Die Ratte - Nachwuchs




Dass Ratten sehr fruchtbare Tiere sind, ist bekannt. Gerade über die Fortpflanzungszahlen des "Schädlings" Wanderratte werden oft aus Sensationslust die unsinnigsten Größenordnungen verbreitet. Dabei werden meistens nur Angaben über die rein theoretischen Vermehrungsraten gemacht, ohne die natürliche Auslese durch Freßfeinde oder mangelhaftes Nahrungsangebot zu berücksichtigen. Bei den Farbratten, bei deren Haltung diese negativen Umweltfaktoren entfallen, kann es aber schon zu großen Nachkommenschaften führen, wenn der für die Tiere verantwortliche Mensch dies zuläßt, sei es absichtlich oder durch Unwissenheit.

Domestizierte Ratten können sehr früh geschlechtsreif werden (im Normalfall zwischen 50 und 72 Tagen, unter bestimmten Bedingungen auch einige Tage früher oder später und sich sofort nach der Geburt ihrer Jungen (Tragzeit ca. 24 Tage) wieder mit einem Männchen paaren. Aber auch wenn man die Geschlechter getrennt hält, ist man vor unerwünschtem Nachwuchs nicht sicher. Wie wahrscheinlich ein solcher Vorgang ist, kann ich nicht sagen, aber das es möglich ist, habe ich erlebt.

Ein Verwandter von mir arbeitet in einem Zooladen und er brachte mir eines Tages eine weibliche Husky-Ratte, die bei einer "Lieferung" aus Tschechien dabei war. Obwohl ich sehen konnte, daß das Tier trächtig war, ließ ich mich überreden, es zu behalten. Mutter und Babies hätten alle als Futtertiere geendet. Tatsächlich gebar es 3 Tage später Babies.

Weitere 3 Wochen später, die Babies waren inzwischen so groß, war Mary, die Mutter, wieder trächtig. In der ganzen Zeit war sie nur bei ihren Jungen, hatte keinen Kontakt zu den anderen Ratten, wobei die Männchen aber alle kastriert sind und von daher sowieso keine "Gefahr" bestanden hätte. Nun kennen wir bei Schlangen beispielsweise Arten, die die Möglichkeit der verzögerten Befruchtung haben (Amphigonia retardata). Das heißt, Weibchen dieser Arten können befruchtungsfähige Spermien z. T. über Jahre speichern und in diesem Zeitraum regelmäßig Junge bekommen, bzw. Eier legen.

Bei Ratten ist diese verzögerte Befruchtung nicht bekannt.

Ratten haben die Fähigkeit, Embryonen im Frühstadium zurückzubilden, zu resorbieren. Ob dies eine bewußte Entscheidung der Mutter ist, ist allerdings zu bezweifeln. Wenn das Muttertier körperlich stark belastet ist, z. B. durch Krankheit, Hunger oder Streß, so resorbiert es seine Föten, um das eigene Überleben zu sichern. Bei Mäusen gibt es den "Bruce-Effekt", der durch Pheromone, die im männlichen Urin enthalten sind, ausgelöst wird. Wenn sich ein Mäuseweibchen innerhalb von 24 Stunden mit einem weiteren Männchen verpaart, bzw. verpaart wird, kommt es nicht zur Implantation der befruchteten Eizellen und daher nicht zur Trächtigkeit. Wird eine Familiengruppe von einem neuen Männchen erobert, so bewirkt der Bruce-Effekt, daß die meisten Weibchen die Trächtigkeit abbrechen und sofort brünstig werden. Sie können dann sofort vom Sieger gedeckt werden.

Wildratten zum Beispiel verpaaren sich auch "quer durch die Familie", also Mutter-Sohn, Vater-Tochter, Bruder- Schwester, und es kommt trotzdem nicht zu Inzuchterscheinungen.

Bei Ratten gibt es keinen Bruce-Effekt. Ein Rattenweibchen kann keine Spermien speichern, es muß für jede Trächtigkeit wieder frisch gedeckt werden. Allerdings speichern die Männchen Spermien in den Geschlechtsanhangdrüsen (Samenblase) für ca. 2-4 Wochen. Sie sind deshalb nach einer Kastration während dieser Zeitspanne noch zeugungsfähig. Sollen kastrierte Ratten in eine Weibchengruppe integriert werden, reicht in der Regel eine Wartezeit von 2 Wochen nach dem Eingriff aus.

