Kastration bei Ratten
Im Laufe von nahezu 25 Jahren Rattenhaltung habe ich (geschätzt) 100 Böcke kastrieren lassen . Diese Zahlen verändern sich stetig, da immer wieder neue Tiere dazukommen.
Auch sehr viele meiner Rattenfreunde haben diesen Schritt "gewagt". In keinem Fall gab es Probleme während, bzw. mit der Narkose (ausschließlich Inhalationsnarkose) und nie Schwierigkeiten mit der Wundheilung (Nachsorge war nicht erforderlich). Von nicht unwesentlicher Bedeutung ist meiner Ansicht nach die Tatsache, einen geeigneten Tierarzt zu finden, der sehr viel Routine mit Kastrationen (Operationstechnik) und der entsprechenden Narkose hat. Die Operation sollte am besten am späten Nachmittag durchgeführt werden.
Unbestritten ist für mich auch, dass Markierverhalten und die damit eventuell verbundene Geruchsentwicklung kein Grund für eine Kastration sein darf. Wenngleich ohnehin keiner meiner unkastrierten Böcke unangenehm riecht und auch nicht mehr oder weniger markiert als meine kastrierten Böcke oder die Weibchen. Auch konnte und kann ich bei meinen kastrierten Böcken im direkten Vergleich zu meinen unkastrierten keine tiefgreifenden Veränderungen weder psychischer noch physischer Art feststellen. Der Grund, warum ich bisher meine Ratten habe kastrieren lassen, war der, dass dadurch alle Tiere in einem ( gemischten) Rudel leben können.
Ich hielt es bisher nicht für erforderlich, die Hintergründe für eben diese "gemischte" Gruppenzusammenstellung zu erwähnen, möchte dies aber nun doch nachholen, da es immer wieder zu Missverständnissen, vor allem bez der Auslegung des Begriffes "art- oder tiergerechter" Haltung , kommt.
Meine Tiere leben alle in einer großen Gruppe und neue Ratten ( Notfälle) werden immer integriert. Die Kastration ermöglicht es grundsätzlich, stets Notfalltiere, unabhängig vom Geschlecht , aufzunehmen und diese wiederum in einer Gruppe zu halten, bzw. in eine bestehende Gruppe zu integrieren. Eine unkontrollierte Vermehrung ist dadurch ebenfalls ausgeschlossen. Es ist weder ratsam noch vertretbar, beide Geschlechter in verschiedenen Käfigen getrennt voneinander zu halten.. Es hat sich in der Vergangenheit und auch aktuell immer wieder gezeigt, dass männliche (unkastrierte) Männchen weitaus weniger "beliebt" sind als Weibchen!. Kastrierte Böcke hingegen sind meist problemlos vermittelbar, auch an Rattenhalter, die Kastration eigentlich ablehnen!
In vielen Foren wird Rattenhaltern mit "Problemtieren" sogar geraten, einen Kastraten als Gesellschaft zu nehmen, wobei nicht unerwähnt bleiben sollte, dass Kastraten nicht als solche auf die Welt kommen!
Wenn unkastrierte Rattenböcke sich derart aggressiv gegenüber Artgenossen verhalten, dass diese z. B. am Fressen gehindert werden oder auch daran, sich im Käfig und/oder im Umfeld frei zu bewegen, dann ist meiner Meinung nach eine Kastration angezeigt. Ständige "Kämpfe", psychischer und physischer Art, erzeugen bei allen Ratten im Rudel Dauerstress und der kann krank machen. Ich kenne persönlich einige Fälle, wo sehr aggressive Rattenböcke nach erfolgreicher Kastration keine Probleme mehr hatten, mit ihren Artgenossen auszukommen. Eine Garantie dafür gibt es natürlich nicht, aber mir sind keine Fälle bekannt geworden, die negativ verliefen. Ein kleiner Eingriff wie der einer Kastration ist für eine Ratte sicher weit weniger belastend als die Tatsache, den Rest ihres Lebens in "Einzelhaft" verbringen zu müssen oder aber das Leben in einer unverträglichen Gruppe zu fristen, wobei alle Tiere unter diesem Zusammenleben leiden!
Bei meinen weit über 200 Ratten (die Zahl hat sich seit Erstellung dieses Textes natürlich durch das Hinzukommen neuer Tiere verändert) hat kein Tier je erkennen lassen, dass es lieber "allein " leben möchte. Es mag ja sein, dass die eine oder andere Ratte sich einmal zurückziehen und ihre Ruhe haben möchte....aber sicher nicht für den Rest ihres Lebens! Ratten sind nun mal keine Einzelgänger und nur im Rudel fühlen sie sich wirklich wohl!
Bringt man sein Rattenrudel in einem entsprechend großen Käfig unter mit täglich viel Freilauf, so darf und kann es nicht zu Aggressionen und/oder Kämpfen kommen. Die Ratten brauchen jedoch entsprechend viel Platz, um sich auch einmal aus dem Weg gehen zu können. In Ausnahmefällen kann es durchaus einmal Probleme geben, denn individuelle Differenzen können in einer Gruppe so groß sein, dass eben diese Gruppenzusammensetzung nicht aufrecht erhalten werden kann, weil dies für die Tiere mit unzumutbarem Dauerstress verbunden wäre.
Sozialer Stress kann langfristig, über vermehrte Ausschüttung von Hormonen (ACTH), zu einer Reduktion der immunologischen Abwehrkräfte führen. Außerdem dürfte permanentes Drohverhalten gegenüber Artgenossen auch bei den dominanten Tieren zu Stress und erhöhtem Energieumsatz im Stoffwechsel führen. Zudem wird auch das Verhalten von Weibchen durch Hormonausschüttung beeinflusst (z. B. in den Brunstphasen). Manchmal führt deshalb dann kein Weg daran vorbei, die Tiere in zwei gut verträgliche Gruppen zu "teilen".
Warum also Kastration?
Viele Rattenfreunde halten ihre Ratten getrennt nach Geschlechtern. Einige haben nur Weibchen, andere nur Männchen, andere wiederum halten in einem Käfig Weibchen, in einem anderen Männchen. Oft stehen die Käfige im gleichen Raum - eine Zumutung für die Tiere! Aber selbst dann, wenn die Käfige in verschiedenen Zimmern stehen, was aus Platzmangel vielen Heimtierhaltern nicht möglich ist, wäre diese Art der Rattenhaltung abzulehnen, nicht zuletzt deshalb, weil es wenig art- und verhaltensgerecht ist, beide Geschlechter getrennt zu halten und die Ratten darunter leiden. Sie haben ständig den Duft des anderen Geschlechtes in der Nase und dürfen dennoch niemals direkten Kontakt haben.
