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Das Verhalten bei Ratten im Alltag

Inhaltsverzeichnis:

Allgemeines Verhalten im Alltag

Optimale Rudelgröße ("Crowding")

Rangordnung

Revierstreitigkeiten/Territorialverhalten

Unterwerfung/Abwehrhaltung

Clickern

Bestrafen/Belohnen

Schwanzwedeln

Neophobie

Zähneknirschen/Augenrollen (kullern)

Bissige Ratten

Beißhemmung

Aasfressen/Kannibalismus?

Markieren

"Stinken" Ratten??

Verhalten vor und nach der Kastration

Trauern Ratten, z.B. wenn ein Artgenosse stirbt?

Allgemeines Verhalten im Alltag

Damit sich unsere Ratten richtig wohlfühlen und ein harmonisches Leben im Rudel führen können, ist es enorm wichtig, sich ausreichend über ihr Verhalten zu informieren. Haltungs- und Umwelt/Umfeldbedingungen nehmen erheblichen Einfluss auf das Verhalten und Wohlbefinden unserer Heimtiere. Jeder Rattenhalter kann positives wie negatives Verhalten seiner Ratten beeinflussen, indem er zum Beispiel die Haltungsbedingungen so optimal wie möglich gestaltet. Leider wird dem Verhalten noch immer nicht genügend Beachtung geschenkt, oft mit fatalen Auswirkungen für die Tiere. Die Folgen sind häufig ständige Streitereien im Rudel, nicht selten mit mehr oder minder schweren Bissverletzungen. Ratten, die von Artgenossen fortwährend unterdrückt werden, scheinen keine Ausnahme zu sein, wie mir besorgte Rattenhalter häufig berichten. Oben erwähnte Verhaltensweisen sind weder "normal", noch sollten sie zum Alltag gehören. Sie als kleine Rangeleien zu bezeichnen, ist falsch und unangebracht, denn wie sich meist herausstellt, tragen die Ratten durch derartige Streitigkeiten leider all zu oft Bisswunden davon und alle Tiere in der Gruppe stehen unter Dauerstress. An dieser Stelle werden einige der am häufigsten falsch interpretierten Verhaltensweisen behandelt.

Optimale Rudelgröße?

In der Zeitschrift Rodentia wurde vor geraumer Zeit ein Artikel veröffentlicht, in welchem der Verfasser im Absatz "Die optimale Rudelgröße" auf eine Dissertation von H Oliver Schleif verweist und auf eine " vernünftige Obergrenze einer harmonischen Rattengemeinschaft von etwa fünf Tieren, auch wenn viele Halter größere Rudel halten".

Er schreibt weiter: "Bei einer größeren Anzahl beginnt die Rangordnung aufzuweichen. Das Alphatier verliert den Überblick, so dass es unter Umständen zu Rangordnungskämpfen kommt, die nicht mehr auf die Rudelführung abzielen, sondern auf ein einzelnes Recht.

Der beste Platz am Napf ist dann beispielsweise unabhängig vom sichersten Schlafplatz und wird einzeln ausgefochten. Der Fachbegriff für dieses Phänomen lautet "Crowding-Effekt": Zu viele Tiere in einem Habitat erzeugen Stress mit negativen Folgen für die psychische und physische Gesundheit (SCHLEIF 2001, siehe Kasten)."

Fakt ist:

Der Autor dieses Artikels hat jedoch ganz offensichtlich vergessen zu erwähnen, dass es sich in der von ihm zitierten Publikation um Verhaltensuntersuchungen handelt, die nahezu ausschließlich an Laborratten unter Haltungsbedingungen im Labortierbereich durchgeführt wurden. Zwar gelten gewisse Ergebnisse auch für die Heimtierhaltung, jedoch finden in der Regel und hier im Besonderen dabei in erster Line Haltungsbedingungen Berücksichtigung, die bekanntlich gravierend von der Labortierhaltung abweichen. Experimentelle Untersuchungen an Heimtierratten sind, bzw waren selbst dem wissenschaftlichen Betreuer der Dissertation von H Schleif nicht bekannt!

Wir können davon ausgehen, dass kein Rattenliebhaber eine größere Anzahl an Tieren , bzw. Ratten überhaupt, in winzigen Makrolonkäfigen hält. Zu Crowding kommt es nämlich nur dann, wenn Ratten unter den für Laborratten empfohlenen Mindestabmessungen gehalten werden! Vermutlich verwechselt der Autor dies mit den von ihm erwähnten Rangkämpfen, die jedoch nichts mit Crowding-Effekten zu tun haben.

Die Harmonie in einer Rattengemeinschaft ist in der Heimtierhaltung bei einem entsprechendem Platzangebot nicht von einer bestimmten Zahl an Tieren abhängig. Unter bestimmten Voraussetzungen/Haltungsbedingungen kann es durchaus auch in kleinen Gruppen von 2 bis 5 Tieren zu einer dauerhaften Disharmonie kommen, die sich beispielsweise in immer wieder kehrendem aggressiven Verhalten äußert. In Einzelfällen können auch in der Heimtierhaltung, unabhängig von der Anzahl der Tiere, individuelle Differenzen so groß sein, dass eine bestimmte Gruppenzusammensetzung eben nicht aufrecht erhalten werden kann. Dann ist es sinnvoll, die Ratten in zwei gut verträglichen Gruppen zu halten.

In der Labortierhaltung wird zudem empfohlen, eine einmal gut kompatible Gruppe nicht mehr zu verändern. In der Heimtierhaltung kann es unter Umständen auch in einer bereits länger bestehenden Gemeinschaft (z. B. zwischen Rattenmännchen, wenn sie geschlechtsreif werden), zu immer wieder kehrendem aggressiven Verhalten kommen, was jedoch zusätzlich von einer Vielzahl weiterer Faktoren, wie z. B. Herkunft, Handling, bisher gemachte Erfahrungen einzelner Individuen (z T. bereits vor der Geburt), Geschlecht (kastriert/unkastriert), Haltungsbedingungen (Käfiggröße/Strukturierung), usw. abhängig ist.

Fazit:

Grundvoraussetzungen für die Heimtierhaltung, egal, ob das Rudel nun aus fünf oder mehr Tieren besteht, sind entsprechende Haltungsbedingungen (wie z. B. sehr großer, geräumiger und gut strukturierter Käfig) die jedoch keine Garantie für eine harmonische Gemeinschaft darstellen (etwa wenn Männchen in die Geschlechtsreife kommen). Mit Crowding hat das, wie oben erwähnt, jedoch nichts zu tun. Die Erfahrung zeigt, dass Unverträglichkeiten in der Heimtierhaltung in der Regel sehr häufig dann auftreten, wenn mehrere Böcke in einer Gruppe gehalten werden. Auch die Integration neuer Tiere gestaltet sich hier meist schwierig und gelingt nicht selten gar nicht.

Der Einwand, dass "kleine Reibereien", wie die mehr oder minder stetigen Auseinandersetzungen zwischen Rattenmännchen gerne verharmlost werden, doch völlig "normal" seien, ist Unsinn. Um so bedauerlicher, dass in verschiedenen Rattenforen ebenfalls derart unsinnige Thesen verbreitet werden. In einer gut kompatiblen Gruppe darf es auf keinen Fall immer wieder zu aggressivem Verhalten kommen. Auch wenn sich die Ratten nicht verletzen, ist die stetige Spannung für die Tiere eine unzumutbare Belastung, die dominante, wie subdominante Tiere gleichermaßen betrifft.

Wer also gerne ein "kleines Rattenrudel" halten möchte, ist gut beraten, bei dauerhaft oder immer wieder kehrendem aggressiven Verhalten zwischen Rattenmännchen, diese rechtzeitig kastrieren zu lassen. Nur so kann krankmachender Dauerstress vermieden werden, denn der kann auch in einer kleinen Gruppe von etwa fünf Tieren auftreten!