Da die Beleuchtung auf das Sexualverhalten einen nicht unerheblichen Einfluss nimmt, wirkt sich das Verhältnis von Hell- und Dunkelphasen auch auf den Brunstzyklus aus. Bei nachtaktiven Nagern sollte das Hell-Dunkel-Verhältnis 12:12 bis 14:10 (Hell:Dunkel) betragen. Zu lange Hellphasen beeinträchtigen den Brunstzyklus nachteilig. Einzeln gehaltene Mäuse haben normalerweise einen regelmäßigen Brunstzyklus, der jedoch in der Gruppe unregelmäßig wird. Gibt man zu einer Gruppe von Mäuseweibchen ein oder mehrere Männchen dazu, dann führt dies zu einer Zyklussynchronisation, die durch männliche Pheromone ausgelöst wird. Dieser "Whitten-Effekt" ist bei Ratten jedoch nicht nachgewiesen. Ursache des Whitten-Effektes ist eine hormonabhängige Komponente im Harn der Mäuse. In Labors erreicht man bei Ratten eine Zyklussynchronisation durch die Gabe von Progesteron.

Das Sexualverhalten ist Untersuchungen zufolge zum größten Teil angeboren. Es wird neben der Hormonausschüttung durch eine Kombination von Gerüchen, optischen Eindrücken sowie durch Körperkontakt ausgelöst bzw. beeinflusst.

Rattenweibchen unterliegen dem sogenannten Östruszyklus (ähnlich den Menstruationszyklen höherer Primaten einschließlich Mensch) und dieser ist eng an einen definierten hormonellen Zustand gebunden. Sie sind während des Proöstrus und Östrus paarungsbereit, im Mitöstrus klingt diese Paarungsbereitschaft langsam ab und im Diöstrus weist das Rattenweibchen die Männchen ab.

Während des sehr einfachen Paarungsverhaltens zeigt das Weibchen die typische Paarungsstellung (Durchkrümmen des Rückens = Lordosis). Begleitet wird dieses Verhalten oft mit einem intensiven Zittern der Ohren.Bisweilen vibriert dabei der ganze Körper.

Manchmal wehrt das Rattenweibchen zunächst den Bock duch Stöße mit den Hinterbeinen, durch Beißintensionen und anschließende Scheinflucht ab, bevor das Männchen aufreiten darf. Der Brunstzyklus von Rattenweibchen erfolgt in der Regel alle 4 bis 6 Tage und dauert durchschnittlich 14 Stunden (9-20 Std). Durch die Stimulation des Begattungsaktes wird bei Ratten der Eisprung beeinflusst. Bei domestizierten Ratten gibt es im Gegensatz zu ihren wilden Vorfahren im Zyklusgeschehen keine Jahresperiode. Durch konstante Selektion über Generationen hinweg wurden diese "Unterschiede" unterdrückt.







Die Ratte hat keine Blutung wie beispielsweise eine Hündin, oder gar wie der Mensch (Menstruation, Periode). In der Regel schwillt der Scheidenbereich bei der Ratte an und das Tier hat leichten, klaren Ausfluss. Da die Ratte den Ausfluss sofort wegleckt, sieht man meist nur, dass die Öffnung leicht feucht ist. Eine Regelblutung gibt es nur beim Menschen und den höheren Primaten.

Die Menopause soll im Alter von 20 Monaten eintreten. Es gibt jedoch Rattenweibchen, die mit zwei Jahren und im Einzelfall noch darüber hinaus Junge austragen können. Rattenweibchen reagieren wähernd der Trächtigkeit (beim Menschen nennt man dies Schwangerschaft) sehr empfindlich gegen Stress, der sich bereits auf die ungeborenen Jungen auswirken und selbst deren späteres Verhalten beeinflussen kann.