Eine Alternative zu einer weitgehend art- und verhaltensgerechten Haltung ist, beide Geschlechter in einer Gruppe zu halten. Damit es nicht zu ungewolltem Nachwuchs kommt, sollten die männlichen Ratten kastriert werden.
Bei der Haltung einer Weibchengruppe gibt es in der Regel keine Probleme mit der Verträglichkeit. Die Erfahrung vieler Rattenhalter hat gezeigt, dass es in reinen Männergruppen, also der Haltung mehrerer unkastrierter Böcke, sehr häufig zu Unverträglichkeiten und schlimmen Bisswunden kommt, was ein harmonisches Zusammenleben der Tiere erschwert bis unmöglich macht.
Auch scheinen Rattenhalter immer wieder mit den gleichen "Schwierigkeiten" zu kämpfen, nämlich bei einer getrenntgeschlechtlichen Haltung in einer Wohnung die Tiere so unterzubringen, dass ein _Ausbrechen_ verhindert wird. So kommt es regelmäßig zu unerwünschtem Nachwuchs. Bei näherem Nachfragen stellt sich dann heraus, dass durch einen "dummen Zufall" eine Ratte "ausgebrochen" ist und es zum Deckakt gekommen ist. Da wir seit Jahren mit einer Flut an Vermittlungsratten zu kämpfen haben, von denen eine Vielzahl nie vermittelt wird, spricht dies ebenfalls für eine Kastration.
Viele lehnen diesen relativ leichten und harmlosen Eingriff ab. Sie bleiben lieber bei ihrer "alt bewährten" Methode - der Geschlechtertrennung. Oft wird als Argument die "Gefährlichkeit" der Narkose angeführt. Jede Operation/Kastration birgt ein gewisse Gefahr, dennoch kann jeder das Restrisiko so klein wie möglich halten, wenn er einen versierten Tierarzt und die entsprechende Narkoseart (Inhalation) wählt.
Häufig sind es in Gruppen gehaltene unkastrierte Rattenböcke, die durch aggressives Verhalten unter Dauerstress stehen. Mit der Begründung, dass es ja immer nur zu "harmlosen" Reibereien kommt, werden diese ständigen Streitigkeiten von Kastrationsgegnern gerne ignoriert. Es wird leider verschwiegen, dass es dennoch immer wieder auch zu Bissverletzungen kommt, dass ängstliche Ratten von Artgenossen ständig bedrängt, bzw. nicht ans Futter gelassen werden oder dass die Ratten sich immer wieder durch den Käfig jagen, was zu guter letzt noch als vergnügliches Spiel verharmlost wird. Selbstverständlich gibt es durchaus gleichgeschlechtliche Rattenrudel,eher selten auch unkastrierte Böcke, die sich "gut vertragen", dennoch ist es leider nicht die Regel, sondern eher die Ausnahme und diese Haltungsform entspricht nicht dem natürlichen Verhalten.
Die Neubildung einer harmonischen Gruppe wird stark erschwert oder sogar unmöglich, wenn eines oder mehrere der Männchen zuvor bereits Kontakt zu Weibchen hatte. Diese Tiere sind oft hochaggressiv und können ihre Beißhemmung verloren haben. Auch das gilt es zu berücksichtigen bei der Integration von unkastrierten Rattenböcken in eine reine Männchengruppe, denn dieses Verhalten kann nicht mehr umgekehrt werden und verliert sich unter Umständen nur durch eine Kastration.
Unverträglichkeiten treten auch unter Wurfgeschwistern auf, also nicht nur bei Tieren unterschiedlicher Würfe. Auch in gemischten Rudeln mit kastrierten Ratten kann es zu aggressivem Verhalten kommen, was jedoch oft andere Ursachen hat, denn jeder Rattenhalter sollte sich im Klaren darüber sein, dass eine Kastration kein Allheilmittel ist. Wenn eine Rattengruppe harmonisch zusammenleben soll, dann müssen auch alle anderen Bedingungen so optimal wie möglich gestaltet werden.
Der Käfig muss sehr groß sein, gut strukturiert, reichlich Rückzugsmöglichkeiten sollten vorhanden sein, evtl. mehrere Futterstellen und Wasserflaschen, die Besatzdichte darf nicht zu hoch sein, die Integration muss gut vorbereitet und abgeschlossen werden, um nur einige wenige Haltungsaspekte zu nennen. Faktoren wie Geräusch- und Geruchspegel, Handling, das gesamte Umfeld, die individuellen Erfahrungen einzelner Ratten nehmen zudem großen Einfluss auf das Sozialverhalten und müssen Berücksichtigung finden.
In einem harmonisch lebenden Rattenrudel kann und darf es niemals zu Bisswunden oder sonstigen Verletzungen kommen, alle Tiere müssen jederzeit freien Zugang zum Futter haben und dürfen von Artgenossen zu keiner Zeit an der Nahrungsaufnahme gehindert oder sonst wie bedrängt/bedroht werden. Manchmal bemerken Rattenhalter gar nicht, wenn ihre Tiere unter Stress stehen, bzw. wird dieser völlig unterbewertet. Einige Menschen kennen es nicht anders, beurteilen das Verhalten ihrer Ratten als "normal" und meinen, das müsste wohl so sein. Ständige Streitereien unter Artgenossen, oder gar Beißereien dürfen niemals die Regel sein und sollten vom Tierhalter keinesfalls als "normal" akzeptiert oder gar hingenommen werden!
Nach einer Kastration verschwinden nicht alle sexuellen Verhaltensweisen sofort, sondern sukzessiv (schrittweise). Das Maximum des Effektes tritt in der Regel erst längere Zeit (Wochen/ Monate) nach dem Eingriff auf.
Das Aufreiten, eine Verhaltensweise mit niedrigem Schwellenwert, geht als letzte verloren: Bei vielen Individuen können diese kastrationsbedingten Effekte völlig ausbleiben. Wenn es dazu beiträgt, dass Ratten artgerechter leben können, also in einem gemischten Rudel, oder im anderen Falle es nicht mehr zu aggressivem Verhalten kommt, ist eine Kastration gerechtfertigt und keinesfalls unnötig, sondern sinnvoll und tiergerecht. Es ist daher weitaus unverantwortlicher, wenn Rattenhalter Unverträglichkeiten ihrer Tiere in Kauf nehmen und Ihre Ratten einer lebenslangen erheblichen physischen und psychischen Belastung aussetzen und davon sind stets _alle_ Tiere einer Gruppe betroffen.