Rangordnung

Oft werden Streitigkeiten einer Rangordnung zugeordnet. Das Verhalten von Ratten ist viel zu komplex, als dass jede Form der Aggressivität einfach einer "Rangordnung" zuzuordnen wäre. Untersuchungen haben gezeigt, dass es bei Ratten ab einer gewissen Anzahl von Tieren immer weniger Alphas gibt, in den meisten Fällen sogar überhaupt kein Alpha-Tier und in Einzelfällen kann dieser Status immer wieder von Alpha nach Beta hin- und herwechseln. Auch welche Ratte zuerst frisst, ist vom sozialen Zusammenhang abhängig, vom sozialen Gefüge und von vielen anderen Faktoren. Das "ranghöchste" Tier muss nicht immer zuerst fressen, das kann es auch zuletzt tun. Diese oft zitierte Futterrangordnung gibt es nicht. In den Jahren meiner Rattenhaltung gab es in meinen Gruppen niemals ein ausgesprochenes Alpha-Tier (meine Rudel bestanden immer aus mehr als 10 Tieren).

Es wird vermutet, dass es bei der Haltung von weniger als 5 Tieren zu einer stabileren Hierarchie kommt als bei größeren Gruppen. Bei Wildratten ist eine typische Rangordnung nicht zu erkennen. Rangordnungskämpfe sind z. B. meist nur bei der Revierverteidigung zu beobachten (Territorialkämpfe). Wer glaubt, seine Ratten dahingehend beeinflussen zu können, dass bestimmte Tiere die Rudelführung übernehmen, unterliegt einem Irrtum. Als Mensch eine "Alpha"-Ratte zu unterstützen oder zu "fördern", ist unmöglich. Er ist kein Artgenosse und wird als solcher auch nicht vom Rudel aufgenommen, bzw. (an)erkannt! Kritisch kann es zum Beispiel bei (einer gewissen Anzahl ) unkastrierten Böcken werden und/oder wenn immer wieder neue Tiere (unkastriert) hinzukommen, da hier ständig von verschiedenen Individuen die Hierarchie angefochten werden könnte. Dies bedeutet für die Tiere dann ein Leben unter immer wieder kehrender (An)Spannung und Stress. Keinesfalls sollten Ratten unter solchen Haltungsbedingungen leben müssen!

Wie auch wir Menschen haben alle unsere Ratten verschiedenen Charaktere. Menschen im Umgang untereinander gehen im Normalfall auf die verschiedenen Eigenheiten des anderen ein. Wer Ratten hält, muss diese Unterschiede ebenso beachten, um den Ansprüchen eines jeden einzelnen Tieres gerecht werden zu können.

Revierstreitigkeiten/Territorialverhalten

Weitaus häufiger als Rangordnungs- sind "Revierstreitigkeiten" in der Heimtierhaltung. Nicht zuletzt kann dazu auch eine schlecht vorbereitete bzw. durchgeführte Integration beitragen. Bestimmtes Verhalten ist streng an gewisse Orte gebunden, so dass Aggressionen Artgenossen gegenüber in bestimmten Bereichen ablaufen. Außerhalb dieses Areals herrscht ein gewisses Maß an Toleranz. Aggressives Verhalten von Ratten ist auf ein bestimmtes Territorium begrenzt, ihr Haus etwa oder auch der komplette Käfig-Innenbereich. Es kann jedoch mitunter auch umgekehrt sein, nämlich dass eine Ratte ein bestimmtes Areal ihres Freilaufes verteidigt. Einander fremde Ratten sollten daher immer außerhalb ihres vertrauten Areals die Möglichkeit haben, sich kennen zu lernen, damit können Revierstreitigkeiten verhindert werden.

Ratten markieren ihr Revier mit Urin und zwar beide Geschlechter, wobei Harn unkastrierter männlicher Ratten intensiver "riecht". Abgewöhnen kann (und sollte) man ihnen diese Angewohnheit nicht, da sie zu den natürlichen Verhaltensweisen zählt.

Unterwerfung/Abwehrhaltung

Besonders Neulingen unter den Rattenhaltern werden oft haarsträubende Tipps gegeben. Ratten, die sich Artgenossen (oder dem Menschen gegenüber) aggressiv verhalten, sollen vom Rattenhalter auf den Rücken gedreht, mit den Fingern auf den Bauch getrommelt oder gar "bespuckt" werden, um sie auf diese Weise zu "unterwerfen"! Das sollte bitte niemand glauben! Wir haben es hier mit hochentwickelten Säugetieren zu tun, folglich wird die Ratte auch merken, dass ihr Mensch kein "Artgenosse" ist. Er kann sie also wochenlang auf den Rücken zwingen, ohne dass sie eine Verbindung herstellen kann. Sie könnte sich höchstens über den Geisteszustand des Menschen wundern oder aber mit der Zeit verängstigt und gar (noch) bissig(er) werden. Wenn sich eine Ratte bei einer Auseinandersetzung mit Artgenossen auf den Rücken dreht, so ist dies sehr oft eine Abwehrhaltung, also nicht zwingend eine submissive (unterwerfende) Geste. Ein Mensch wird keinesfalls in ein Rattenrudel integriert, als Rudelmitglied eingegliedert oder gar als solches anerkannt! Wir können nicht mit unseren Händen irgendwelche ritualisierte Dinge nachahmen und annehmen, dass diese dann sozusagen rattenspezifisch verstanden werden. Das ist ganz einfach falsch!

Eine Ratte, die sich gegenüber einer anderen dominant verhält, wird kaum begreifen, dass sie sich dieser "unterordnen" soll, wenn ihr Mensch sie auf den Rücken dreht. Wie soll die Ratte denn überhaupt eine Verbindung ihres Verhaltens, vom "Auf- den Rücken-Drehen" durch den Menschen zu ihrem Verhalten der subdominanten gegenüber herstellen? Der Tierhalter kann seiner Ratte zwar "gewisse" Dinge beibringen, das bezieht sich aber nicht auf rattenspezifisches Verhalten im innerartlichen Verkehr. Ein Tier lässt sich nicht durch artfremde Handlungen "erziehen".

Das traurige Ergebnis solcher "Zwangsmaßnahmen" sind unausgeglichene, verängstigte, scheue Ratten oder solche, die unter Umständen aggressiv und bissig bleiben oder werden. Es mag ja durchaus sein, dass eine angriffslustige Ratte, die plötzlich vom Menschen in diese Rückenlage gebracht wird, durch das ungewohnte Handling zunächst irritiert ist. Sie kann aber dieses unnatürliche Verhalten nicht einordnen und wird sich - vom ersten Schreck erholt - bald wieder genauso (aggressiv) verhalten wie vorher. Ratten werden von ihren "Gegnern" nicht auf den Rücken gedreht, das entspricht keiner natürlichen Verhaltensweise, allenfalls legen sie sich von selbst auf den Rücken, oft um ihre Abwehr zum Ausdruck zu bringen.

Hat eine angegriffene Ratte keine Möglichkeit zur Flucht, so wird sie häufig diese Haltung einnehmen, d. h., sie dreht sich auf den Rücken und hat Beine, Arme und Zähne zur Abwehr bereit. Was also sollte es bewirken, wenn der Mensch seine Ratte auf den Rücken dreht, so sie dieses Verhalten normalerweise aus oben genannten Grund doch nur von sich aus und nur Artgenossen gegenüber zeigt. Es liegt also ein Kommunikationsfehler vor. Die Ratte kann nicht wissen, was ihr Mensch von ihr will, wenn sie von ihm auf den Rücken gedreht wird.

Jede Spezies hat ihre eigenen "empfindlichen" Körperregionen, die es zu schützen gilt. Bei der Ratte sind dies z. B. die Flanken und die Analpartie. Durch die "Rückenlage" kann sie häufig Bisse in ihre empfindlichen Körperteile verhindern. Ratten haben eine natürliche Hemmung, ihren Gegner in den Bauch zu beißen.

Ich drehe meine Ratten auch auf den Rücken, aus Spaß, bzw. sie werfen sich beim Spiel selbst herum, z. B. wenn sie nicht schnell genug davonrennen können, oder sich zu sehr bedrängt fühlen. Junge Ratten lernen beispielsweise im Umgang mit ihren Artgenossen spielerisch die verschiedensten Verhaltensweisen, auch das Abwehrverhalten. Wenn Ratten bei diesem Spiel nicht wegrennen, so entspricht dies wiederum dem ihnen von der Natur gegebenen Verhaltensrepertoire. Aus der Rückenlage heraus werden sie ihr weiteres Vorgehen nach dem Verhalten ihres "Gegners" ausrichten. Wollen beide keinen "ernsthaften" Kampf, werden sie sich nach kurzer Zeit voneinander trennen. Das bedeutet nicht, dass die auf dem Rücken liegende Ratte zwingendermaßen die "Unterlegene" sein muss.