Bei Ratten kann es mitunter zu einer Scheinträchtigkeit (Scheinschwangerschaft) kommen. Sie wird durch den mechanischen Reiz eines sterilisierten oder kastrierten Männchens ausgelöst. Durch das "Bespringen" von Weibchen untereinander kann es zu keiner Scheinschwangerschaft kommen. Kastrierte Männchen neigen weniger zu sexuellen Aktivitäten, wodurch es seltener zur Scheinträchtigkeit kommt (da der Kontakt gleichzeitig mit dem Proöstrus-/Östrus-Stadium des Weibchens zusammentreffen muss). Von der Hypophyse wird dann ein Hormon freigesetzt, das die Progesteronproduktion anregt, die zur Entwicklung des Mutterkuchens erforderlich ist. Rattenböcke sind fast immer paarungsbereit, Weibchen akzeptieren die Paarungsversuche nur, wenn sie sich in der Brunst befinden. Befinden sich in einer gemischte Gruppe Weibchen und "sterilisierte" Männchen, so kann es häufiger zu Scheinschwangerschaften kommen, da der Bock dann zwar nicht mehr zeugungsfähig ist, das Sexualrepertoire aber erhalten bleibt.

Während einer Scheinträchtigkeit kommen die Ratten nicht in den Östrus (Brunst). Es treten Veränderungen am Uterus und in den Drüsen auf (wie z. B. Anschwellen des Gesäuges) und es kommt durch die Hormonwirkung zu Nestbauaktivitäten. Wenn Ratten keine, bzw. nur schlechte Nester bauen, liegt häufig eine physiologische Störung vor. Das ist oft auch dann der Fall, wenn Ratten ihre Babys töten. Unmittelbar nach der Geburt eines jeden Jungen frisst die Ratte, neben der Nachgeburt, die Nabelschnur bis zum Bauchansatz des Babys ab. Durch das Zerren der Mutter an der Nabelschnur werden Rufe der Neugeborenen ausgelöst, die die Ratte daran hindern weiterzufressen, sobald sie an der Bauchdecke angelangt ist. Bei einer o. g. Störung hält die Rattenmutter zwar kurz inne, wenn das Neugeborene schreit, frisst dann aber das Baby meist vom Nabel her weiter auf. Das Töten von Jungen tritt jedoch auch als Folge von Störungen, sozialem Stress, usw. bei Farbratten relativ häufig auf.

Aus dem Nest gefallene Junge fühlen sich unwohl (Hunger, Kälte) und rufen nach ihrer Mutter (in einer Tonlage zwischen 70 und 80 kHz). Die Rattenmutter macht sich dann sofort auf die Suche und trägt die Babys ins Nest zurück. Es zählt zum natürlichen Verhalten von Rattenmüttern, nach der Geburt alle Jungen, die sich außerhalb des Nestes befinden, einzutragen. In der Regel tragen säugende Ratten aufgefundene Jungtiere immer ins Nest zurück (das tun mitunter auch Männchen). Sie orientieren sich beim Eintragen u. a. am spezifischen Geruch, oder reagieren auf bestimmte Töne der Jungen, die diese bei Verlassensein ausstoßen (z. B. wenn sie aus dem Nest gefallen sind oder Hunger haben).

In der Heimtierhaltung wurde beobachtet, dass Weibchen, die selbst keine Jungen haben, fremde Babys herumtragen und putzen. Dieses Verhalten wird durch einen Schlüsselreiz ausgelöst, wie etwa durch den Geruch von Jungtieren, deren Rufe und ihr Verhalten.

Das Eintragen von Jungtieren hängt vorwiegend von drei Faktoren ab: der Anwesenheit eines Jungtiers außerhalb des Nests, der Ultraschall-Lautgebung des Jungtieres (das Fiepen im hörbaren Bereich spielt keine Rolle) und der Bereitschaft des eintragenden Tieres. Letztere ist stark hormonell geregelt, wobei mehrere Hormone (u.a. Prolactin, Oxotycin, Vasopressin) eine Rolle spielen. Die Eintragehandlung ist in der Regel direkt nach dem Werfen am stärksten (das kann auch dazu führen, dass auch ältere Jungtiere eingetragen werden), wird danach durch die hormonelle Umstellung schwächer und soll, wenn die Jungen älter als 26 Tage sind, gänzlich ausbleiben, da zu diesem Zeitpunkt die Jungtiere bereits unabhängiger von der Mutter werden und sich zudem deren Ultraschallkommunikation ändert (die wir Menschen mit bloßem Ohr nicht hören können).

