Die kranke Ratte - Erkrankungen des Harntraktes

Blasenentzündung (Zystitis)

Wenn Ratten immer wieder sehr kleine Mengen Harn hinterlassen oder gar tröpfchenweise urinieren (nicht verwechseln mit Markierverhalten!), dann könnte eventuell eine Blasenentzündung, die durch Liegen auf kaltem Untergrund (z. B. Steinkacheln), Zugluft oder durch Bakterien verursacht wird, der Grund sein. Ein Hinweis auf eine Blasen- oder Nierenentzündung könnte auch beim Laufen eine leicht gekrümmte Haltung sein (das Tier wölbt dabei seinen Rücken nach oben und es sieht aus, als würde es auf "Zehenspitzen" laufen. Manchmal ist der Harn leicht blutig, oft ist auch das Fell gesträubt, auch Fieber kann auftreten. Verfärbter Harn könnte auf eine Krankheit schließen lassen. Es gibt Harnteststäbchen, die einfach und schnell Auskunft geben über die Zusammensetzung des Harnes und darüber, ob eine Krankheit vorliegen kann.

Es gibt jedoch noch andere, harmlose Gründe, wenn der Harn plötzlich eine andere Farbe hat, so bei der Aufnahme von größeren Mengen bestimmter Obst- und Gemüsesorten. Der Rattenhalter sollte jedoch sein Tier beobachten, und wenn es weitere Krankheitssymptome zeigt (gesträubtes Fell, Lustlosigkeit, Futterverweigerung, vermehrtes Trinkbedürfnis), unbedingt einen Tierarzt aufsuchen, der entscheidet, welches Antibiotikum eingesetzt werden kann, bzw. muss.

Bei Harnwegsproblemen kann zum Beispiel Marbofloxacin als Einzelinjektion eingesetzt werden. Eine einzige Injektion führt zu therapeutischer Konzentration im Harntrakt während mehrerer Tage. Bei Erkrankungen des Harntraktes kann auch Chloramphenicol verordnet werden (3 x täglich verabreichen).

Bei Blutungen aus der Blase (möglicherweise eine Infektion der Harnwege) kann ein Blasentee mit Traubenzucker angeboten werden (die Ratte sollte viel trinken). Auch Rotlicht kann hilfreich sein. Nach dieser "ersten Hilfe" unbedingt einen Tierarzt aufsuchen.

Blut im Urin könnte auch ein Hinweis auf ein Kokzid oder Nematoden sein, die in der Niere und Harnblase von Ratten leben (siehe auch: Endoparasiten).

Wenn eine Infektion diagnostiziert wurde, so ist eine antibiotische Behandlung durchaus angezeigt (hilft aber nicht gegen eine Nierendegeneration!).

Inkontinente Ratten?

Inkontinenz bedeutet, dass ein Tier (oder Mensch) nicht (mehr) in der Lage ist, Harn (Urin) und/oder Kot (Stuhl) zurückzuhalten, sich also unwillkürlich "entleert". Ratten können ihren Harnabgang jedoch sehr wohl kontrollieren. Ratten, die mehr oder minder häufig markieren, also tröpfchenweise Harn abgeben, sind nicht inkontinent, es sei denn, sie leiden z. B. an einer Erkrankung des Harntraktes. Ansonsten können sie ihre Markierungen sehr genau dosieren und präzise platzieren, das konnnte der eine oder andere Rattenfreund sicher schon am eigenen Leibe verspüren ;-)

Harnstau

Kann eine Ratte keinen Harn mehr absetzen, bzw. ist die Harnröhre nicht durchgängig, kommt es zu einem Harnstau in der Blase. Dann kann man die Blase durch die Bauchwand fühlen (ansonsten ist das nicht möglich).Kann sie nicht geleert werden, so kann sie platzen oder der Rückstau geht zurück in die Niere. Das Resultat ist bei beidem ein Anstieg von Harnstoff im Blut, was zu Vergiftungserscheinungen und zum Tod führt.

Deshalb unbedingt einen Tierarzt aufsuchen, der durch eine entsprechende Untersuchung geeignete Maßnahmen einleiten sollte.

Wenn die Harnröhre nicht mehr durchgängig ist, kann der Harn mit einer Nadel/Spritze durch die Bauchhöhle abgezogen werden. Dies ist aber nur ein Notfallprozedere, beispielsweise wenn die Harnröhre durch einen Blasenstein verstopft ist und später wieder durchgängig gemacht werden kann. Nicht erwähnt werden muss, dass diese Behandlung nur von einem Veterinär durchgeführt werden kann und darf.