Manchmal stellen sich beide Ratten auf die Hinterbeine. Danach folgen die viel zitierten "Boxkämpfe". Das Aufrichten ist keine Abwehrhaltung, sondern kann die Einleitung des Kampfes bedeuten. Wenn zwei gleichstarke Gegner aufeinandertreffen, sind diese im Angriff zunächst gehemmt und können sich einige Zeit mit den Vorderbeinen aneinandergelehnt reglos gegenüberstehen. Der eigentliche Kampf, bei welchem sich die Ratten oft Bisse zufügen, dauert häufig nur Sekunden. Es gibt selbstverständlich noch viele weitere "Kampfspielarten". Wie Ratten im Umgang mit Artgenossen reagieren, hängt auch von den Erfahrungen, die einzelne Tiere bisher ( z. B. mit aggressivem Verhalten) sammeln konnten ab.

Sie spielen eine nicht unwesentliche Rolle und nehmen enorm Einfluss auf das spätere Verhalten. Wie erwähnt, zeigen zum Beispiel Junge von Rattenmüttern, die während der Schwangerschaft oder Stillzeit Stress ausgesetzt waren, im späteren Leben unterschiedliche Verhaltensweisen und reagieren dementsprechend bei einer Integration aggressiv, ängstlich oder passiv, unabhängig von Rudel- und Revierverhalten.

In der Zeitschrift Rodentia erschien vor geraumer Zeit zu oben erwähnten "Ratten-auf-den Rücken-drehen u.a. folgender Artikel (Auszug):

"Beobachtet man eine Zeit lang, wie Ratten miteinander interagieren, fallen zwei Dinge besonders ins Auge:

Die Rückenlage, die ein Tier im Spiel oder am Ende eines Kampfes einnimmt und ein merkwürdig aggressives Putzen mit den Zähnen, bei dem der Geputzte oft kläglich fiept. Beides dient u. a. der Regelung der Rangordnung im Rudel und es hat sich gezeigt, dass diese beiden Verhaltensweisen vom Menschen nachgeahmt werden können...

Eine weitere Möglichkeit der Unterwerfung ist das sogenannte "Wutzeln". Hierbei wird das Tier mit beiden Händen auf dem Rücken liegend gehalten. Die Daumen fixieren das Tier über der Brust oder massieren vorsichtig das Fell.

Da die Kommunikation mit Artgenossen überwiegend erlernt und nicht vererbt ist, akzeptieren Rattenwelpen dieses Verhalten problemlos. Kommen sie dann mit 3 Monaten ins Flegelalter, kann man nötigenfalls die Komponente Zwang mit ins Spiel bringen, indem man Putzen und Wutzeln leicht intensiviert und nur ein klein wenig über den Zeitpunkt hinaus ausdehnt, an dem das Tier zeigt, dass es nicht mehr möchte. Schon sind Zwangsputzen und "-wutzeln" als Geste der Dominanz eingeführt und in vielen Fällen kommt kein aggressives Verhalten gegenüber dem Halter mehr auf".

Tatsache ist:

Zum üblichen Sozialverhalten von Ratten gehört sowohl das Fremdputzen (allogrooming)., als auch das Umwerfen (pinning). Beides hat bei Jungtieren einen spielerischen Charakter mit einem im Laufe der Altersentwicklung zunehmendem aggressiven Einschlag. Ein Rest spielerischen Verhaltens ist aber häufig auch noch in etablierten Gruppen erwachsener Tiere erhalten geblieben. Solche Verhaltensweisen spiegeln zwischen den Ratten einer Gruppe die soziale Stellung eines Tieres wider. Nach Untersuchungen an Zuchtratten tragen diese sozialen Signale zur Stabilität der Gruppe bei und dienen weniger zum Erkämpfen einer Rangposition

Einzeltiere können zwar durchaus innerhalb ihrer genetischen Grenzen während ihrer Entwicklung durch Lernen ihr Verhalten ändern, aber Tatsache ist, dass wichtige Verhaltensweisen, u. a. das Aggressions-, Sexual,- Brutverhalten, wie auch das Sozialverhalten, streng genetisch bestimmt sind, wobei diese spezifischen Verhaltensweise nicht oder nur mit mehr oder minder großen Schwierigkeiten durch Erfahrungen verändert werden (können).

Wenn jetzt der Mensch in solche sozialen Erfahrungen eines Tieres eingreift, so kann er zwar manchmal einzelne Reize simulieren (Zwangsputzen, in Rückenlage zwingen), er wird aber kaum eine Chance haben, das komplexe Gefüge einer sozialen Einordnung zu simulieren. Selbst wenn es theoretisch möglich wäre, von einer Ratte als eine Art "Riesenratte" angesehen zu werden, was jedoch mehr als zweifelhaft ist!, würde es einem Menschen niemals gelingen, sich in dem komplexen Gefüge sozialer Reize adäquat als dominantes Tier darzustellen. Dazu reicht es eben nicht (auch als Ratte nicht), den anderen umzuwerfen und zwangszukraulen.

Mit einem Hau-Ruckverfahren wie "Wutzeln" ( siehe oben) kann man soziale Positionen sicher nicht ändern. Menschen können sich anstrengen wie sie wollen, sie werden wohl nie als Ratten anerkannt werden. Das bedeutet nicht, dass keine Einflüsse auf die Individualentwicklung einer Ratte möglich sind. Versuche zeigten, dass zum Beispiel durch Spielentzug (etwa durch Einzelhaltung) spätere Persönlichkeitsstörungen verursacht werden. Dabei spielt der Mensch aber eben keine Rolle als Sozialpartner, sondern als Störfaktor.

Um so bedauerlicher ist, dass selbst von namhaften Nagerzeitschriften und mitunter auch diversen Rattenforen unerfahrenen Rattenhaltern suggeriert wird, sie würden vielleicht durch noch so dubiose Handlungen ihren Ratten problemlos irgendwelche genetisch festgelegte Verhaltensweisen ab-, bzw. ein anderes Verhalten angewöhnen können.

Zwar sind letztlich nur Experimente unter standardisierten und kontrollierten Haltungs- und Laborbedingungen in der Lage, Aufschluss über Ursache und Wirkung, Grundlage und vielleicht sogar Zweck bestimmter Verhaltensweisen zu geben, doch nicht alle Ergebnisse aus der Labortierforschung können so ohne weiteres auf den Heimtierbereich, nicht zuletzt wegen der dort vorhandenen Haltungsbedingungen, übertragen werden (wie z. B. Crowding).

Leider sind wissenschaftliche Untersuchungen an Ratten in der Heimtierhaltung bislang nicht bekannt, dies sollte aber nicht dazu führen, dass durch absurde Darstellungen dem Rattenhalter, der sich zu Hause um zahme Farbratten kümmert, ein völlig artwidriges Vorgehen ("Zwangswutzeln') im Umgang mit seinen "Haustieren“ empfohlen wird. Letztendlich verhindert dies nur, dass Rattenhalter das Verhalten ihrer Ratten richtig deuten und so nicht in der Lage sind, ihre Tiere wirklich zu verstehen.

Clickern

Was ist Clickern?

Worum es im Clickertraining geht, soll hier nur grob umrissen werden (Fallbeispiel Hund). Wer sich dafür interessiert, wird sich sicher bereits anderweitig darüber informiert haben. Mir geht es hier nur darum, vom Clickern bei Ratten abzuraten.

Im ersten Schritt wird der Hund mit einem sogenannten "konditionierten Bestärker" vertraut gemacht. Er wird lernen, dass ein bestimmtes Geräusch eine Belohnung ankündigt. Dieser "Bestärker" soll es ermöglichen, das Verhalten eines Hundes sehr viel präziser und genauer belohnen zu können. Verhalten wird also bestärkt, Verhalten, das dem Hundehalter gefällt, das er trainieren möchte, von dem er sich wünscht, daß es der Hund öfter zeigt, in vielen Fällen wird es der Hundehalter mit einem Hör- oder Sichtzeichen verknüpfen, dem "Kommando".

