusätzlich (also bereits vor dem Eingriff) für die Aufwachphase und danach unbedingt ein Schmerzmittel verabreicht werden .

Bei allen o. g. Narkotika ist darauf zu achten, dass eine Art Narkosekammer verwendet wird, die an einen Narkoseapparat angeschlossen ist. Dabei können genau dosierte Mengen des Narkotikums zugeführt und über eine Abluftleitung wieder entfernt werden. Der größte Vorteil der Inhalationsnarkose ist die sehr gute Steuerbarkeit des Vorgangs. Wir haben von Bekannten gehört, dass deren Tierärzte immer noch mit Äther arbeiten. Äther ist ein sehr ungeeignetes Narkotikum mit einer schleimhautreizenden Wirkung und einem unangenehmen Geruch. Dieses Narkotikum kann Infektionen der Atmungsorgane noch verstärken und ist deshalb schon für Ratten nicht geeignet.

Wie gesagt: Jeder Tierarzt bevorzugt seine Methode, und wenn er diese beherrscht, spricht wohl nichts dagegen, seine Ratte von ihm operieren zu lassen. Aufgrund unserer positiven Erfahrungen mit der Inhalationsnarkose und der negativen vieler anderer Rattenhalter mit der Injektionsmethode können wir nur jedem empfehlen, einen Tierarzt zu suchen, der mit der Inhalationsnarkose arbeitet.

Wenn nun ein Rattenhalter absolut keinen geeigneten Tierarzt findet, der mittels Inhalationsnarkose operiert, hier eine Empfehlung an den Tierarzt für die Injektionsnarkose.

Anästhesie Ratte

Injektionsnarkose s.c.:

Kombination 1




- HypnormR (Fentanyl 0.315 mg/mL + Fluanison 10   mg/mL)

Dosis: 0.08 + 0.25 mg/kg -> 0.25 mL/kg

- DomitorR (Medetomidine 1 mg/mL)

Dosis: 0.25 mg/kg -> 0.25 mL/kg

- Atropin (Parasympatholyticum)

Dosis: 0.05 mg/kg -> 0.05 mL/kg

Vorbereitete Mischung:

2.5 mL resp. 1.25 mL Hypnorm

 

2.5 mL         1.25 mL Domitor

 

0.5 mL         0.25 mL Atropin

 

14.5 mL        7.25 mL Aqua pro inj.

 

20.0 mL resp.10.0 mL

Applikationsvolumen:

1 mL/kg resp. 1 mL/kg



Narkoseüberwachung:
Tiere in Narkose NICHT unbeaufsichtigt lassen
Warmhalten der Tiere (Lampe) -> Temperatur kontrollieren
Zunge aus Mund "herausziehen"
Lagerung in Narkose (Ausfall der Schutzreflexe)
Cornea feucht halten -> Vitamin A-Salbe




Aufhebung der Narkose durch Antagonisten (i. p.)

- NarcanR (Naloxone 0.4 mg/mL) Antagonist des Fentanyl

Dosis: 0.1 mg/kg -> 0.25 mL/kg

- AntisedanR (Atipamezol 5mg/mL) Antagonist des   Medetomidine

Dosis: 2.0 mg/kg -> 0.40 mL/kg

Vorbereitete Mischung:

2.5mL resp. 1.25mL Narcan

 

4.0mL         2.00mL Antisedan

 

13.5 mL      6.75 mL Aqua pro inj.

 

20.0 mL      10.00 mL

-Applikationsvolumen:

1 mL/kg



Atropin unterdrückt einen Aspekt des vegetativen Nervensystems und verhindert Nebenwirkungen wie z.B. Erbrechen (bei der Ratte nicht wichtig, da diese ja nicht erbrechen kann) und Speicheln. Es wird vor der Narkose (oder oft zusammen mit dem Anästhetikum) injiziert. Bei der Ratte ist Atropin nicht so wichtig wie bei Hund und Katze, gehört aber in der Regel zu einer guten Narkose.

Bei nervösen und ängstlichen Ratten ist es angebracht, ihnen schon zuhause, also noch vor dem Tierarztbesuch, bzw. der Operation, ein Beruhigungsmittel zu verabreichen. Man darf nicht vergessen, dass sie in einer fremden Umgebung sind und fremde Stimmen und Gerüche wahrnehmen. Wir haben solch ein Medikament in Form von Valium (Wirkstoff Diazepam) schon eingesetzt, und zwar wurde es der entsprechenden Ratte oral eingegeben. Es gibt natürlich auch die Möglichkeit, dass der Tierarzt vor der Narkose ein Beruhigungsmittel injizieren kann, doch geht dies wieder einher mit einer mehr oder weniger großen Aufregung für das Tier.