Beim Transport packen Ratten ihre Jungen oft an der nächst besten Körperregion, also nicht vorzugsweise am Genick. Wenn es sich dabei dann um eine ungünstige Stelle handelt, reagiert das Baby durch Piepsen, ebenso beim Putzen, wenn das Alttier dabei mitunter etwas zu heftig wird.

Im Heimtierbereich sollten Rattenweibchen, die neu hinzugekommene, fremde Jungtiere packen, herumtragen und putzen dennoch gut beobachtet werden, weil zum Beispiel auch "Beute" eingetragen wird und diese demzufolge auch als solche behandelt wird (sh. unter Integration).

Sehr selten kommt es vor, dass bei Ratten die Neugeborenen zu groß sind. Bei Mäusen wurde berichtet, das dieses Problem gelegentlich auftritt (1 Tier pro Monat bei 80.000 Tieren in der Versuchstierzucht). Vermutlich ist die häufigste Ursache Stress, der duch die Haltungsbedingung, soziales Umfeld oder durch Infektionskrankheiten verursacht wird. Die Geburt (auch ein großer Stress) ist dann zu viel für die Tiere.

Zwei Beispiele: In einem Institut traten gehäuft Todesfälle bei Ratten kurz nach der Geburt auf. Es stellte sich heraus, dass die Tiere Magendurchbrüche hatten, ausgelöst durch eine Kombination von Geburtsstress (Magengeschwür) und spitzem Einstreumaterial, welches die Ratten gefressen hatten. Bei Mäusen gab es ebenfalls Todesfälle nach der Geburt. Man fand heraus, dass die Männchen des Stammes sehr agressiv waren und die Weibchen so stressten, dass ihr Immunsystem zusammenbrach und sie an einer Gebärmutterinfektion starben.

Aus aktuellem Anlass möchte ich noch über folgendes berichten:

Eine Rattenhalterin schrieb mir, dass ihre Ratte Babys zur Welt brachte und offensichtlich in der Geburtsnacht starb. Die Babys haben nicht lange überlebt. Der Tierarzt erklärte ihr, dass "die Rattenbabys wohl die "verseuchte" Muttermilch der toten Ratte getrunken hätten und daran gestorben wären."

Das ist natürlich Unsinn!

Die Milch wird dauernd produziert und die Jungen trinken sie laufend weg. Es ist also nie viel Milch im Gesäuge. Wenn die Mutter tot ist, hört die Milchproduktion auf. Die Jungen können noch den Rest der Milch im Gesäuge trinken. Diese ist nicht "giftig" und sehr bald aufgebraucht. Das dauert wohl weniger als eine halbe Stunde. Viel länger als einen Tag können neugeborene Ratten ohne Milch ohnehin nicht überleben, auch wenn sie mittels Rotlicht gewärmt werden.

Grundsätzlich bin ich der Meinung, daß jeder Rattenhalter eine Trächtigkeit seiner Tiere, soweit er es beeinflussen kann, vermeiden sollte. Selten nur können alle Jungtiere in wirklich gute Hände vermittelt werden und nicht vermittelte Tiere fristen ein trauriges Dasein in Tierheimen oder enden als Futtertiere.

Trächtigkeitsabbruch (Schwangerschaftsabbruch) bei Ratten -durch den Einsatz von Alizin (Aglepristone)?

Dies ist unbedingt abzulehnen und nicht empfehlenswert! Dieses Medikament wird primär bei Hund und Katze eingesetzt. Eine Dosierung für Ratten konnte ich nicht in Erfahrung bringen!

Alizin blockiert die Wirkung von Progesteron.Da die Gebärmutter Progesteron braucht, um eine Trächigkeit zu erhalten, führt die Verabreichung von Alizin zum Progesteronentzug und somit zum Abort (Abbruch der Trächtigkeit). Zum Zeitpunkt jedoch, an welchem bei Ratten eine Trächtigkeit diagostiziert werden kann (13. bis 15. Tag) sind die Föten schon relativ groß (es ist der Beginn des 3. Trimesters) und das Tier wird nach Verabreichung des Medikamentes Alizin die Föten abortieren, das heißt die Ratte bringt dann tote Junge zur Welt!