"Wo beginnt eine "normale" Rangelei?" ist eine Frage der Definition. Was ein Rattenhalter als "normal" hinnimmt, kann durchaus bereits völlig inakzeptabel im Sinne einer artgerechten und harmonischen Gruppenhaltung sein. Es ist viel schlimmer, sein Tier ein Leben lang krankhaft verändertem Verhalten auszusetzen, das selbst zu organischen Erkrankungen führen kann, von der psychischen Belastung ganz zu schweigen. Unsere Ratten sollten ein weitgehend artgerechtes Verhalten in einem gut kompatiblen Rudel ausleben dürfen und können!
Zwar ist eine Kastration nicht natürlich, ebenso wenig, wie die kompletten Haltungsbedingungen der Heimtierhaltung, aber eine gemischtgeschlechtliche Haltung, in welcher die Tiere ein breiteres Verhaltensrepertoire ausleben können, bedingt durch das bereits erwähnte oft völlige Ausbleiben der kastrationsbedingten Effekte (wie Aufreiten u.dgl.) , was ein, wenn auch nur _annäherndes_ Sexualverhalten ermöglicht, kommt dem natürlichen Verhalten weitaus näher als die Haltung nur eines Geschlechtes oder noch schlimmer, der Haltung beider Geschlechter in getrennten Käfigen!
Deshalb liebe Rattenfreunde, bitte denkt noch einmal darüber nach, ob und wie Ihr das Zusammenleben Eurer vierbeinigen Pelznasen noch optimaler gestalten könnt. Sie werden es Euch danken mit einem ausgeglichenerem Wesen, besserer Gesundheit und einem damit vielleicht sogar längeren Leben.
Kastration bedeutet die Entfernung der Keimdrüsen, also der Hoden (beim Weibchen die Eierstöcke). Mit den Keimdrüsen werden auch die hormon-liefernden Zellen entfernt und das geschlechtsspezifische Verhalten fällt weg. Weibchen werden nicht mehr "brünstig" und kastrierte Männchen sind oft weniger "aggressiv". Bei einer Sterilisation hingegen wird bei Böcken nur der Samenstrang, bzw. beim Weibchen der Eileiter unterbunden. Die Hormonwirkung der Geschlechtsorgane bleibt dabei erhalten. Die Hoden befinden sich bei einigen Wildtieren nur in der Brunstzeit im Hodensack. Die restliche Zeit befinden sie sich in der Bauchhöhle. Bei Ratten ist während ihren gesamten Lebens der Leistenring so weit, dass sie ihre Hoden in die Bauchhöhle zurückziehen können. Es handelt sich dabei nicht um eine krankhafte Veränderung.
Manchmal kommt es vor (z. B. durch Entwicklungsstörungen), dass der oder die Hoden nicht in den Hodensack absteigen und in der Bauchhöhle verbleiben (Kryptorchismus). Ein vollständiger Kryptorchide ist meist nicht zeugungsfähig, zeigt aber alle sexuellen Verhaltensweisen. Es besteht die Gefahr, dass sich "verborgene" Hoden zu Tumoren entwickeln.
Kastrationstechnik
Bei männlichen Ratten kann sowohl die bedeckte, als auch die unbedeckte Kastration vorgenommen werden. Nach der Narkose (vorzugsweise mittels Inhalation) wird die Ratte zunächst in Rückenlage fixiert, der Hodensack (Scrotum) rasiert und desinfiziert. Die bedeckte Form der Kastration sieht nach einem 1 bis 2 cm langen Schnitt, der die oberste Hautschicht durchtrennt, keine Eröffnung weiterer Schutzschichten der Hoden vor. Die Tunica vaginalis (Ausbuchtung des Bauchfelles) wird mit ihrem gesamten Inhalt (Hoden, Nebenhoden, Fettgewebe, Musculus cremaster) vorgelagert und mit einem resorbierbaren Faden als Ganzes abgebunden.
Es muss sorgfältig abgebunden werden, damit es nicht zu einer Nachblutung kommt. Wird die Blutung nicht rechtzeitig bemerkt und unterbunden, könnte das Tier unter Umständen verbluten. Auch wenn diese Nachbehandlung im "Falle eines Falles“ kaum durchführbar ist, soll sie dennoch hier kurz beschrieben werden: Tritt nach dem Abbinden eine Nachblutung ein, sollte zunächst abgeklemmt und erneut abgebunden werden, evtl. kann mit einem Thermokauter, das ist eine Art kleiner "Lötkolben" mit einem glühenden Draht, die Wundfläche verödet werden, damit sich die eröffneten Blutgefäße schließen. Der Musculus cremaster ist der sogenannte Hodenheber, der z.B. bei Kälte den Hoden näher an den Körper zieht. Die Scheidenhautausbuchtung (Processus vaginalis peritonaei) bezeichnet die Ausstülpung des Bauchfelles in den Hodensack. Die Tunica vaginalis testis ist nur ein Teil der Hodenhüllen.
Unterhalb des Knotens wird die Tunica Vaginalis mitsamt Inhalt abgeschnitten. Bei unsachgemäßem Vorgehen kann mitunter ein Stück hormonproduzierendes Gewebe (z.B. ein Teil des Nebenhodens) in der Bauchhöhle verbleiben. Es können dann weiterhin Hormone produziert werden und das Sexualverhalten bleibt unter Umständen ganz oder teilweise erhalten, d. h. die Ratte verhält sich dann wie nach einer Sterilisation.
Bei der unbedeckten Methode ist diese Gefahr geringer. Mit dem Entfernen des zweiten Hodens verfährt man auf die gleiche Weise. Berichte, nach denen Ratten sich auch nach einer Kastration sehr aggressiv Artgenossen gegenüber verhalten, könnten also durchaus den Schluss zulassen, dass oben erwähnter Fall eingetreten sein könnte.> Die Vorteile der bedeckten Methode liegen in einem relativ geringen Infektionsrisiko (das Bauchfell wird nicht eröffnet) und der geringen Gefahr eines Darmvorfalles durch den Leistenring. Der Leistenring ist eine durch Muskulatur begrenzte Öffnung der Bauchdecke, durch die der Samenstrang mit allen Gefäßen zu den Hoden zieht. Ist dieser Ring etwas erweitert (z.B. bei einem Leistenbruch) können durch den Druck in der Bauchhöhle Darmschlingen herausgepresst werden. Wenn dies nicht schnell genug bemerkt und operiert wird, endet ein solches Geschehen meist tödlich.