Unerwünschtes Verhalten wird zunächst weitgehend ignoriert, wo immer das möglich ist. Es wird nicht "bestraft", lediglich nicht bestärkt, in manchen Fällen auch einfach verhindert. Der Halter nimmt sich zunächst sehr zurück beim Training, läßt das Tier durch Versuch und Irrtum erfolgreiches Verhalten selbstständig herausfinden, ohne allzu viele Hinweise oder Hilfen zu erhalten. Das Verhalten wird in kleinen Schritten bis zur gewünschten "Perfektion" geformt, Ablenkungen und wechselnde Umgebung allmählich eingeführt.

Können, oder vielmehr sollten Ratten mittels Clickertraining "erzogen" werden?

Nein, auf keinen Fall!

Clickertraining ist absolut nicht erstrebenswert und es ist unbedingt davon abzuraten! Eine Tier"erziehung", die die artspezifischen Kommunikationswege des Tieres völlig außen vor lassen, das jeweilige Tier nicht mit Freude reagieren läßt, ist falsch!

Leider waren Ratten _die_ Probanden gewesen, an welchen B.F.Skinner in den 20er Jahren experimentierte und die operante und klassische Konditionierung erprobte. Zwar handelte es sich damals nicht um Clickertraining, sondern den Ratten wurden mit Elektroreizen zum Teil ganze Bewegungsfolgen durch positive und negative Verstärkung beigebracht. Dem Sozialverhalten von Ratten und ihrem Naturell ist diese Art der Kommunikation völlig fremd, so verständigen sich weder Ratten noch Hunde oder andere Tiere untereinander.

Clickern ist eine ganz arme Art der Kommunikation. Wir können eine wesentlich engere Bindung zu dem Tier bekommen, wenn wir ganz speziell über unser Ausdrucksverhalten kommunizieren, indem wir z. B. unsere Stimme, unsere Gestik, etc. einsetzen.

"Clickern ist nicht tiergerecht und hat nichts mit dem sozialen Repertoire von Ratten zu tun. Clickern ist für keine Tierart geeignet." (Zitat eines renommierten Verhaltensforschers).

Bestrafen/Belohnen

Ratten am Nackenfell schütteln, wie beispielsweise Hunde dies tun, wenn sie ihre Welpen erziehen, ist bei Ratten nur bedingt als "Erziehungsmaßnahme" geeignet, da es bei dieser Spezies keinem natürlichen Reflex entspricht. Unter Umständen könnte die ungewohnte Form des Handlings in Verbindung mit einem entsprechenden Tonfall (anschreien) der Ratte zeigen, dass etwas "Besonderes" vorgefallen ist (und zwar im negativen Sinn). Es ist durchaus richtig und ab und zu gewiss notwendig, Ratten auf die eine oder andere Weise zu zeigen, dass man mit ihrer Tat nicht einverstanden ist. Man kann es mit einem (ganz leichten) Klaps auf die Nase oder mit ebenso leichtem Schütteln am Nackenfell versuchen. Jedoch muss dies, wie auch bei Hunden, während oder unmittelbar nach der verbotenen Handlung geschehen, da die Ratte sonst keinerlei Verbindung zwischen vollführter Tat und "Bestrafung" herstellen kann und die Prozedur somit absolut keinen Wert hat.

Wird z. B. Bestrafung auf das Schütteln am Nackenfell übertragen, so wird die Ratte ja nur bestraft, wenn sie erwischt wird. Die Lehre, die sie daraus zieht könnte sein, nur noch dann etwas "verbotenes" zu tun, wie etwa Pflanzen ausgraben,an Kabeln nagen, wenn niemand es sieht. Zudem könnte es durchaus sein, dass dieses spezielle Tier das Schütteln gar nicht als Strafe empfindet!

Das Lernen von kleinen Tricks ist beispielsweise erreichbar durch Belohnung mit kleinen Leckerbissen und viel Streicheleinheiten. Bestrafung sollte nur zum Verhindern von Unerlaubtem eingesetzt werden (negative Belohnung). Wie lange ein Trick oder das Verhindern von bestimmtem Verhalten anhält, hängt vom Anreiz (negativ oder positiv) ab. Wenn die Ratte nach einem Trick immer eine Belohnung bekommt, wird sie ihn auch dann noch ausführen, wenn sie nichts mehr bekommt. Allerdings wird sie nach einer gewissen Zeit ohne Belohnung damit aufhören. Den gleichen Effekt erreicht man mit Bestrafung. Wenn eine Ratte jedes Mal, wenn sie z. B. an einem Kabel nagt, sofort eine Bestrafung erfährt, wird sie (zunächst) damit aufhören. Nagt sie besonders gerne an Kabeln, wird sie es später ganz sicher erneut probieren und weitermachen, wenn eine Bestrafung ausbleibt.

Strafe scheint ein sehr starker Stimulus zu sein. Futter als Belohnung auch, jedoch nur wenn die Tiere hungrig sind (im Versuch wird dies dadurch erreicht, dass die Tiere auf Diät gesetzt werden).

In der Heimtierhaltung ist dies jedoch weder notwendig noch empfehlenswert!

Schwanzwedeln

Aufmerksame Rattenhalter können hin und wieder beobachten, dass ihre Ratten in gewissen Situationen mit dem Schwanz wedeln. Dieses "Wedeln" ist jedoch kein Hin- und Herwedeln, wie wir es etwa bei Hunden kennen, sondern vielmehr ein Zittern des Schwanzes ( mehr auf und ab). Die Tiere bringen damit eine gewisse Unsicherheit (Angst/Unmut//Missfallen) zum Ausdruck.Die Umschreibung "beschwichtigende Geste" ist mitunter noch zutreffender.

Es bedeutet, dass die Ratte dem, der sich ihr naehert, signalisieren moechte, dass sie z. B. Angst hat(dieses Verhalten zeigen häufig nur aengstliche Ratten). Die schwanzzitternde Ratte sitzt dabei meist still und bewegt sich kaum waehrend der Begegnung/Beruehrung. Ratten reagieren neben anderen Signalen mit Schwanzzittern auch auf Zudringlichkeiten von Artgenossen, oder von Menschen, die von ihnen als "bedrohlich" oder auch ganz einfach als "unangenehm" empfunden werden. Vermenschlicht ausgedrückt wollen sie damit etwa sagen "lass mich in Ruhe, ich mag das (jetzt) nicht leiden, es ist mir unangenehm oder ich habe Angst"!

Dieses Verhalten zeigen Ratten mitunter auch, wenn sie vom Menschen gestreichelt werden. In diesem Zusammenhang ist das Schwanzzittern kein Anzeichen für Wohlbefinden, sondern eher als aufgeregtes oder ängstliches "Dulden" zu deuten.

Das Schwanzzittern ist keine seltene Form der Kommunikation von Ratten.

Wir wissen, dass auch Tiere träumen. Sicher konnte der eine oder andere bei seinen Ratten, Hunden oder Katzen schon beobachten, wie sie im Traum ihre Gliedmaßen bewegen, so als würden sie laufen, mit dem Schwanz und den Ohren wackeln, usw. Viele geben auch Laute von sich. So können Ratten durchaus auch im Schlaf mit dem Schwanz "wedeln".

Neophobie

Ratten (und anderen Nagern) ist ein Verhalten zu Eigen, das man Neophobie nennt. Das bedeutet, dass Tiere eine gewisse Furcht gegenüber allem Neuen zeigen, was sich auf die Futteraufnahme ebenso wie auf ihnen unbekanntes Gebiet oder Gegenstände, die sie noch nicht kennen, bezieht. Ratten werden also ein ihnen fremdes Areal zunächst meiden, nur ungern betreten, bzw. sehr vorsichtig auskundschaften. Nahrung, die sie kennen, werden sie immer Unbekanntem vorziehen. In der Natur markieren Ratten ihnen verdächtige Nahrung häufig mir Urin, dadurch werden Rudelmitglieder gewarnt, davon zu fressen. Als "Gewohnheitstier" benutzt sie zudem ihr bekannte Wege immer wieder, diese werden mit Harn markiert und deshalb von anderen Rudelmitgliedern erkannt.