"Sinnvoller" wäre es bei einem Notfall, in Absprache mit einem Tierarzt bis zur Geburt zu warten, und dann die Neugeborenen vom Veterinär zu euthanasieren. Der Unterschied ist, dass die Ratte (im Falle eines Abortes, ausgelöst durch Alizin) hormonell behandelt wurde, was im schlimmsten Fall schädlich für das Tier sein kann!! Ein Trächtigkeitsabbruch sollte in keinem Fall ohne zwingenden Grund, sondern nur in Ausnahmefällen (Krankheit des Muttertieres) durchgeführt und dann unbedingt von einem Veterinär überwacht werden.

Was aber, wenn ein Rattenhalter ein bereits trächtiges Weibchen erworben hat (aus einem Notfall etwa, oder aus dem Zooladen)?

Noch nicht an ihre(n) Menschen und die neue Umgebung gewöhnte, trächtige Weibchen reagieren oft ängstlich bis aggressiv, wenn sie aus dem Käfig genommen werden. Deshalb ist besonders einfühlsames Handling nötig, damit es nicht zu unnötigem Stress bei der werdenden Mutter kommt. Rattenweibchen sind während der Trächtigkeit sehr empfindlich gegen Stress, der sich bereits auf die ungeborenen Jungen auswirken und selbst deren späteres Sozialverhalten beeinflussen kann. Ob eine Ratte trächtig ist, kann man mit Sicherheit erst wenige Tage vor der Geburt erkennen. Dann rundet sich der Bauch und an beiden Seiten des Körpers werden deutliche "Wölbungen" sichtbar, die Babys lassen sich gut ertasten. Eine erhöhte Nestbauaktivität tritt erst zum Ende der Tragzeit bis kurz vor dem Werfen ein.

Wegen der erhöhten Stressanfälligkeit während der Trächtigkeit ist zu empfehlen, ein (hoch-)schwangeres Weibchen allein in einem großen, geräumigen Wurfkäfig unterzubringen und zwar bereits einige Tage vor der zu erwartenden Geburt, damit sich das Tier noch eingewöhnen kann. Sinnvoll ist es, den Käfig neben frischer mit einer kleinen Menge benutzter Einstreu auszustatten, so dass der vertraute Geruch vorhanden ist, auch benutzte (nicht zu stark verschmutzte) Papiertücher sollten neben neuen Küchentüchern im Wurfkäfig angeboten werden. Für die ersten Tage ist es ratsam, den Wurfkäfig mit weichen Tüchern anstelle von Einstreu auszustatten. Sind die Kleinen ein paar Tage alt, kann der Käfig um das Nest herum vorsichtig gereinigt und mit Einstreu versehen werden.

Zwar kommt es vor, dass Rattenweibchen während ihrer Geburt und Jungenaufzucht andere anwesende Weibchen tolerieren, jedoch ist das mitunter dennoch mit Aufregung verbunden und daher ist es sinnvoller, einem Rattenweibchen ungestört und ohne Belästigung von Artgenossen die Aufzucht ihrer Babys zu ermöglichen. Zudem besteht durchaus die Gefahr, dass eine andere Ratte die neugeborenen Babys töten könnte.

Der Käfig sollte an einem ruhigen, geschützten Ort stehen, um Temperaturschwankungen möglichst zu vermeiden. Nach der Geburt kommt das Rattenweibchen erneut in die Brunst. Es ist während dieser Zeit sehr aktiv. Deshalb ist es besser, wenn sich auch keine männlichen Ratten im (Wurf)Käfig befinden- auch nicht der "Vater" der Rattenjungen - da das Muttertier durch deren Anwesenheit interessiert umherläuft und die Gefahr besteht, dass sie ihre Babys vernachlässigt.

Außerdem sind selektive Paarbindungen bei Ratten eher schwach ausgeprägt (wenn auch nicht ausgeschlossen) und die Beteiligung der Männchen bei der Jungenaufzucht ist minimal. Im Gegenteil, die Weibchen können unglaublich aggressiv werden, wenn sich Männchen den Jungtieren nähern.