Da die Blutversorgung der Darmschlinge abgeklemmt wird, tritt eine Nekrose auf, wodurch der Körper mit Toxinen überschwemmt wird. Zudem ist ein solcher Darmvorfall auch äußerst schmerzhaft. Bei der unbedeckten Methode wird nach dem Hautschnitt die Tunica vaginalis mit Inhalt leicht komprimiert und mit einem möglichst kleinen Schnitt soweit eröffnet, dass Hoden, Nebenhoden und Fettkörper herausgedrückt werden können. Diese drei Strukturen werden ebenfalls am Ansatz mit einem resorbierbaren Faden abgebunden und anschließend abgeschnitten. Der häufig sehr große Fettkörper in der Tunica vaginalis und der ebenfalls sehr ausgeprägte Nebenhoden können mit dieser Methode besser erfasst und entfernt werden.
Bei dieser Form der Kastration wird mitunter der Fettkörper nicht entfernt, sondern verbleibt im Hodensack, was einem Darmvorfall vorbeugen soll, oder aber auch ganz einfach den kosmetischen Vorteil hat, dass der Hodensack nach der Operation nicht ganz leer ist. Dies ist jedoch nicht zwingend notwendig. Da die Hoden komplett entfernt werden, entfällt auch die hauptsächlich polsternde Funktion des Fettgewebes zum mechanischen Schutz der Hoden. Um außerdem Blutungen, die evtl. während/nach der Kastration im verbleibenden Fettgewebe auftreten können zu vermeiden, wird der Fettkörper in der Regel vollständig entfernt.
Der kleine Schnitt in der Tunica vaginalis verklebt nach dem Eingriff sehr schnell und dem leicht erhöhten Infektionsrisiko kann durch steriles Arbeiten und durch Gabe von Penicillin-Puder oder Salbe in die Wundhöhle vorgebeugt werden. Ein weiterer Vorteil dieser Methode ist das sichere Unterbinden der Blutgefäße. Die Ligatur (Knoten mit resorbierbarem Nahtmaterial) sitzt sicherer als bei der bedeckten Kastration. Im Anschluss an die eigentliche Kastration wird der Hautschnitt mit dünnen, resorbierbaren Fäden verschlossen. Die Knoten sollten dabei möglichst "knapp" abgeschnitten werden, was dem Manipulieren der Ratte an der Wunde vorbeugt. Anschließend kann die Wunde mit einem Spray zum Schutz gegen Infektionen ( Aluminiumspray) versorgt werden.
Es kann vorkommen, dass der Körper auf die Ligatur mit einer Verhärtung im Bereich der Operationsnaht reagiert. Manchmal kommt es auch durch Sickerblutungen in diesem Bereich zu kleinen Blutergüssen, die durch leichte Verdickungen ertastbar sind. Auch die Ansammlung von Wundwasser ist möglich und durch leichte Verhärtungen spürbar. Diese Verdickungen sind in der Regel unbedenklich und bilden sich nach geraumer Zeit zurück. Auf diese Stellen kann man mehrmals täglich etwas Traumeel-Salbe aufragen und der Ratte 3xtgl 1/2 Traumeeel-Tablette (zermörsert) geben.
Bitte nicht gleich "auf Verdacht" punktieren lassen. Abgesehen vom Stress für die Ratte, kann das u. U. dazu führen, dass dadurch Bakterien eindringen und es dann erst recht zu Entzündungen/Abszessen kommt. Der Rattenhalter sollte darauf achten, dass sich die Operationswunde nicht entzündet, eitert, oder sich heiß anfühlt. Dann sollte das Tier unbedingt dem Veterinär vorgestellt werden.
Von folgender Vorgehensweise seines Veterinärs hat mir ein Rattenhalter berichtet:
"Nach dem Entfernen beider Hoden (Eröffnen der Hodensäcke mit einem einzigen Querschnitt an der hinteren Hodenspitze), ist der Hodensack nicht zugenäht worden. Diese Methode soll verhindern, dass sich eine Schwellung bildet, bzw. soll ermöglichen, dass Wundwasser durch den offenen Hodensack abfließen kann".
Bei dieser Form der Kastration ist die Gefahr einer Infektion durch Eindringen von Bakterien jedoch relativ hoch, deshalb wird nach dem Eingriff vorbeugend ein Antibiotikum injiziert. Wird bei der Kastration nicht sauber gearbeitet, so ist es besser, die Wunde offen zu lassen, damit es nicht zu einem Abszess kommt (Einschließen von Bakterien). Berichten zufolge wird das bei Schweinen so gemacht, da die Tiere mit nicht-sterilen Instrumenten operiert und anschließend im Stall gehalten werden.
Bei einer Ratte kann man aber sauber (aseptisch) arbeiten und die Wunde sollte vollständig vernäht werden. Antibiotika sind nicht notwendig, aber Schmerzmittel sollten verabreicht werden. Wird steril gearbeitet, sind kaum Komplikationen zu erwarten (Schwellungen, Abszesse) und ein winziger Spalt ist ausreichend, Sekret abfließen zu lassen.
Wie bei allen Operationen gibt es auch bei der Kastration verschiedene Techniken und Philosophien.
Jeder Veterinär wird die Methode anwenden, die ihm am besten liegt und die er gut beherrscht. Welche Form zur Anwendung kommt, ist letztendlich von sekundärer Bedeutung, wenn steril und schnell gearbeitet wird, so dass die Belastung für das Tier so gering wie möglich bleibt. Bei Katern wird überwiegend bis ausschließlich eine bestimmte Technik der Kastration bevorzugt, nämlich wird der Hodensack nach dem Entfernen der Hoden nicht zugenäht, sondern "offen" gelassen. Bei Katern ist das kein Problem, da sich wegen der sehr kleinen Hoden die Wunde innerhalb eines Tages schließt. Manche Tierärzte jedoch wenden diese Methode auch bei Ratten an. Das soll verhindern, dass sich eine Schwellung bildet, bzw. soll ermöglichen, dass Sekret durch den offenen Hodensack abfließen kann.
Wenn ein Tierarzt jedoch die Technik beherrscht, ordentlich abbindet und "sauber" arbeitet (entsprechend desinfiziert), dann treten keine Komplikationen (Schwellungen, Abszesse) auf. Da Ratten sehr große Hoden haben, besteht bei offenem Hodensack die Gefahr, dass in die Wunde Bakterien eindringen und es zu einer Infektion kommt. Deshalb verabreichen manche Tierärzte frisch kastrierten Ratten "vorbeugend" ein Antibiotikum, was jedoch nicht erforderlich ist, wenn der Tierarzt sauber arbeitet und den Hodensack vernäht (es bleibt allenfalls ein winziger Spalt offen).