Zähneknirschen/Augenrollen
(kullern)

Durch das "Aneinanderreiben“ der oberen und unteren Schneidezähne werden diese immer wieder abgeschliffen und damit kurz gehalten. Oft tun Ratten dies in entspannter Körperhaltung. Manchmal rollen sie gleichzeitig mit den Augäpfeln, die dabei mitunter geringfügig aus den Augenhöhlen hervortreten. Es ist fragwürdig, ob dafür allein der Verlauf, bzw. die Anordnung der Kaumuskulatur verantwortlich ist, denn wenn das so wäre, dann müssten Ratten beim Fressen immer mit den Augen rollen/kullern. Es muss also ein Vorgang sein, den die Ratte bewusst beeinflussen kann. Artgenossen gegenüber wird das Zähnewetzen auch als Drohgebärde eingesetzt.

Bissige Ratten

Jede Ratte hat ihren eigenen, individuellen Charakter und sehr viele verschiedene Faktoren nehmen Einfluss auf das Verhalten. Nicht-artgerechte Haltung, Unterbringung/ Umfeld und vieles mehr kann dazu führen, dass Ratten bissig werden können. Ratten, die ihre Angst vor dem Menschen noch nicht verloren haben, zumeist neu erworbene Tiere, versuchen oft den vermeintlichen Feind mit Bissen aus ihrem Revier zu vertreiben. Greift der Rattenhalter in den Käfig und werden die Tiere zudem noch aus dem Schlaf geschreckt, bleibt es oft nicht aus, dass sie meinen, sich verteidigen zu müssen und antworten darauf mit Bissen.

Auch verletzte oder kranke Ratten, die zum Beispiel beim Hochheben Schmerz empfinden, können mit einem Biss reagieren, oder aber ein neu erstandenes Weibchen ist möglicherweise trächtig und fühlt sich durch die Berührung des ihr noch fremden Menschen bedroht. Viele neue Eindrücke und Veränderungen können dazu führen, dass ein Tier in einer solchen Situation zubeißt. Es gibt zudem nicht wenige relativ ängstliche und bereits vorgeschädigte Ratten, bei welchen falsches Handling gravierende Folgen haben kann.

Aus dem Wildtyp wurden bestimmte Stämme herausgezüchtet, aus denen mitunter besonders liebevolle Tiere, aus anderen wiederum sehr ängstliche, nervöse oder zu aggressivem Verhalten neigende Ratten hervorgehen.

Wenn z. B. ein Tier niemals Grund hatte, aggressiv zu sein, kann durch entsprechendes Handling dieses angeborene Verhalten völlig ruhig gestellt werden. Ein Rattenhalter kann im Normalfall kaum herausfinden, welchen Ursprungs seine Ratte ist, die er im Zooladen, im Tierheim oder aus privater Zucht erwirbt.

Selbst Züchter können die Herkunft ihrer Zuchttiere meist nicht entsprechend weit zurückverfolgen, als dass man auf ihre (genetisch festgelegte) Veranlagung und die damit verbundenen Charaktereigenschaften schließen könnte. Welche Wesenszüge bei einzelnen Tieren besonders ausgeprägt sind, lässt sich beim Kauf also nicht, bzw. nur sehr vage (durch Beobachtung) vorhersagen. Die Gene sind für das Verhalten mitverantwortlich, man geht jedoch davon aus, dass (bestimmte) Verhaltensweisen etwa zu 50 % angeboren und zu 50 % erworben sind.

Geraten vorgeschädigte oder schlecht veranlagte Ratten in Anfängerhände, so sind bereits ungünstige Voraussetzungen gegeben, weil ein Neuling zu wenig, bisweilen keinerlei Erfahrung im Umgang mit (schwierigen) Ratten hat und so auch eventuelles (Fehl-)Verhalten nicht richtig deuten und demzufolge nicht entsprechend auf das einzelne Tier einwirken kann. Es wird ihm mangels Wissen schwer fallen, negative Eigenschaften einer Ratte durch entsprechendes Handling zu unterdrücken. Mit ähnlichen Folgen ist zu rechnen, wenn völlig unbelastete Tiere in unbedarfte Hände neuer "Ratteneltern" gelangen.

Werden durch Unwissenheit in den ersten Tagen gravierende Fehler gemacht, ist der Grundstein für (auch späteres) Fehlverhalten der Tiere gelegt.

Umgekehrt ist es weitaus einfacher. Erfahrene Rattenhalter wissen meist, wie sie mit einem "schwierigen" (und/oder aggressivem) Tier umgehen müssen, haben gelernt, die Signale richtig zu deuten. Um so einfacher ist es für sie auch, die guten Eigenschaften von Jungtieren zu fördern, hingegen die schlechten zu unterdrücken. Schwierig für Neulinge ist es auch, aus der inzwischen unglaublichen Informationsflut für sie und ihre Tiere geeignete Tipps herauszufinden, um mit entsprechendem Handling aus ihren Ratten liebenswerte und anhängliche Hausgenossen zu formen.

Keine Ratte ist einfach grundlos "bissig". Entweder hat sie schlechte Erfahrungen gesammelt (falsche Haltung), ist krank, oder ihr Mensch hat gleich zu Beginn (unbeabsichtigt) Fehler im Umgang mit den kleinen Pelznasen gemacht. Wie sich Ratten verhalten, ist nicht selten das Ergebnis dessen, was der Mensch aus ihnen gemacht hat! Was zu tun ist, wenn eine Ratte beißt, bzw. wie der Pfleger verhindern kann, dass ein Tier überhaupt erst bissig wird, ist im Kapitel "Neue Ratten eingewöhnen" ausführlich beschrieben.

Da Ratten besonders scharfe Zähne haben, bleibt dem Rattenhalter anfangs häufig nichts anderes übrig, als das bissige Tier mit (nicht zu dicken) Handschuhen herauszunehmen und beruhigend mit leiser Stimme mit ihm zu reden. Die Handschuhe können vorher mit im Käfig befindlicher Einstreu, die dem Tier durch den Geruch vertraut ist, eingerieben werden, so dass ihnen kein fremder Geruch anhaftet und die Ratte zusätzlich verängstigen.

Das Aufnehmen einer bissigen Ratte sollte mit einem beherzten und nicht zu zaghaftem Griff mit beiden Händen erfolgen, um das Tier leicht zu fixieren, denn die scharfen Rattenzähne durchdringen mitunter auch dickere Handschuhe, die wiederum weniger geeignet sind, da das nötige Feingefühl durch den dicken Stoff verloren geht. Diese Prozedur ist täglich mehrmals, soweit möglich immer zur selben Stunde, konsequent zu wiederholen. Sobald die Angriffslust der Ratte nachlässt, kann der Pfleger versuchen, sie mit bloßen Händen aus dem Käfig zu nehmen. Wichtig ist ein regelmäßiger Ablauf, damit sich das Tier darauf einstellen kann.

Die Hände vorher waschen! Sie sollten auf keinen Fall nach anderen Tieren/ Ratten oder Nahrungsmitteln riechen.

Wer sich noch nicht ganz sicher ist, kann seine Hände evtl. vorher mit Einstreu aus dem Käfig der bissigen Ratte einreiben, der Eigengeruch des Pflegers dringt dann langsam durch und das Tier wird nicht unvermittelt mit dem ungewohntem Duft konfrontiert. Ohnehin ist Vorsicht geboten, neuen Ratten mit ungewaschenen Händen zu begegnen. Haftet der Duft von Essbarem an der Haut, so wird manches Tier versucht sein, hinein zu beißen. Es könnte ja etwas Wohlschmeckendes dahinter stecken. Gut eingewöhnte Ratten testen dies sehr vorsichtig aus. Sie bemerken schnell ihren Irrtum und es fließt dabei auch kein Blut. Neue/fremde Ratten können jedoch auch unvermittelt zubeißen, wobei jedoch Angst und Verteidigung des Reviers den Ausschlag geben.