Ein (hoch)trächtiges Rattenweibchen sollte der Rattenhalter sehr vorsichtig aufnehmen, damit es dem Tier nicht unangenehm ist oder gar Schmerzen bereitet. Am besten ist es, Ratten grundsätzlich immer mit beiden Händen aufzunehmen. Vor dem Hochheben ist es sinnvoll, jede Ratte, vor allem noch nicht eingewöhnte Tiere, in ruhigem Ton anzusprechen. Dann greift man mit einer Hand die Ratte vom Rücken her stützend unter die Hinterbeine und mit der anderen Hand von vorne unter die Brust und den Bauchbereich. Beide Hände sollten gleichzeitig zum Einsatz kommen, so wird verhindert, dass das Tier weder nach vorne, noch rückwärts "flüchten" kann. Neue Ratten sollten nicht grob, aber fest und bestimmt nach dem Aufnehmen (eine Hand sollte dann von oben den Rücken halten, die andere stützt den Bauch und die Hinterbeine ab) festgehalten werden, da sie sonst unter Umständen mit einem Satz aus der Hand springen und sich dabei verletzen könnten.

Ratten im "Flohalter" müssen besonders sorgfältig zwischen beiden Händen gehalten werden, sonst sind sie mit einem Satz entwischt. Neulinge in der Rattenhaltung greifen anfangs noch sehr zaghaft zu, finden aber in der Regel schnell heraus, wie fest sie zupacken dürfen, damit die Ratten sich dem Griff nicht entziehen. Eingewöhnte Ratten bleiben meist von alleine in den Händen sitzen und müssen nicht festgehalten werden. Sie genießen gerne die Streicheleinheiten ihres Menschen. All das muss aber jede (neue) Ratte erst lernen.

Zahme Ratten finden schnell heraus, dass sie die Hand emporlaufen sollen, um dann hochgenommen zu werden, wenn der Pfleger ihnen die Handfläche wie eine Art Löffel von vorne unter den Bauch hält.

Die Geburt

Bereits vor und während der Trächtigkeit sollte unbedingt leichte Zusatzkost gefüttert werden. Es ist ratsam, mehrmals täglich eine Portion Babybrei anzubieten. Der erhöhte Proteinbedarf kann in Form von mildem Käse, Naturjoghurt und Magerquark zugeführt werden. Auch Mehlwürmer sind gute Eiweißlieferanten. Ein zusätzliches Nahrungsangebot ist selbstverständlich auch während der Jungenaufzucht nötig.

Im Wurfkäfig bietet man dem Weibchen ausreichend Nistmaterial an. Am besten geeignet ist weiches Toilettenpapier und Küchentücher. Beides ist hygienisch und lässt sich leicht austauschen. Putzwolle, Hamsterwatte oder gar Watte aus dem Kosmetikbereich bzw. Verbandwatte, Scharpie oder ähnliches sollte keine Verwendung finden. Die Fäden können sich um Hals und Gliedmaßen der Babys wickeln, so dass es zum Ersticken oder zum Absterben von Körperteilen (Bein, Fuß,usw.) kommen kann. Wie erwähnt liegen häufig physiologische Störungen vor, wenn Ratten keine, bzw. nur schlechte Nester bauen.

Die Tragzeit beträgt im Allgemeinen 20 bis 23 Tage und ist abhängig vom Rattenstamm. Die Dauer der Geburt ist abhängig von der Anzahl der Babys und dem Alter des Muttertieres. Sie kann wenige Minuten bis zu einigen Stunden dauern. Häufig kommen die Babys in den späten Abendstunden auf die Welt. Geburtshilfe ist selten nötig. Bei etwa 10 Babys dauert die Geburt in der Regel etwa 1 1/2 Stunden.

Der Gebärmuttermund wird durch hormonelle Umstellung geweitet. Kurz vor der Geburt sinkt die Körpertemperatur um 1 bis 1 1/2 Grad. Die Wehen setzen ein in Intervallen von ca. 15 Sekunden bis 2 Minuten. Wenn die Wehen einsetzen, platzt dadurch, dass die Fruchtblase nach unten gedrückt wird, zuerst eine Blase, die Urin des Fötus enthält, danach platzt die Blase in dem sich der Fötus selbst befindet (die frühe Form der Entwicklung nennt man Embryo, wenn alle Organe ausgebildet sind, spricht man vom Fötus).

Während der Geburt sitzt das Rattenweibchen oft auf den Hinterbeinen und die Babys werden nacheinander (der Kopf tritt zuerst aus) von der Mutter mit den Pfoten aufgenommen, die Nabelschnur durchgebissen und die Kleinen gesäubert. Die Nachgeburt wird aufgefressen. Es wird angenommen, dass das Auffressen der Plazenta die Milchbildung fördert.