Manche Tierärzte verabreichen einer mittels Injektionsnarkose betäubten Ratte nach erfolgter Operation sogenannte Aufwachspritzen, Antagonisten (2 Klassen von Anästhetika haben Antagonisten: die Opiate und eine Gruppe von Sedativen ( Xylazine = Rompun). Diese Injektion soll praktisch die Narkose aufheben. Dadurch wird der Nachschlaf verkürzt und die Tiere überstehen die Narkose besser. Als Notfallmaßnahme sind sie allerdings nicht unbedingt geeignet, und, wie erwähnt, nicht alle Anästhetika haben Gegenmittel. Dies ist eigentlich nur bei Opiaten (Hypnorm) und alpha-2 agonisten (z.B. Xylazine oder Medetomidine) der Fall

Sie müssten, um schnell wirken zu können, intravenös verabreicht werden. Vor einer Operation muss ein intravenöser Katheter gesetzt werden. Auch wenn dies gemacht wird und es tritt während der Operation ein Atem- oder Herzstillstand ein, ist es meist zu spät, um mittels des Antagonisten ein rechtzeitiges Aufwachen zu erreichen.

Narkosezwischenfälle sind bei allen Tieren immer möglich. Sauerstoffmangel ist nur in wenigen Fällen das Problem. Durch Einsatz eines falschen Anästhetikums kann (zu) langer Nachschlaf eintreten. Vereinzelt werden von Tierärzten immer noch Barbiturate eingesetzt, die ungeeignet und schlecht zu dosieren sind. Die Tiere schlafen sehr lange und deshalb ist die Verlustrate auch sehr hoch. Ratten sind im Normalfall einfach und sicher narkotisierbar. Probleme können jedoch auftreten bei Tieren mit chronischen Atemwegsinfektionen. Wird z. B. durch eine Überdosierung des Gasanäsethetikums ein Atemstillstand ausgelöst, ist eine Wiederbelebung in den meisten Fällen problemlos möglich. Wird das Tier genau überwacht, sieht der Tierarzt sofort, wenn die Atmung aussetzt.

Zu diesem Zeitpunkt wird die Gaszufuhr unterbrochen und das Tier muss von der Anästhesiemaske wegenommen werden (wird ein Verdampfer benutzt, so sind die Schläuche zwischen dem Apparat und der Maske immer noch mit Anästhetikum gefüllt. Entweder muss dann die Maske entfernt, oder die Leitung mit Sauerstoff gespült werden (eine entsprechende Vorrichtung ist, bzw. sollte im Narkoseapparat eingebaut sein).

Sobald das Anästhesiegas entfernt worden ist, muss das Tier beatmet werden, bis es wieder selbständig atmet. Eine Sauerstoff- oder Beatmungsmaske ist aber meist nicht vorhanden und meist nicht nötig. Ein rythmisches Komprimieren der Brust mit Daumen und Zeigefinger von der Seite (nicht zu fest!) ist die beste Methode. Damit konnten schon viele Kleinnager ins Leben zurückgeholt werden. Wichtig ist, dass es sofort geschieht. Nach ein paar Minuten kommt es zum Herzstillstand, und dann kommt bei Tieren dieser Größe, wie unseren Ratten, jede Hilfe zu spät.

Viele Versuchstierinstitute bieten Fortbildungskurse in Anäesthesie von Nagern an. Die sind zwar primär für Forscher, aber mit Sicherheit kann auch ein Tierarzt davon profitieren, sofern er dafür Interesse hat.

Tiere in Narkose verlieren Flüssigkeit, vor allem wenn es sich um länger dauernde Eingriffe unter Injektionsnarkose handelt. Um dem vorzubeugen, ist zu empfehlen, 3-4 ml warme physiologische Kochsalzlösung oder Ringer Laktate Lösung subkutan zu injizieren, was die Gefahr für post-operative Komplikationen verringert. Die Lösung kann nicht schaden, sehr wohl aber nützen.

Entgegen der Annahme mancher Rattenhalter, ist bei kleinen (jungen) Ratten die Gefahr einer Narkose nicht höher als bei erwachsenen Tieren. Jungtiere haben nicht generell ein erhöhtes Narkoserisiko. Erwähnt werden soll aber, dass sehr junge Ratten vor dem Absetzen (Absetzalter etwa mit 3 Wochen) Injektionsnarkotika nur schlecht abbauen können und die Mittel deshalb oft viel länger wirken (bei dem Inhalationsanästhetikum Isoflurane ist dies allerdings nicht der Fall). Es wird jedoch kaum einen Rattenhalter geben, der seine Tiere zum Beispiel kastrieren lässt, wenn sie noch gesäugt werden!

Das Problem bei den kleinen Tieren ist nicht so sehr, dass ihr Kreislauf weniger stabil ist, mehr jedoch dass die Überwachung der Narkose wegen der Körpergrösse und der hohen Ruhewerte (Puls, Atemfrequenz) sehr schwierig ist.
Die Dosierung der Narkose ist wegen des kleinen Körpergewichtes schwieriger, da kleine Abweichungen in der Dosis grosse Wirkung haben. Zudem kühlen die Tiere schnell aus, was wiederum die Überlebenschancen reduziert. Desweiteren verläuft das Zwerchfell von Ratten sehr flach. Dadurch liegt der Magendarmtrakt über der Lunge wenn das Tier in Rückenlage ist (zum Beispiel bei Kastrationen oder Operationen im Bauchbereich). Das behindert die Atmung. Beim Menschen ist das Zwerchfell in Rückenlage fast senkrecht.