Es ist daher nicht ratsam, noch nicht auf ihren Menschen geprägten Ratten den Finger vor die Nase zu halten, der Handrücken eignet sich besser zur ersten Geruchsaufnahme und bietet weniger Angriffsfläche zum Hineinbeißen. Zunächst gilt es jedoch herauszufinden, warum und bei welcher Gelegenheit eine Ratte überhaupt beißt, deshalb ist eine "Verhaltensanalyse" unerlässlich.

Ich möchte hier einen häufigen Grund, warum Ratten beißen, bzw. bissig werden, nicht unerwähnt lassen.

In der Regel bringen Rattenhalter ihre neuen Ratten gleich nach der Ankunft in ihrem (großen) Käfig unter (wie im Kapitel neue Ratten eingewöhnen beschrieben, ist dies jedoch nicht empfehlenswert). Die Tiere hatten noch keine Gelegenheit, ihren Pfleger ausreichend kennen zu lernen. Er greift in den Käfig hinein, um seine Ratten herauszunehmen, oder hält die Hand zum Geruchskontakt vor ihre Nase (während sich die Ratte im Käfig oder sogar in ihrem Haus aufhält).

Häufig passiert dann folgendes: Die meist noch ängstliche Ratte fühlt sich durch den "vermeintlichen" Feind in ihrem Revier bedroht. Es bleibt ihr dann keine andere Wahl, als den "Angreifer" mit einem Biss zu vertreiben, was ihr auch oft gelingt, denn die "normale" Reaktion jedes Menschen wird sein, dass er sofort erschreckt seine Hand aus dem Käfig zieht, nicht selten mit einer mehr oder minder blutenden Wunde, die ihm die scharfen und spitzen Zähne des neuen Familienmitgliedes zugefügt haben.

Falsch wäre es, die Ratte jetzt erst einmal in Ruhe zu lassen, denn so hätte sie ein Erfolgserlebnis und wird sich beim nächsten Mal genauso verhalten. Es ist ratsam, kurz nach dem Vorfall das Tier aus dem Käfig zu nehmen, mit beiden Händen einige Sekunden festzuhalten, beruhigend mir ihm zu sprechen und danach wieder in seinen Käfig zurückzusetzen. Im Käfig kann auch ein kleiner Leckerbissen gereicht werden, sofern er angenommen wird. Und bitte keine Angst! Wenn eine Ratte Nahrung aus der Hand des Menschen entgegennimmt, hat dies nichts mit dominanten Verhalten dem Pfleger gegenüber zu tun, sondern ist vielmehr ein Vertrauensbeweis, denn eine scheue, ängstliche Ratte wird zunächst keine Nahrung aus den Händen annehmen.

Versucht sie beim wiederholten Herausnehmen erneut zu beißen, dann bleibt nur die Möglichkeit wie oben erwähnt vorzugehen und mit Handschuhen zu arbeiten. Vorsichtiges "Zwicken“, ohne dass dabei Blut fließt, darf nicht mit Beißen verwechselt werden. Es kann jedoch bereits eine gewisse Abwehr ausdrücken. Meist hat es aber harmlose Hintergründe und sollte nicht mit aggressivem Verhalten gleichgesetzt werden.

Jede Ratte reagiert individuell auf ihre Umwelt, Artgenossen und Menschen und kommt mit ihren bisher gemachten Erfahrungen unterschiedlich zurecht. Deshalb gibt es kein "Patentrezept", einer Ratte das Beißen abzugewöhnen. Jeder Einzelfall muss genau analysiert werden, um eine Lösung für genau dieses Problemtier zu finden. Oft müssen die Haltungsbedingungen, Umfeld und Handling grundlegend geändert werden.

Beißhemmung?

Ratten können zum Beispiel ihr Beißvermögen ganz gezielt einsetzen. Man kann in diesem Fall sogar eine generelle Regel aufstellen: Je gefährlicher die potentiellen Angriffswerkzeuge (Zähne, Klauen, Hörner etc.) sind und je ausgeprägter das Sozialverhalten der betreffenden Tierart ist, umso stärker wird der Einsatz dieser 'Waffen' moduliert (=verändert). Das reicht vom spielerischen Umgang bis zum Kampf um Leben und Tod. Die große Spanne zeigt sich bei Ratten wie übrigens auch bei Hunden im Drohverhalten, bei dem auf der unteren Stufe dem Opponenten (=Gegner) die Zähne gezeigt werden, eine Stufe höher wird kurz zugeschnappt und schnell wieder losgelassen. Bei Rangauseinandersetzungen wird dann zugebissen und der Gegner gezerrt, ohne dass es aber zu mehr als Kratzwunden kommt.

Ziel ist es hier, sich zu behaupten, nicht aber den Kontrahenten ernstlich zu verletzen.

Beim Kampf mit einem Eindringling oder einer Selbstverteidigung in einer lebensbedrohlichen Situation ist das anders. Hier wird mit aller Gewalt zugebissen, um dem Gegner soviel Schaden wie möglich zuzufügen. Falls es sich um einen Kampf unter Artgenossen handelt, kann in der Regel die Intensität der Auseinandersetzung und damit auch die Bißstärke wieder heruntergefahren werden, so dass ein Beschädigungskampf sogar wieder in einen 'Comment'-Kampf übergehen kann (ein Comment-Kampf zielt nicht auf eine Beschädigung des Gegners ab, sondern soll nur dem Kräftemessen dienen).

Interessanterweise ist diese starke Modulationsfähigkeit in einem Fall eingeschränkt:

Wenn Rattenmütter ein fremdes Männchen bemerken, welches sich ihrem Wurf nähert, so kommt es zur sogenannten 'maternal aggression'. Hier scheinen Beißhemmung und Modulation der Bißstärke ausgeschaltet, Aggression und Beißverhalten sind ungebremst. Die angegriffenen Männchen haben unter diesen Umständen keine Chance außer einer schnellen Flucht. Aber dieser Fall ist (bei einigermaßen normalen Ratten) die Ausnahme. Es gibt allerdings Fälle, wo infolge von Züchtung Verhaltensänderungen auftreten, die auch das Beißverhalten der Tiere betreffen können. Das ist bei Hunden bekannt und ähnliches wurde mir auch bei Ratten beschrieben.

Sehr interessant finde ich, dass es bei Ratten (wie das z.B. auch bei Hunden oder anderen Tieren bekannt ist), geschlechtsspezifische Vorliebe oder Abneigung zu Menschen prinzipiell geben kann, wobei es natürlich auf den Einzelfall ankommt.

Grundsätzlich spielen (mindestens) vier Faktoren eine Rolle:

(1) Das Tier (Ratte oder Hund) macht mit bestimmten Personen gute oder weniger gute Erfahrungen. Es assoziiert jetzt diese Erfahrungen mit Reizen, die von den Personen ausgehen.

(2) Für die Makrosmaten Ratte und Hund ist der Geruch einer der wesentlichsten Reize, viel wichtiger als z.B. der Gesichtssinn. Männer und Frauen unterscheiden sich in ihrem Geruch für eine Ratte viel stärker als für uns (obwohl auch wir das schon wahrnehmen können).

(3) Das Bewegungsmuster der Menschen ist individuell unterschiedlich. Der eine macht kleine, ruckartige Bewegungen (was Ratten nicht sehr schätzen), der andere zeigt gleitende, weiche Bewegungen, ein dritter zappelt herum.

Wichtig ist vor allem wie man sich dem Tier nähert. Ratten können bei bestimmten Menschen starke Aversionen entwickeln. Hier kann es Unterschiede auch zwischen den beiden (Menschen)-Geschlechtern geben, wenn auch sicher nicht durchgängig.

Die Erfahrung zeigt aber, dass Ratten in ihrem Verhalten Menschen gegenüber in starkem Maße solche menschlichen Eigenschaften berücksichtigten.

(4) Ratten sind ebenso wie Hunde in der Lage, einzelne Menschen zu unterscheiden und diesen gegenüber Zuneigung, Abneigung oder Angst zu entwickeln.

Dabei kann es auch zu einer Art 'Generalisierung' kommen, also einer Verallgemeinerung auf andere Personen. Das Geschlecht kann dabei eine Rolle spielen, aber auch andere Reize wie z.B. Kleidung, Lautgebung u.a.