Die Neugeborenen werden sogleich von der Mutter sauber geleckt und im vorher sorgfältig gebauten Nest abgelegt. Es können bis maximal 20 Babys geboren werden. Häufig sind es zwischen 6 und 12. Der Geschlechteranteil beträgt durchschnittlich meist 52 % Männchen und 48 % Weibchen.

Das Muttertier sollte während und einige Tage nach der Geburt nicht gestört werden. Die Ratte hält ihr Nest sauber und ein Reinigen ist allenfalls nach 6-7 Tagen erforderlich, bzw. empfehlenswert. Verschmutzungen im restlichen Käfigbereich können vorsichtig entfernt werden, wenn das Tier dabei nicht beunruhigt wird.

Wie im Kapitel Ammenaufzucht noch beschrieben wird, sollten die neugeborenen Ratten in den ersten Tagen nicht mit den Händen angefasst werden. Nur im Notfall können sie aufgenommen werden, indem man etwas Nistmaterial zwischen Finger und Baby nimmt.

Neugeborene Ratten

Das Weibchen bewahrt die Neugeborenen in den ersten Tagen sorgfältig vor dem Auskühlen und verlässt nur selten das Nest. Sie liegt über den Kleinen, wobei sie die Babys in einer Art "Bogen" überspannt, damit sie nicht von ihrem Körpergewicht erdrückt werden. Muss die Mutter das Nest doch einmal verlassen, deckt sie die Babys mit Nistmaterial zu.

Die Rattenmutter hält ihr Nest sehr sauber. Die Babys werden von der Mutter laufend sauber geleckt. Durch dieses Reinigen mit der Zunge wird auch das Absetzen von Kot und Urin angeregt. Die Ausscheidungen werden von der Rattenmutter aufgefressen. Sobald die Jungen beginnen, selbst Nahrung aufzunehmen, hört die Ratte damit auf. In der ersten Zeit liegen die säugenden Babys auf dem Rücken, erst später drehen sie sich dazu auf den Bauch. Während der Säugeperiode verbringt die Rattenmutter die meiste Zeit bei den Babys, etwa 20 Stunden des Tages, sind die Jungen etwa 2 bis 3 Wochen alt, reduziert sich diese Zeit auf etwa 1/3 des Tages.

Gerade auf die Welt gekommene Babys haben eine rote Hautfarbe, die ab dem nächsten Tag in eine Rosafärbung übergeht. Bereits ab dem 2. Tag wachsen die Haare. Nach 13-16 Tagen öffnen sich die Augen. Die Babys reagieren jedoch bereits viel früher auf Geruchsreize. Die Ohren öffnen sich nach 3-4 Tagen. Das Geschlecht kann man bereits bei Neugeborenen unterscheiden.

Es wird leider vielfach geraten, Rattenbabys bereits ab dem 4. Tag aus dem Nest zu nehmen, damit sie sich an den Menschen gewöhnen.

Ich halte das für völlig unangebracht, ja sogar gefährlich für die Jungen. Es gibt keinerlei zwingende Notwendigkeit, die Kleinen bereits so früh aus dem Nest heraus zu nehmen! Den Geruch vom Menschen nehmen sie in ausreichendem Maß über ihre Mutter und das gesamte Umfeld wahr und gewöhnen sich auch auf diese Weise daran. Es gibt daher keinerlei Veranlassung, in den ersten Tagen die Rattenmutter aus der Wurfbox zu nehmen und sie vorübergehend in einem anderen Käfig unterzubringen, nur um ungestört die Babys aus dem Nest zu nehmen. Die Mutter verlässt in den ersten Tagen ihre Babys nur selten, also warum sollte sie unnötig beunruhigt werden? Es kann durchaus vorkommen, dass Rattenmütter, irritiert durch Fremdgeruch, ihre Babys nicht mehr annehmen, das gilt in besonderem Maße für Ratten, die noch nicht an ihren Menschen gewöhnt sind, also neu (und bereits trächtig) aufgenommen wurden.

Die ersten Tage nach der Geburt sollte das Wochenbett nicht gereinigt und Störungen weitgehend vermieden werden. Auch wenn die Versuchung noch so groß sein mag, Fotos der Neugeborenen zu machen:

Das Wohlergehen der Babys sollte im Vordergrund stehen - und: Gibt es auf unzähligen Internetseiten nicht bereits genügend Bilder neugeborener Ratten?