Nierenerkrankungen

Bei älteren Ratten kommt es häufig zu Nierenversagen.

Klinische Symptome von Niereninsuffizienz treten erst auf, wenn mindestens 75 % der Niere funktionsunfähig sind. Die Folge ist häufig eine Austrocknung (Dehydrierung) des Körpers. Infusionen können hilfreich sein, können den Schaden an der Niere jedoch nicht mehr rückgängig machen. Ist das Nierengewebe einmal zerstört, kann es nicht mehr wiederhergestellt werden. Der Rattenhalter kann zu diesem Zeitpunkt nur versuchen, erstens ein Fortschreiten der Schädigung zu verhindern und zweitens die Symptome mildern. Das erste funktioniert nur dann, wenn man weiß, was die Ursache für die Schädigung ist.

Niereninsuffizienz kann mittels eines Bluttests diagnostiziert werden. Wenn die Niere nur leicht geschädigt ist, wird nicht vermehrt Protein im Harn ausgeschieden und kann mittels Teststreifen nicht nachgewiesen werden.

Allerdings ist diese minimale Schädigung nicht relevant, da das Tier mehr als die Hälfte der Nierenfunktion verlieren kann ohne negative Konsequenzen.

Bei Ratten sind Nierenprobleme oft eine genetisch bedingte Alterserscheinung und das Fortschreiten der Degeneration der Niere kann nicht aufgehalten werden. Man kann versuchen, die Symptome zu mildern, indem die Belastungen, die auf die Niere ausgewirkt werden, vermindert werden.

Die Niere scheidet Schadstoffe durch zwei Mechanismen aus: Filtration und aktive Ausscheidung. Bei der Filtration werden die Schadstoffe passiv in großer Flüssigkeitsmenge ausgeschwemmt und im unteren Teil der Niere wird das Wasser wieder aktiv zurückgewonnen. Funktioniert die Niere nicht mehr richtig, ist die Rückgewinnung gestört und es ist viel mehr Flüssigkeit nötig, um die gleiche Menge an Schadstoffen auszuscheiden. Deshalb sollte ein Tier vermehrt Flüssigkeit zu sich nehmen (z. B. auch wasserhaltiges Obst/Gemüse wie Salatgurke oder Wassermelone anbieten), oder mittels Infusion.

Die aktive Ausscheidung kann nicht ersetzt werden. Man kann eben nur versuchen, die Schadstoffe, die aktiv ausgeschieden werden, im Blut zu vermindern. Bei Hunden und Katzen geschieht dies meist über eine entsprechende Diät, bei Ratten gestaltet sich es mitunter schwierig.

Durch eine spezielle Diät und vermehre Flüssigkeitsgabe können die Symptome vermindert werden, bis dann die Nierenfunktion noch weiter abnimmt. Dann bleibt leider nur noch die Euthanasie, damit dem Tier Leiden erspart werden.

Es gibt Teststreifen, mit denen Einweiß (Hinweis auf Nierendegeneration), oder auch Glukose (Hinweis auf Diabetes) im Harn/Urin festgestellt werden kann.

Eiweiß im Harn kann auf eine Infektion hindeuten. Dann allerdings würde man auch Bakterien, weiße Blutkörperchen und evt. sogar Blut finden. Der häufigste Grund für Eiweiß allein bei einer Ratte ist jedoch eine degenerative Nierenerkrankung. Meist sind Ratten betroffen, die älter als ein Jahr sind. Eine Blutuntersuchung kann jedoch näheren Aufschluss darüber geben.

In der Regel ist es kein Problem, von einer Ratte genügend Blut für eine Untersuchung zu gewinnen. Es ist dafür aber eine Vollnarkose nötig und das kann bei einem schwerkranken Tier kotraindiziert sein, d. h., dagegen sprechen.

Es kann durchaus auch sein, dass bei einer Ratte eine Nierendegeneration mittels Teststreifen nachweisbar ist, aber dennoch nichts zu tun hat mit evtl. Krankheitssymptomen, die das Tier zeigt. Diese Erkrankung ist nämlich meist nicht mit Schmerzen verbunden und erst im Endstadium zeigen sich Symptome wie Abmagern, struppiges Fell usw.

Im Versuchstierbereich wurden bei Ratten bereits Dialyse und Nierentransplantationen gemacht.

Mir ist nicht bekannt, dass im Heimtierbereich einer Ratte jemals eine Niere transplantiert oder eine Dialyse vorgenommen wurde.

Bei Nierenerkrankungen kann es mitunter auch zu Juckreiz kommen!