Wesensunterschiede gibt es bei Ratten, Hunden und Menschen in sehr ähnlicher Weise. Teilweise sind diese genetisch bedingt, teilweise aber auch das Produkt von Erfahrungen, vor allem Erfahrungen aus kindlicher Zeit und der Adoleszenz (=Übergangsstadium von der Kindheit zum Erwachsensein).

Aasfressen/Kannibalismus

In der Natur kommt es vor, dass Ratten häufig tote Artgenossen anfressen (Kannibalismus bedeutet das Fressen von Artgenossen - nicht unbedingt der eigenen Jungen). Dies geschieht schon nach sehr kurzer Zeit. Dennoch wird dies im Heimtierbereich kaum oder nur sehr selten vorkommen. Ganz einfach deshalb, weil der Rattenhalter in der Regel sehr schnell feststellen wird, wenn ein Tier verendet ist. Dies sollte er dann auch gleich aus dem Käfig nehmen.

Als Ursache vermutet man verschiedene Gründe. So können zum Beispiel Kadaver im Nest eine Quelle von Infektionen sein, deshalb werden in der Regel auch tote Jungtiere von der Mutter gefressen (Kronismus), um das Nest sauber zu halten. Dazu kommt, dass tote Tiere eine ausgezeichnete Nahrungsquelle sind. Ratten sind Allesfresser und da sie keine Jäger sind, fressen sie Fleisch immer nur als Aas. Dabei kommt es nicht darauf an, ob dies andere Tiere, Artgenossen oder gar Familienmitglieder sind.

Ratten sind eben keine Menschen.

Berichten von Rattenhaltern, denen zufolge plötzlich eine tote Ratte im Käfig lag, die von den anderen an- bzw. teilweise aufgefressen wurde und vermutet wird, dass das Tier evtl. von den Artgenossen getötet wurde, möchte ich widersprechen.

Es ist es kaum vorstellbar, dass eine Ratte von anderen, ihr bekannten Tieren, tot gebissen wird. In einem gut sozialisiertem und harmonisch lebenden Rattenrudel, würde kein Tier ein anderes "einfach so "plötzlich" _töten_. Wenn jedoch Ratten gemeinsam mit neuen Tieren in einem Käfig untergebracht werden und vorher noch nicht ausreichend aneinander gewöhnt wurden, d. h., eine Integration nicht erfolgreich abgeschlossen wurde, kann es unter Umständen zu Kämpfen mit Bisswunden kommen.

Eine erwachsene Ratte kann ein Jungtier durch einen Biss, der durch einen unglücklichen Zufall in die Halsschlagader erfolgt, durchaus töten. Deshalb sollten neu integrierte Ratten, vor allem, wenn es sich noch um sehr junge Ratten handelt, in den ersten Tagen nach der gemeinsamen Unterbringung in einem Käfig auf keinen Fall ohne Aufsicht sein!!

Vertragen sich die Tiere (noch) nicht optimal ist es sicherer bei längerer Abwesenheit die Ratten zu trennen, bzw. die Integration noch einmal aufzurollen! Zudem ist oft schwer festzustellen, woran genau ein Tier gestorben ist, insbesondere wenn das Tier vorher nicht krank gewesen ist. Ratten sind keine Raubtiere und packen sich nicht gegenseitig am Hals und beißen die Halsschlagader durch. Es müsste ein heftiger Kampf stattgefunden haben und das tote Tier (und vermutlich auch die überlebenden Tiere) würden mit Bisswunden übersäht sein. Ratten sind Allesfresser und obwohl sie sich in der Regel pflanzlich ernähren, fressen sie auch Aas, wenn es vorhanden ist. Sie sind keine Jäger, d.h. sie töten keine Tiere um sie zu fressen. Sie fressen nur Tiere die bereits tot sind.

Bei den berichteten Fällen liegt die Vermutung nahe, dass die eine Ratte starb und der/ die anderen daraufhin begannen, den toten Körper aufzufressen. Aus der Laborhaltung wird das berichtet und häufig bei Mäusen beobachtet.

Der Unterschädel und die restlichen Knochen werden in der Regel nicht gefressen, die Schädeldecke über dem Gehirn ist jedoch sehr dünn, stellt daher kein Problem dar, vor allem da das Gehirn und die Augen besonders beliebt sind. Aus menschlicher Sicht ist dies ein sehr abstoßendes Verhalten, aber für die Ratte ist es aus zwei Gründen sehr wichtig:

1) In der Wildbahn ist Futter das wichtigste. Eine tote Ratte ist eine Quelle hochwertiger Nahrung (sh. oben) und es ware nicht im Überlebensinteresse der Ratte, diese Nahrungsquelle einfach zu ignorieren.

2) Wenn sich ein toter Körper zersetzt, können krankmachende Bakterien entstehen und das kann die Gesundheit der lebenden Ratten gefährden.

Meist finden die Halter keine oder kaum Blutspuren, was darauf zurückzuführen ist, dass Ratten sehr saubere Tiere sind und mögliche Blutspuren sofort wegputzen. Zudem war die Ratte vermutlich bereits schon so lange tot, dass alles Blut im Körper bereits geronnen war ( Blut gerinnt in weniger als 30 Minuten).

Markieren

Die Beziehung von Ratten (sowohl Wildratten als auch gezüchteter Stämme) zu ihren Ausscheidungen ist etwas komplizierter als bei uns Menschen. Bei uns sind Urin und Kot generell "eklig" und werden entsprechend behandelt. Das ist biologisch gesehen auch sinnvoll, da auf diese Weise Infektionen (Coli-Bakterien, Cholera, Typhus etc.) vermieden werden. Bei Ratten gibt es zwar auch hier ein gewisses Infektionsrisiko, wenn z.B. Wasser durch Kot verschmutzt wird, (das sollte deshalb in aller Regel vermieden werden), aber wir wissen, dass Ratten ihren Kot fressen (Koprophagie).

Eine derartige Bedeutung hat Rattenurin zwar nicht, aber er dient als sehr wichtiges soziales Signal. Mit ihm zeigt die Ratte nicht nur an, welcher Kolonie sie angehört ("Stallgeruch"), sie setzt auch individuelle Signale für ihre Artgenossen. Zum einen bedeutet ein Uringeruch also "vertraut" oder "fremd", zum andern kann er aber auch anzeigen "ich habe Angst" oder "ich bin hier der Chef".

In einer neutral riechenden Umgebung fühlen sich die meisten Ratten unsicher und gestresst. Erst ein entsprechender Uringeruch vermittelt das Gefühl von Vertrautsein. Wenn zum Beispiel zu wissenschaftlichen Zwecken das Verhalten von Ratten in Testsituationen gemessen wird, ist man im Labor bemüht, die Testanordnung vorher durch andere Ratten mit Harn zu "präparieren“ und den Geruch möglichst gleichmäßig überall zu verteilen.

Für Ratten mit ihrem hochentwickelten Geruchssinn (wissenschaftlich als "Makrosmaten" bezeichnet, wir Menschen sind dagegen "Mikrosmaten") ist der Geruchssinn viel wichtiger als der Gesichtssinn. Urinmarkierungen, und zwar durchaus nicht nur ein paar Tröpfchen wie irrtümlich häufig angenommen, tragen entscheidend dazu bei, dass sich Ratten ihren Lebensraum vertraut und einschätzbar gestalten. Das gilt für Wildratten genauso wie für "Farbratten".

Damit sich Ratten also in ihrer Umgebung auch wirklich sicher und geborgen fühlen, ist es unbedingt ratsam, den Boden mit einer dicken Schicht Einstreu zu bedecken und bei Bedarf (aus hygienischen Gründen) nur die stark frequentieren Stellen zu reinigen. So bleibt für die feinen Nasen unserer Ratten der artspezifische Geruch im direkten Wohnbereich entsprechend erhalten und es entsteht trotzdem kein unangenehmer Geruch für die menschlichen Nasen.

Aus oben erwähnten Gründen ist außerdem davon abzuraten, den Käfig mit irgendwelchen Desinfektions- oder sonstigen Mitteln zu reinigen. Wird dick genug eingestreut, muss der Käfig nur in größeren Abständen komplett gereinigt werden und dann reicht Wasser, notfalls eine milde Seifenlauge. Beim Kot ist es etwas anders. Wildratten und auch die meisten Farbratten haben in der Regel bevorzugte Orte, an denen der Kot abgelegt wird. Möglicherweise hat das ganz einfach infektionshygienische Gründe. Das heißt nicht, dass nicht auch Rattenköddel an anderer Stelle auftauchen und schließlich wird ja ein Teil der Kotballen wieder gefressen.