Eine der häufigsten Ursachen, dass sich Ratten selbst die Fäden entfernen, ist dass der Tierarzt entweder ungeeignetes Nahtmaterial verwendet (z. B. zu "rauhe" Fäden), oder eine falsche Nahttechnik angewandt hat, wodurch im Bereich der Wunde Spannungsschmerz und/oder Juckreiz entstehen kann der die Ratte veranlasst, an der Naht zu manipulieren. Für eine Kastrationsnaht sollte der Tierarzt immer resorbierbare Fäden verwenden. Da es häufig eine reine Kostenfrage ist, welche Fäden der Tierarzt verwendet, kann der Rattenhalter darauf Einfluss nehmen und seiner Ratte das lästige Fädenziehen ersparen.
Chemische oder medikamentöse Kastration:
Viele Rattenhalter berichten immer wieder von aggressivem Verhalten ihrer (unkastrierten) Rattenböcke, teils mit Verletzungen, in jedem Fall aber einhergehend mit ständiger Anspannung und Dauerstress. Trotzdem sprechen sich noch immer viele gegen eine Kastration aus, weil sie meinen, ihre Ratte würde durch diesen Eingriff _verstümmelt_.
Dass männliche Tiere bei den meisten Tierarten wesentlich aggressiver sind als weibliche, sollte allgemein bekannt sein.
Bei Ratten ist die Kastration von männlichen Tieren bei geschlechtsspezifischen Problemverhaltensweisen, wie Territorialverhalten, Dominanzverhalten sinnvoll und meist notwendig. Ratten und einige andere Nager, sowie Kaninchen, können eigentlich unkastriert nicht tiergerecht gehalten werden.
Auch wenn nun der eine oder andere Rattenhalter glaubt, er könne seinem Tier diesen Routineeingriff ersparen, indem er ihnen vom Tierarzt zum Beispiel Delvosteron (Proligeston) verabreichen läßt, so empfiehlt sich bei Ratten eine"chemische" oder medikamentöse Kastration nicht, da in der Regel davon auszugehen ist, dass das aggressive Verhalten bei Ratten dann eintritt, wenn sie in die Geschlechtsreife kommen.
Bei Ratten würde - wenn überhaupt - eine hormonelle Kastraion nur Sinn machen für eine kurze Zeit oder in der Diagnostik. Womit das Problem jedoch nicht gelöst werden kann, denn sobald die Wirkung nachläßt, wird auch die testosterongesteuerte Aggressivität wieder zunehmen.
Die Präparate sind zwar Langzeit-Präparate, aber entwickelt für Hund und Katze. Bei den stoffwechselaktiven Ratten würde außerdem die Wirkung erheblich kürzer anhalten.
Diese Mittel werden eigentlich zur Läufigkeitsunterdrückung bei Hund und Katze eingesetzt oder aber auch zur Testung, ob die Aggression z.B. eines Rüden hormonell bedingt ist, um dann gegebenenfalls eine Kastration zur Therapie durchzuführen.
Deshalb macht bei Ratten eine chemische/medikamentöse Kastration keinen Sinn!
Die Kastration bei der weiblichen Ratte
ist ein relativ einfacher Eingriff. Über die Wirbelsäule in der Mitte des Rückens wird ein kleiner Einschnitt gemacht. Die Haut wird dann zur Seite verschoben bis der Hautschnitt über dem Eierstock liegt.Ein Schnitt durch den Muskel und das Bauchfell, Vorlagern des Eierstocks mit Fettgewebe, abbinden und wegschneiden. Den Hautschnitt auf die andere Seite verschieben und gleiches Vorgehen. Muskel und Bauchfell müssen nicht genäht werden, es genügen ein paar Einzelknopfnähte, um den Hautschnitt wieder zu verschliesen. Dies ist der direktere Zugang und da der Eierstock in der Nähe der Nieren aufgehängt ist, kann er vom Rücken her besser nach außen gezogen werden. Dadurch braucht es nur eine sehr kleine Öffnung (8-10 mm). Außerdem sind die Hautnähte dann auf dem Rücken und die Ratte läßt sie evtl. länger in Ruhe (weil sie nicht so gut hinkommt). Durch das seitliche Verschieben hat es nachher keine direkte Verbindung von außen bis zur Bauchhöhle. Das verhindert Probleme, wenn die Ratte die Hautnaht wegfressen sollte. Es gibt aber scheinbar nur sehr wenige Tierärzte, die diese Technik der Kastration bei weiblichen Ratten beherrschen.
Daher wählen viele noch immer den weitaus risikoreicheren Weg über die Eröffnung der Bauchhöhle. Ich halte es nicht für sehr sinnvoll, Rattenweibchen vorbeugend kastrieren zu lassen, die meisten entwickeln nie Mammatumoren und wenn, dann sind diese ja praktisch immer gutartig und können frühzeitig mit einem kleinen Eingriff problemlos entfernt werden. Warum also mit einer Operation nicht warten, bis sie tatsächlich notwendig ist?!
Abszesse, Schmerzmittel
Hin und wieder wird von Rattenhaltern berichtet, dass sich bei ihren kastrierten Tieren ein Abszess gebildet hat.
Abszesse nach einer Kastration können entstehen, wenn Bakterien in die Wunde eindringen. Das kann dann eintreten, wenn die Ratten nach dem Eingriff nicht auf sauberen Tüchern gehalten werden, der Tierarzt unsauber gearbeitet hat, oder die Wunde zu intensiv (zu dicht) zunäht. Im Normalfall bleibt ein winziger Spalt offen, damit Sekret abfließen kann. Wird zu fest zugenäht, kann kein Sekret abfließen, es kann zu einer Schwellung kommen und die Wunde infiziert sich. Manche Tierärzte waren (und sind) der Meinung, dass Ratten nach einer Kastration/Operation kein Schmerzmittel brauchen. Die Schmerzen würden bewirken, dass das Tier ruhiger ist und die Operationsstelle schont. Dies ist eine veraltete Meinung. Man weiß jetzt, dass Schmerzen den Heilungsprozess und die Erholung nach einer Operation beeinträchtigen können. Und das zu einem Zeitpunkt, wo das Tier seine ganze Kraft braucht.
Heute wird angenommen, dass alle Eingriffe, die beim Menschen Schmerzen verursachen, auch für die Tiere schmerzhaft sind. Schmerzmittel sollten deshalb nach einer Operation immer eingesetzt werden, denn die Tiere werden die besonders empfindlichen Bereiche trotz der Verabreichung eines solchen schonen. Die Dauer hängt von der Schwere des Eingriffs ab. Spezialisten sehen als Standard die Verabreichung eines Schmerzmittels über einen Zeitraum von 3 Tagen. Bei einer Kastration kann das auf 1, 5 Tage reduziert werden.
