Freilandhaltung?

Besser nicht

Unsere domestizierten Ratten stellen gegenteiliger Meinung zum Trotz durchaus hohe Anforderungen an Haltung und Pflege, die bei der Haltung "im Freien" kaum oder nur sehr unzureichend erfüllbar sind.

Das beginnt mit dem Kontakt zum Menschen, den sie auch dann brauchen, wenn sie mit Artgenossen zusammen leben, bis hin zur Integration, die nur schwer kontrollierbar ist, wenn die Ratten außerhalb der Wohnung gehalten werden. Auch Krankheiten werden bei dieser Art der Haltung oft erst (zu) spät entdeckt.

Wildratten haben in der Regel nur dann eine Überlebenschance, wenn sie zum Beispiel in der Lage sind, extremer Hitze und Kälte zu entgehen. Es genügt nicht, domestizierte Ratten nur "abzuhärten", um sie dann auf dem Balkon zu halten (Wildratten sind ohnehin im Normalfall an das Klima ihres Habitates angepasst). Gewisse Temperaturen dürfen also weder über- noch unterschritten werden, um das (Über-) leben zu sichern, was im besonderen auf bestimmte Arten domestizierter Tiere zutreffen mag.

Zu hohe wie auch zu niedrige Umgebungstemperatur beeinflusst z. B. das Verhalten ("extreme" Temperaturen, wie sie ohne weiteres in kalten Wintern auftreten können, üben ohne Zweifel Stress auf die Ratten aus). Außerdem verändern sich physiologische Abläufe im gesamten Organismus und können die Leistungsfähigkeit herabsetzen. Zu niedrige Außentemperaturen führen u. a. zu einer Verengung der Blutgefäße, die Herzschlagfrequenz nimmt zu, darauf wiederum reagiert der Körper mit vermehrter Wärmebildung, weiter erhöht sich dadurch der Sauerstoffverbrauch und die Ratten müssen mehr Nahrung aufnehmen. Eine Reduzierung des Körpergewichtes ist gleichermaßen möglich.

Auch bei einer Haltung im Freien begünstigt zu feuchte und zu kalte Luft Atemwegserkrankungen, ebenso nachteilig ist auch zu warme und zu feuchte Luft. Im Sommer führen sehr hohe Temperaturen zudem zu weitaus höherem Wasserverbrauch. Durch die dadurch vermehrte Urinausscheidung können sich z. B. Bakterien explosionsartig vermehren. Zwar verfügt jeder Organismus über eine angeborene Anpassungsfähigkeit an gewisse Belastungen, welche durch Veränderungen der Umwelt(einflüsse) entstehen können, aber wenn diese Anpassungsmöglichkeiten überschritten werden, treten vermehrt Krankheiten auf (unabhängig davon, ob es sich um ein der Umwelt "angepasstes" Wildtier oder domestizierte Spezies handelt).

Genauso wie Hunde nicht in Zwingern gehalten werden sollten (allenfalls in Ausnahmefällen für kurze Zeit), da auch sie Rudeltiere sind und die Nähe ihrer Menschen brauchen, ebensowenig ist eine Freilandhaltung bei domestizierten Ratten empfehlenswert, wobei ein Hofhund (Freilauf) noch die Möglichkeit hat,seinem Menschen zu folgen. Ratten sollten stets direkten Kontakt zu ihren Menschen haben. Es ist leicht vorstellbar, dass dies bei einer Haltung draußen kaum oder nur in sehr begrenztem Rahmen zu bewerkstelligen ist (vor allem in den Wintermonaten). Probleme wird es auch geben, wenn neue Ratten in einem Gehege im Freien integriert werden sollen. Und wie sollen vor allem junge Ratten sich ihrem Menschen anschließen, wenn sie ihre Prägephase durchleben und ihnen die Möglichkeit fehlt, sozialen Kontakt mit ihm zu pflegen?

Unsere Ratten leben gewissermaßen als "Familienmitglieder" in unserer Wohnung mit ihresgleichen in einem Rudel, dennoch suchen sie immer wieder den Kontakt zu uns. Wie intensiv Ratten Kontakt zu ihren Menschen pflegen, sollten sie selbst entscheiden können, das ist individuell unterschiedlich stark ausgeprägt. Wer Ratten so halten möchte, dass es ihrer "Natur" näher kommt, dem würde ich empfehlen, Wildratten in einem mehrere qm großen "Freilandgehege" zu pflegen. Farbratten in einem Kaninchenstall zu halten, hat dagegen nichts mit "naturnah" zu tun.