Mit dem menschlichen Ideal der Reinlichkeit hat das natürlich nicht viel zu tun. Was die Reinlichkeit von Ratten insgesamt betrachtet angeht, so hängt diese weitaus stärker mit der Körperpflege zusammen. Ein gewisser Uringeruch im Fell, den menschliche Nasen mitunter gar nicht wahrnehmen, ist durchaus als eine Art "Ausweis" gegenüber Artgenossen erwünscht. Eine Verschmutzung oder Verfilzung des Fells könnte dagegen zu Hautreizungen- und/oder Erkrankungen führen. Daher putzen sich Ratten sehr gründlich. Sie nehmen sich viel Zeit für die Körperpflege (und verteilen damit auch den charakteristischen Geruch gleichmäßig über ihr Fell), solange sie noch gelenkig genug dazu sind.

Bei älteren Tieren nimmt die Beweglichkeit mitunter ab, manchmal lässt auch das Reinigungsverhalten selbst nach. Hier kann dann der Kontakt mit harngetränktem Material zu Verschmutzungen und Verkleben des Fells führen. In freier Natur dürfte diese Nachlässigkeit gefährlich sein, aber vermutlich kommen solche Fälle einfach deswegen selten vor, weil Wildratten kaum jemals ein hohes Alter erreichen. Durch die hohe reproduktive Rate der Ratten wachsen zudem derart viele Jungtiere nach, dass für ältere Tiere ein zu großer Konkurrenzkampf besteht, dem sie nicht lange gewachsen sind. Unter Domestikationsbedingungen ist das selbstverständlich anders. Das Überleben der Spezies Wanderratten muss durch eine entsprechend hohe Anzahl an Nachkommen gesichert werden, da die Verlustrate der Jungtiere enorm hoch ist.

"Stinken" Ratten?

Natürlich nicht!!

Mitunter bekomme ich Mails von Rattenhaltern, die mir die Frage stellen, warum ihre Ratten "stinken" und was sie dagegen tun könnten. Da gibt es eine ganz eindeutige und klare Antwort:

In der Regel sind es die Aussscheidungen, die unappetitlich riechen, nicht die Ratten selbst, es sei denn, ihr Mensch bietet ihnen kein sauberes Umfeld. Werden z.B. die stark frequentierten Ecken im Käfig nicht täglich gereinigt, die Tücher der Schlafplätze (Häuser) nicht regelmäßig erneuert, haben die Tiere überhaupt kein Nestmaterial und müssen womöglich auf blanken Brettern ihn ihrem eigen Urin liegen, dann kann es vorkommen, dass die Ratten es trotz aller Reinlichkeit nicht mehr schaffen, ihr Fell entsprechend sauber zu halten. Es "vergilbt" und riecht mehr oder minder streng nach Harn.

Werden der Käfig und die Umgebung der Ratten sauber gehalten, dann kann und wird sich kein unangenehmer Geruch entwickeln, weder am Tier selbst, noch im Stall oder im Zimmer.

Um es krass auszudrücken:

Würde ein Mensch keine Toilette benutzen und seine Hinterlassenschaften in der Wohnung "verteilen", dann würde es mit Sicherheit in kürzester Zeit bestialisch "stinken".

Im Käfig der Ratten ist es nicht anders. Es gibt zwar Individuen, die bestimmte Ecken als Toilette nutzen, dann ist es relativ einfach, Geruch zu vermeiden, wenn diese Stellen täglich gereinigt werden. Aber es gibt auch Tiere, die haben keine festen Orte, an denen sie sich entleeren und verteilen ihre Hinterlassenschaften überall im Käfig, andere wieder verscharren ihre Rattenköddel. Entgegen landläufiger Meinung riechen verständlicherweise feste wie flüssige Ausscheidungen unangenehm, wenn sie nicht entfernt werden.

Auch ständiges Markieren am Käfiggitter kann zu unangenehmen Geruch führen. Hier empfiehlt sich ebenfalls, häufig und regelmäßig die Gitterstäbe mit einem feuchten Schwamm/Tuch zu reinigen. Wie oben erwähnt, sind keine Desinfektionsmittel oder andere scharfe Reiniger notwendig, da sie für die Ratten nur eine Belastung darstellen, in der Regel genügt klares Wasser oder eine milde Seifenlauge.

Wenn sich im Raum, in dem der Rattenkäfig steht, unangenehme Gerüche (Gestank) entwickeln, dann bitte unbedingt daran denken, dass es in unseren eigenen Händen liegt, dies zu vermeiden und die Schuld keinesfalls bei den Ratten zu suchen ist, die, wenn man es ihnen ermöglicht, immer sauber und rein sein werden!

In der Heimtierhaltung sollte der Rattenhalter vor allem bei älteren Tieren darauf achten, dass z.B. die Schlaf- und Liegeplätze immer mit sauberen Tüchern ausgelegt sind, bzw. die Ratten unter Umständen bei der Körperpflege unterstützen, wenn diese selbst nicht mehr in ausreichendem Maße dazu in der Lage sind .

Trauern Ratten?

Gefühle wie Trauer, Eifersucht, usw. setzen voraus, dass Tiere ein Bewusstsein haben, d. h. Gefühle wie Menschen "bewusst" erleben und empfinden können.

Die Wissenschaft ist sich darüber bisher noch nicht einig. Da wir kaum wissen, was Tiere empfinden, ist eine wissenschaftliche Beurteilung auch schwierig. Manche Wissenschaftler vertreten die Meinung, nur Menschen hätten ein Bewusstsein.

Ganz sicher haben Tiere Empfindungen, wir wissen nur nicht genau, _ wie_ sie es empfinden, ob es den Empfindungen, wie wir Menschen sie kennen und erleben, ähnlich sind.

Ich bin davon überzeugt, dass Tiere z. B. Schmerzen ähnlich wie wir empfinden und bevor die Wissenschaft nicht in der Lage ist, gegenteiliges zu beweisen, halte ich daran fest ;-)

"Trauer" bei meinen Ratten konnte ich im Rudel nie feststellen. Bei Ratten, die jedoch nur zu Zweit lebten und keine weiteren Artgenossen um sich hatten, war erkennbar, dass das zurückgebliebene Tier irrtiert war, den Artgenossen "suchte", er war ja plötzlich nicht mehr da. Nicht zuletzt aus diesem Grund sollten Ratten auch zu mehreren gehalten werden, denn, sind weitere Artgenossen da, wird ein verstorbenes Tier in einer wenig ausgeprägten Art und Weise "vermisst, aber das kann dennoch immer nur eine subjektive Beurteilung sein. Wir bezeichnen dieses Vermissen eines Artgenossen als Trauer, weil wir Menschen ebenso empfinden und weil die Reaktion des zurückgebliebenen Tieres uns darauf schließen lässt, dass es den Partner vermisst, also trauert.

Es gibt im Tierreich auch auf den Tod von Artgenossen völlig verschiedene Reaktionen.

Wird in einem Hirschrudel ein Tier abgeschossen, so erschrecken zwar alle anderen durch den Knall, werden aber sicher bald weiteräsen und dies in unmittelbarer Nähe des toten Artgenossen. Kein Mensch würde in so einer Situation einfach weiter essen....

Vielleicht nehmen Hirsche den Tod eines Artgenossen aber gar nicht zur Kenntnis?! Aber wie ist das bei Elefanten?! Wir wissen, dass z. B. Elefanten immer wieder die Orte ihrer toten Herdenmitglieder aufsuchen. Niemand weiß, was in ihnen dabei vorgeht.

Je komplexer das soziale Gefüge bei einer Tierart ist, um so breiter ist die Palette der Gefühle. Ich denke, Ratten haben durchaus recht komplexe Verhaltensweisen.

Nun ja, nicht alles können Wissenschaftler erklären und nicht alles lässt sich eben mit Wissenschaft erklären, es gibt noch so vieles, dass wir von unseren Tieren nicht wissen.