Bei Hunden und Katzen verschreiben die meisten Tierärzte ein Schmerzmittel nach einer Kastration. Warum also nicht auch bei Ratten?! Zwar erholen sich die meisten Tiere innerhalb von 1 bis 2 Tagen, aber es ist nicht nötig, sie in dieser Zeit unnötig Schmerzen auszusetzen. Jeder Rattenhalter kann seinen Tierarzt darauf ansprechen, seiner kastrierten Ratte ein Schmerzmittel zu verabreichen. Aspirin ist eine Möglichkeit, hilft aber nur gegen mittelstarke Schmerzen. Es gibt bessere NSAIDs (nicht-steroide anti-Entzündungsmedikamente, Aspirin gehört zu diesen) die besser wirken, z. B. Carprofen, auch Metacam ist gut geeignet.
Einige dieser Medikamente werden normalerweise oral verabreicht. Sie können mit einer Spritze ohne Nadel direkt ins Maul der Ratte verabreicht werden, oder mit einer sehr kleinen Menge Fruchtjoghurt angeboten werden. Es ist darauf zu achten, dass die gesamte Menge aufgenommen wird. Allerdings sollte man sie nicht einfach ins Trinkwasser mischen, da Tiere mit Schmerzen oft weniger trinken und dann eine zu geringe Dosis Schmerzmittel bekommen.
Ein Rattenhalter stellte folgende Frage an:
"Er hätte folgendes gelesen und würde gerne wissen, ob es stimmt, dass kastrierte Weibchen, die in einer intakten Männergruppe leben, von den Böcken nicht als kastriert "erkannt" werden und folgedessen ständig von diesen 'belästigt' würden".
Anmerkung rattenzauber:
Es ist eine biologische Tatsache, dass kastrierte Weibchen keine Sexualhormone produzieren und somit keinen Brunstzyklus mehr haben. Werden sie in einer gemischtgeschlechtlichen Gruppe gehalten, sollten sie in der Regel von den Männchen in Ruhe gelassen werden, da sie nie in der Brunst sind und somit die Männchen nicht stimuliert werden. Es kommt jedoch vor, dass Männchen auch Deckverhalten zeigen wenn kein brünstiges Weibchen zugegen ist. Diese Männchen besteigen (oder versuchen es) andere Männchen wie auch nicht-brünstige Weibchen (ob kastriert oder nicht). Dies ist aber wahllos und das Verhalten wird von den Bestiegenen sofort abgewiesen. Dass diese Männchen spezifisch kastrierte Weibchen besteigen halte ich für sehr unwahrscheinlich.
Mir wurde zudem berichtet, dass sich Rattenhalter über oben beschriebene Verhaltensweise wunderten, wobei sich dann herausstellte, dass im Käfig nebenan "unkastrierte" Weibchen untergebracht waren, was das "Deckverhalten" der unkastrierten Männchen dem kastrierten Weibchen gegenüber natürlich vollends erklärt. Durch den Duft der brünstigen Weibchen im Nachbarkäfig wurden die Böcke stimuliert und hatten demzufolge wahllos alles bestiegen, auch ein kastriertes Weibchen!
Kastration oder Sterilisation?
Die vielen Anfragen bestätigen, dass die meisten Rattenhalter Probleme mit der Verträglichkeit ihrer Rattenmännchen haben, deshalb rate ich in der Regel dazu, die Tiere kastrieren zu lassen, weil durch die Kastration das aggressive Verhalten vermindert/verhindert wird. Wenn jemand nun unbedingt darauf besteht, eine Weibchengruppe zu halten und _einen_ Bock dazusetzen möchte, kann dieses Männchen unter bestimmten Voraussetzungen auch sterilisiert werden, wobei das gesamte Verhaltensrepertoire dauerhaft erhalten bleibt. Es sollte sich aber immer nur ein unkastrierter Bock in einer Weibchengruppe befinden, weil es ansonsten zu den bekannten Problemen kommen könnte, die durch die Anwesenheit von Weibchen meist noch gravierender werden.
Die meisten Tierärzte sind in der Regel auf Kastration eingestellt, weil ja häufig eine Verhaltensänderung gewünscht wird (Hunde, Katzen, Ratten), deshalb wird auch nur selten sterilisiert. Die Operation (Sterilisation) ist etwa gleich kompliziert, nur die Operationswunde befindet sich dann am Bauch und nicht am Hodensack. Wer sein Rattenmännchen sterilisieren lassen möchte, sollte den Veterinär dazu befragen, ob er bereits Ratten sterilisiert hat, denn hier gilt das gleiche wie bei der Kastration: Der Tierarzt sollte operationstechnisch Erfahrung haben.
Ein Rattenhalter schrieb mir, dass sein Tierarzt meinte, eine Sterilisation wäre "nicht dauerhaft" (die Samenleiter könnten wieder zusammenwachsen) und unkastrierte Böcke würden vermehrt Hodenkrebs bekommen.Die Frage, ob es Studien gibt, die untersucht haben, bei wieviel Prozent sterilisierter Rattenböcke die Samenleiter zusammenwachsen, konnte er nicht beantworten. Bei Mäusen ist dies zum Beispiel ein Routineeingriff und meine Nachforschungen haben ergeben, dass es keine Informationen gibt,wonach der Samenleiter wieder zusammenwachsen würde. Auch eine erhöhte Gefahr von Hodenkrebs konnten meine Recherchen nicht belegen.
Die Kostenfrage lässt sich nicht pauschal beantworten, weil es auch bei der Kastration regional zum Teil sehr große Unterschiede gibt. Der Tierarzt der Wahl kann aber Auskunft geben. Da die Operation in etwa gleich "kompliziert" ist, sollten die Kosten in etwa auch gleich sein wie bei einer Kastration.
Werden sterilisierte Männchen mit Weibchen zusammengehalten, so werden die Weibchen die meiste Zeit scheinträchtig sein/werden. Wären die Männchen intakt (wie bei Wildratten etwa), so würden die Weibchen die gleiche Zeit trächtig werden, was in einer "natürlichen" Rattenkolonie nichts Ungewöhnliches ist. In der Heimtierhaltung jedoch sollte jeder Rattenhalter möglichst Nachwuchs aus den bekannten Gründen vermeiden (sh. dazu das Kapitel Zucht). Eine Scheinträchtigkeit bei der Ratte dauert weniger als 2 Wochen. Es kommt nicht zu Milchproduktion oder Verhaltensänderungen wie beim Hund zum Beispiel. Eine "Behandlung" durch den Veterinär ist nicht erforderlich, eine Scheinträchtigkeit stellt bei der Ratte kein Problem dar.