Leiden Ratten an einer Infektion der Atemwege und es stellen sich, z.B. bei der Eröffnung der Bauchhöhle Probleme ein (Herz-Kreislauf, Atmung), sollte die Gaszufuhr reduziert und das Tier wenn möglich beatmet werden, bis es wieder von alleine atmet. Dadurch kann verhindert werden, dass das Tier zu vollem Bewusstsein kommt. Das ist in der Praxis teils schwierig. Oft wird das Gas abgestellt, das Tier wacht auf, darauf wird das Gas wieder voll aufgedreht und das Tier geht wieder zu tief, usw.
Eine Möglichkeit dem bis zu einem gewissen Grad vorzubeugen ist, dem Tier vor der Operation bereits schon Schmerzmittel zu geben. Dadurch kann die Anesthesiedosis reduziert werden und selbst wenn das Tier aufwachen sollte, fühlt es keine Schmerzen

Wird eine Kastration im empfohlenen Alter und bei gut ausgebildeten Hoden vorgenommen, ist das Narkoserisiko nicht höher als bei erwachsenen Tieren.

Es ist außerdem in der Regel nicht davon auszugehen, dass eine Operation und damit eine notwendige Narkose im Alter zwischen 3 und 10 Wochen ansteht!

Wie häufig darf eine Ratte narkotisiert werden, ohne Schaden zu nehmen?

Ein eventuelles Risiko ist nicht von der Anzahl vorgergehender Narkosen abhängig sondern vom Allgemeinzustand des Tieres zur Zeit der Operation. Folgt eine Narkose der anderen (innerhalb Stunden oder wenigen Tagen) so hat das Tier zu wenig Zeit, um sich dazwischen zu erholen und das Narkoserisiko steigt. Wie stark ist von der Dauer der Narkose und von der Qualität der Erholung nach der lezten Narkose abhängig. Wenn die Narkosen aber mindestens eine Woche auseinander liegen so haben sie keinen Einfluss aufeinander.

Das Narkoserisiko steigt mit dem Alter des Tieres und (meist parallel dazu) wenn andere subklinische Erkrankungen vorliegen. Das bedeutet, dass das Tier heute ein größeres Risko hat als das letzte Mal, da es älter ist und vermutlich mehr altersbedingte Erkrankungen hat.

Eine notwendige Operation und damit auch die erforderliche Narkose sollte jedoch, wenn sich das Tier in einem guten Allgemeinzustand befindet, immer vorgenommen werden, da dies in jedem Fall dazu beiträgt, die Lebensqualität zu verbessern.

Lokalanästhesie

Lokalanästhesie kann immer verwendet werden.

Beim Menschen und bei größeren Tieren (z.B. Kühen) braucht es dann keine Narkose. Bei Kleintieren ist die Narkose nötig, um die Tiere ruhig zu stellen. Injektions- oder Inhalationsnarkosen sind möglich, aber nur in geringer Dosis erforderlich, da die Operationsstelle schmerzunempfindlich ist.

Das Risiko während einer Narkose kann durch eine gute Anästhesietechnik reduziert werden. Es ist möglich, das Tier nur leicht zu sedieren und dann das Operationsfeld mit einer Lokalanästhesie unempfindlich zu machen. Bei Risikopatienten ist das die beste Lösung. Auch in diesem Fall sollte Inhalationsnarkose verwendet werden, das sie zweifelsfrei besser steuerbar ist und das Tier schneller wieder aufwacht. Der Tierarzt kann z. B. Lidocain verwenden (hält etwa 1 Stunde) oder Bupivacain, das wirkt für etwa 6 Stunden und wirkt gleichzeitig auch noch als postoperative Schmerzbekämpfung. Um das Operationsfeld kann der Veterinär etwa 0,3 bis 0,5 ml einer 0,25 %igen Lösung Bupivacain verteilen. Das Mittel wird nach der Narkose s.c. injiziert.

Allgemeine Fragen zur Narkose:

Von einem Rattenhalter wurde mir die Frage gestellt, ob ein Komesaroff-Narkosegerät für Ratten geeignet sei.

Anmerkung Rattenzauber:

Der beschrieben Anästhesieapparat ist NICHT für Ratten geeignet.

Es handelt sich um ein geschlossenes System, dass einen relativ grossen Totraum hat. Die Luft muss vom Tier durch das System befördert werden. Es ist geignet für größere Tiere, bei denen es wichtig ist, so viel Narkosemittel wie möglich wiederzuverwenden. Bei der Ratte ist das unwichtig. Bei einem offenen System streicht das Narkosegas kontinuierlich über die Nase der Ratte, so dass sie immer frische Luft mit dem richtigen Gaszusatz einatmet. Das nicht gebrauchte Gas wird in einem Filter neutralisiert und ist verloren.