Es mag einem Tierliebhaber ohne Zweifel mitunter schwer fallen, so ohne weiteres beurteilen zu können, welche Auswirkungen eine (längerfristige) Freilandhaltung auf Physe und Psyche unserer Ratten nimmt. Daher sollten wir unser Vertrauen auf wissenschaftliche Forschungsarbeiten setzen, anstatt mit domestizierten Ratten Experimente unter Freilandbedingungen zu vollführen, die ohne fundierte Kenntnisse (u. a. der Physiologie) durchaus fehlschlagen können.

Alles in allem überwiegen die negativen Aspekte einer Haltung im Freien gegenüber einer artgerechten Wohnungshaltung und: _Haus_tiere gehören eben _ins_ Haus!

Mit der Ratte spazieren gehen?

Besser nicht!

Nur sehr wenige Ratten eignen sich zum "Mitnehmen außer Haus" und zum ständigen Herumtragen. Bei ängstlichen Tieren kann es durch den Stress, der durch die vielen unbekannten Geräusche und Gerüche ausgelöst wird, zu Verhaltensauffälligkeiten bis hin zu Verhaltensstörungen, ja gar physischen Erkrankungen kommen. Es wird häufig damit argumentiert, den Ratten würde es Spaß machen, auf der Schulter ihres Menschen die Gegend zu erkunden und sie würden dabei viel Neues entdecken können.

Ratten jedoch sind "Gewohnheitstiere", die nicht bestrebt sind, ständig neue Areale zu erschlie&zlig;en. In der Natur halten sie an ihren bekannten Laufwegen fest und weichen nur bei Gefahr davon ab. Sie verlassen ihren Bau nicht, um "Neues" zu entdecken, sondern weitgehend um Nahrung zu suchen.

Ich habe schon Ratten beobachtet, die sich völlig verängstigt auf der Schulter ihres Menschen festklammerten. Besonders Mutige suchen schnell Schutz unter dem T-Shirt. Befindet sich eine (junge) Ratte zudem noch in einer sensiblen Entwicklungsphase, so stellt sich meist erst später heraus, ob und wie sie die vielen ihr unbekannten Eindrücke physisch und psychisch verarbeitet hat. Jeder Rattenhalter sollte zudem bedenken, dass Ratten hin und wieder ein kleines oder auch größeres "Geschäft" verrichten müssen.

Zu Hause in ihrer gewohnten Umgebung und bei ihren Rudelgenossen sind unsere Ratten am Besten aufgehoben und fühlen sich dort mit Sicherheit viel wohler!

Freilauf im Park oder im Garten ist ebenso wenig empfehlenswert. Die Ratte könnte sich durch ein plötzliches Geräusch erschrecken und weglaufen. Außerdem besteht die Gefahr, dass sie sich mit Krankheiten von Wildtieren infiziert, bzw. auf den Menschen überträgt, wie z. B. Leptospirose. Auch Parasiten, wie Flöhen, Milben und Zecken sind freilaufende Tiere schutzlos ausgeliefert. Wenn jemand unbedingt mit seiner Ratte einen kleinen Ausflug unternehmen möchte, ist es allemal sicherer, einen kleinen Spaziergang durch die Wohnung zu unternehmen.

Im Handel werden kleine Brustgeschirre mit Leine angeboten, die der Ratte angelegt werden können, ähnlich wie Katzen oder Hunden. Für einen Ausflug ins Freie sind diese Leinen noch weniger geeignet als für einen Streifzug durchs Zimmer, da sie niemals so fest angelegt werden können, dass die Ratte ihren Körper nicht hindurchzwängen könnte, um sich zu befreien. Dabei kann es durchaus zu einer Strangulation kommen, die für das Tier lebensgefährlich werden könnte. Für fast alle Ratten ist es zudem eine Qual, plötzlich in ein enges Geschirr gesteckt und an der Leine dirigiert zu werden. Deshalb würde ich unbedingt davon abraten, Ratten "leinenführig" machen zu wollen.

Es gibt viel lustigere Spiele, solche, die dem Tier wirklich Freude machen, wie etwa eine Feder zu fangen, einem Softbällchen oder einer kleinen Papprolle, die an einer Schnur vor der Ratte hergezogen wird, hinterher zu rennen. Auch einen dicken Wollfaden zu erhaschen, macht Spaß. Spielzeug aus Kunststoff sollte der Ratte nur unter Aufsicht und nach dem Herumtollen nicht überlassen werden, natürliche Materialien wie Holz, Pappe usw. kann sie jedoch danach gerne zernagen.