Geeignetes Alter für eine Kastration
Die Kastration bei meinen Männchen wurde bisher immer im Alter von ca. 10-12 Wochen durchgeführt. Je älter die Ratte bei der Kastration ist, umso besser sind z. B. die sich in der Haut des Penis befindlichen Pappilaren ausgebildet. Je größer diese schon sind (also je älter die Ratte bereits ist), umso mehr "Gefühl" :-) kann sie dadurch noch "an sich bemerken". Dies wird ausschließlich vom Gehirn bzw. Nervensystem gesteuert, wo ja "noch alles da ist". Und je mehr Gefühl, umso mehr Paarungsbereitschaft.
Besonders wichtig scheint mir auch zu sein, dass viele Verhaltensweisen durch Erfahrungen beeinflusst werden. Bereits ältere Männchen, die vor der Kastration schon Erfahrungen mit empfänglichen Weibchen gemacht haben, "vergessen" ihre Eindrücke nicht. Ihr Verhalten wird dann oft unabhängig von hormonellen Einflüssen. Und: je weniger Erfahrungen sie mit dem "Erwachsenendasein" haben, umso "kindlicher" und verspielter bleiben sie nach einer Kastration. Bei Heimtieren unter Haltungsbedingungen, wie wir sie bei domestizierten Ratten wiederfinden, wird die Kastration der männlichen Tiere empfohlen. Verhaltensforscher raten dazu, Ratten nicht getrennt nach Geschlechtern zu halten, da diese Art der Haltung außerdem nur wenig artgerecht ist (sh. dazu auch "wieviele Ratten?").
_Wenn_ sich jemand also für eine Kastration entscheidet, dann sollte
er den Eingriff möglichst früh vornehmen lassen. Selbstverständlich nicht, wenn die Ratte erst 1 oder 2 Wochen alt ist, sondern im empfohlenen Kastrationsalter (10-12 Wochen).
Ratten mit wenig oder keinen sexuellen Erfahrungen reagieren viel schneller auf eine Kastration als solche, die bereits große sexuelle Erfahrungen haben und solche, bei welchen der Eingriff erst im Erwachsenenalter vorgenommen wird. Dann kann es unter Umständen einige Wochen dauern, bis die kastrationsbedingten Effekte auftreten.
Falsch ist, dass die Männchen in den Geschlechtsanhangdrüsen (Samenblase) Spermien für ca. 2 - 4 Wochen speichern. Dies wurde ganz offensichtlich vor einigen Jahren angenommen und hat sich wohl nun als falsch erwiesen.
"Die Speicherung von Spermien erfolgt im Nebenhoden, in dem die Spermien auch reifen (Kapazitation), also nicht in den Samenblasen".
Heutzutage verwendet man gerne die Bezeichnung "Bläschendrüse". Diese liefert ein fruktosehaltiges Sekret, welches wichtiger Energielieferant für die Spermien ist.
Bei der Kastration werden üblicherweise auch die Nebenhoden entfernt.
Trotzdem können sich noch Spermien im Samenleiter befinden, so dass es nach der Kastration für einige Tage zur Befruchtung kommen kann ( übrigens nicht nur bei Tieren, sondern auch beim Menschen nach einer Vasektomie)".
Das bedeutet,
sie sind auch nach einer Kastration während dieser Zeitspanne noch zeugungsfähig!
In der Regel ist eine Wartezeit von 2 Wochen nach dem Eingriff ausreichend. Die Kastraten können danach auch in eine Weibchengruppe integriert werden. Wer unsicher ist, der kann gerne noch eine Woche Wartezeit dranhängen, das sollte in jedem Fall ausreichen!
Da wissenschaftlche Erkenntnisse in allen Bereichen einem stetigen Wandel unterliegen, konnten wir die entsprechende Passage im Buch leider nicht mehr aktualisieren.
(Das ANDERE Rattenbuch)
Manche Rattenhalter meinen, der Eingriff müsste später erfolgen, um mögliche Hormon- und Wachstumsstörungen bei den betroffenen Ratten zu vermeiden. Wenn die Kastration von Männchen zu einem "friedlicheren" Miteinander führt (auch bei Weibchen, denn beide Geschlechter werden ruhiger, eben dadurch, dass sie "paarungsbereite" Partner nicht mehr "erkennen" können), dann werden durch "Mangel an Stress" u. a. organische Krankheiten verhindert. Sich oft "streitende" Ratten bekommen einen höheren Blutzuckerspiegel, während die Nebennierenrinde der unter den Aggressionen leidenden Tiere das ganze in ihr enthaltene Adrenalin ausschüttet, bzw. wenn die Streitereien "chronisch" werden, sich die Adrenalin"drüse" vergrößert.
Es kann zu pathologischen Veränderungen der Niere kommen (eben durch den hohen Adrenalinausstoß auf der einen und den höheren Blutzuckerspiegel auf der anderen Seite). Hormoneller Umschwung bzw. hormonelle "Fehl"funktionen können also durchaus schon auftreten, _ohne_ dass die Ratte kastriert wurde. Eine kastrierte Ratte kann mangels "fehlender" Hoden (diese sind der Hauptbildungsort von männlichen Sexualhormonen) in jenen kein Testosteron mehr bilden. Dieses Hormon regelt neben der allgemeinen Ausbildung der Muskulatur vor allem Wachstum und Größe der sekundären Geschlechtsorgane (Samenbläschen, Prostata).
Falsch ist, dass das allgemeine Größenwachstum des Körpers vom Thymus gesteuert wird (welcher zwar mit den Keimdrüsen in einer Wechselwirkung steht), aber besonders für das Wachstum wichtig ist. Korrekt ist, dass der Thymus ist ein Organ des Immunsystems - mit dem Wachstum der Körpergröße nichts zu tun hat. Es gibt jedoch einen Rattenstamm, der keinen Thymus hat. Diese Tiere sind nackt (was allerdings nichts mit dem Thymus zu tun hat) und sie können keine Thymus-Lymphozyten bilden. Ihr Zustand ist ähnlich der eines AIDS-Kranken (HIV zerstört einen Teil der Thymus-Zellen). Sie sind gleich groß wie ihre normalen Geschwister.
Das Größenwachstum von Ratten wird -im Rahmen ihrer genetischen Möglichkeiten - durch das Wachstumshormon der Hypophyse gesteuert, wobei viele andere Hormone (u.a. Schilddrüsenhormone) in ausreichender Konzentration vorliegen müssen. Mit Einsetzen der Geschlechtsreife, bzw. dem Anstieg der Geschlechtshormone (bei männlichen Ratten Testosteron), verknöchern die Wachstumszonen (Epiphysenfugen) der Knochen, so dass das Größenwachstum beendet wird. Bei einer Kastration _vor_ der Geschlechtsreife - und damit dem Fehlen der Geschlechtshormone - wird das Wachstum erst später beendet, so dass die Tiere etwas größer als ohne Kastration werden. Fälschlicherweise wird immer wieder das Gegenteil angenommen, nämlich dass unkastrierte Ratten größer als Kastraten würden.
Da die Geschlechtsreife bei Ratten bei beiden Geschlechtern zwischen der 7. und 10.Woche eintritt (zwischen 50 und 72 Tagen) , oft auch früher, bedeutet dies also lediglich, dass Ratten, die im Alter von 6-7 Wochen kastriert werden, was ohnehin nicht ratsam ist, vielleicht etwas größer werden, als solche, die etwa ab der 9. bis 10. Woche kastriert werden. Testosteron hat zwar keinen Einfluss auf das Körperwachstum, jedoch auf das Muskel- und Fettverhältnis. Kastrierte Rattenböcke haben etwas weniger Muskelmasse als unkastrierte (aber etwa die gleiche Menge wie ein unkastriertes Weibchen) und da der Geschlechtstrieb überwiegend bis gänzlich wegfällt, haben sie weniger soziale Interaktionen (Rangkämpfe, etc.) somit mehr Zeit zum Nichtstun und Fressen und aus diesem Grund neigen kastrierte Böcke weit mehr zum Ansatz von Fett. Erwachsene, nicht kastrierte Tiere können nur ihr Körpergewicht durch Einlagerung von Fett verändern (zu viel Nahrung, Bewegungsmangel) oder durch Zunahme der Skelettmuskulatur (z.B. durch viel Bewegung oder auch Testosteron, das dann wie ein Anabolikum wirkt).
Zusammenfassend finde ich es allemal besser, einen "bissigen" Bock kastrieren zu lassen, als ihn sein Leben lang einzeln und ohne Kontakt zu anderen Ratten verbringen zu lassen.
Nach einer Sterilisation ist die Ratte lediglich nicht mehr zeugungsfähig, verliert aber nicht die Fähigkeit, sexuelles Verhalten zu zeigen. Durch das Sexualrepertoire kann es trotzdem, vor allen auf begrenztem Raum, wie wir ihn bei der Käfighaltung oft wiederfinden, zu "unerwünschten" Folgeerscheinungen kommen. Zwar kann ich beide Geschlechter zusammen halten, ohne Nachwuchs befürchten zu müssen, aber es kann dennoch nach wie vor "Ärger" (Dominanzgehabe, Revierstreitigkeiten) geben.
Tierschutzgesetz
Rattenhalter, die sich gegen eine Kastration aussprechen, weisen in diesem Zusammenhang auf das Tierschutzgesetz hin, welches besagt, dass:
" ...es verboten ist, Körperteile vollständig oder teilweise zu amputieren.."
Sie vergessen aber gerne zu erwähnen, dass dieses Verbot nicht gilt wenn:
1. "Der Eingriff im Einzelfall nach tierärztlicher Indikation geboten ist"
oder
5. "zur Verhinderung der unkontrollierten Fortpflanzung - soweit tierärztliche Bedenken nicht entgegenstehen - zur weiteren Haltung des Tieres eine Unfruchtbarmachung vorgenommen wird."
Vor allem Punkt 5. ist bei Rattenhaltern angezeigt, die ihre Tiere artgerecht halten und nicht zu einer unkontrollierten Vermehrung beitragen möchten. Ich bin grundsätzlich der Meinung, dass jeder Rattenhalter eine Trächtigkeit seiner Tiere, soweit er dies beeinflussen kann, vermeiden sollte. Selten können alle Jungtiere in wirklich gute Hände vermittelt werden und nicht vermittelte Tiere fristen ein trauriges Dasein in Tierheimen, die nicht selten mit der Flut an Ratten total überfordert sind, oder enden als Futtertiere.
Kastrationsgegner:
Von Rattenhaltern, die Kastration ablehnen, werden allerlei Punkte angeführt, die GEGEN eine Kastration sprechen. Bei genauem Betrachten können diese widerlegt werden (siehe Text oben) . Es wird u.a. darauf hingewiesen, dass dies (eine Kastration ) in der _Natur_ so nicht vorkommt. Selbstverständlich kommen in der Natur keine Kastraten vor, aber in der Natur gibt es auch keine meist mehr oder minder kleine und steril gehaltenen und ebenso eingerichtete Käfige, in denen sich die Ratten nicht aus dem Weg gehen können und es ständig zu Konfrontationen kommt, etwa in Form von Revierstreitigkeiten oder dominantem Verhalten.
In der Natur werden Rattenrudel auch nicht nach Belieben vom Menschen zusammengestellt und es kommt auch niemand, der immer wieder neue und fremde Tiere in ein bestehendes Rattenrevier hineinzwingt.
In der Natur werden rudelfremde Tiere selten bis nie akzeptiert , sondern vertrieben oder getötet!
Und wo bitteschön kommen in der Natur Rudel vor, die nur aus einem Geschlecht bestehen?
Was also soll daran "natürlich" sein, wenn Rattenhalter nur Tiere eines Geschlechtes halten?
Wieso wird diese widernatürliche Haltungsform hingenommen, eine Kastration aber als unnatürlich abgelehnt?
So etwas kommt in der Natur ebenso wenig vor wie Kastraten. Diese Haltungsform wird aber ganz offensichtlich empfohlen und von Kastrationsgegnern als tier- oder gar artgerecht bezeichnet .
Wie kann es also in der Heimtierhaltung "tiergerecht" sein, wenn gedankenlos unkastrierte Böcke in einen Käfig gesperrt werden, die in der Folge ihr Leben lang unter Disharmonie und Dauerstress leiden? DAS kommt in der Natur so nicht vor!
WAS aber in der Heimtierhaltung UNBEDINGT angestrebt werden muss, ist, dass wir Ratten, die in der Regel die meiste Zeit ihres Lebens in Käfigen verbringen müssen, das Zusammenleben mit Artgenossen so harmonisch wie möglich gestaltet sollten. Unzählige Berichte von Rattenhaltern belegen, dass dies in vielen Fällen ohne Kastration eben nicht möglich ist! Ganz sicher ist eine Kastration nicht natürlich, aber ebenso wenig leben Ratten in der Natur in gleichgeschlechtlichen Rudeln und erst Recht nicht bunt zusammengewürfelt in engen Käfigen, wo es keine Möglichkeit zur Flucht gibt, wenn ein Artgenosse sein Revier verteidigt, sein Aggressionsverhalten auslebt und schwächere ständig dominiert. Es drängt sich zudem die Frage auf, wieso kein Aufschrei durch die Menge geht, wenn hunderte von Katern kastriert werden, häufig nur um sie daran zu hindern, dass die Tiere in der ganzen Wohnung ihre übelriechenden Duftmarken hinterlassen.
Wie lässt sich das mit dem Tierschutzgesetz vereinbaren ?