Ich habe unzählige Rattenbabys aufgenommen, die nie vorher von Menschen aus dem Nest genommen wurden und aus denen trotzdem liebe, menschenbezogene und verschmuste Tiere wurden, die auch im innerartlichen Verkehr ausgesprochenes Sozialverhalten zeigten. Und ich habe verhaltensgestörte Ratten aus privater Haltung bekommen, die den Geruch von Menschen bereits als Babys kennen lernten.

Das Verhalten von Ratten wird von unzähligen Faktoren geprägt. Neugeborene aus keiner Not heraus aus dem Nest zu nehmen ist überflüssig und verursacht nur unnötigen Stress bei dem Muttertier und den Rattenkindern.

Die Entwicklung von Rattenbabys wird bereits im Mutterleib angelegt. Werden Rattenmütter während der Trächtigkeit oder beim Säugen Stress ausgesetzt, so kann dies später zu deutlichen Unterschieden im Verhalten Artgenossen gegenüber führen. Auch Erfahrungen mit anderen Ratten, ob positiver oder negativer Natur, nehmen großen Einfluss auf das Sozialverhalten.

Negative Erfahrungen können sogar ein Trauma auslösen und sind nur noch schwer wieder rückgängig zu machen. Werden Ratten z. B. in einem zu kleinen Käfig gehalten und können ihrem Bewegungsdrang daher nur sehr ungenügend nachkommen, so kann dies immer wieder zu Fehlverhalten Artgenossen oder auch dem Menschen gegenüber führen. Auch Einzelhaltung führt zu anormalen Verhaltensmustern und verursacht spätere Unverträglichkeit in einer sozialen Gruppe.

Ratten lernen in zeitlich begrenzten Abschnitten bestimmte Verhaltensweisen. Diese Prägung ist in verschiedene Phasen unterteilt, in denen sie Sozialverhalten, Erkundungsverhalten, usw. erlernen. Der Einfluss, der durch Umwelteinflüsse auf nspezifisches Verhalten genommen werden kann, ist ebenfalls nur in bestimmten Zeiträumen wirkungsvoll. Hat eine Ratte erst einmal ihre eigenen Verhaltensmuster entwickelt, so ist diese Auswirkung auf ihr Verhalten danach nur noch schwer zu beeinflussen, oft ist es gar nicht mehr möglich.

Der Rattenhalter kann dazu beitragen, auf das Verhalten seiner Tiere Einfluss zu nehmen. Die Grundcharakterzüge sind bei Ratten zwar genetisch festgelegt, jedoch kann durch entsprechenden Umgang der Charakter "geformt" werden. Das gilt es in besonderem Maße bei Jungtieren zu beachten.

Was, wenn die Rattenmutter die Babys nicht annimmt?

Bitte dann AUF KEINEN FALL folgende unsinnige'Empfehlung' - die, wie auch ab und an andere, völlig zweifelhafte Tipps - von manchen dubiosen Rattenforen weitergegeben werden, befolgen:

"Eine Rattenmutter, die ihre Jungen nicht annimmt, soll mitsamt den Neugeborenen in eine Auflaufform gelegt werden (es wird geraten,"die Schüssel luftdurchlässig abzudecken"), damit sich das Muttertier "mangels Fluchtmöglichkeit ihrem Schicksal ergibt und die Babys säugt'".

Diese Maßnahme nennt man sinnigerweise "Zwangsverdeckelung"...

Wenn eine Ratte Junge zur Welt bringt, dann kann alles gut gehen, oder die Mutter kümmert sich nicht um die kleinen (kann bei Stress oder hormonellen Störungen passieren) oder aber sie tötet die Pups (Welpen), (d.h., sie frisst sie dann meistens auf).

Letzteres kann durch Störungen oder Stress verursacht werden und ist bei 'ursprünglichen' Rattenstämmen seltener als bei speziell gezüchteten Inzuchtstämmen. Dagegen kann man wenig unternehmen, außer natürlich, dass man das Muttertier möglichst wenig stresst und stört. Wenn sich die Mutter nicht um die Neugeborenen kümmert, sollte man abwarten, das kann auch einige Minuten dauern, die Kleinen warm halten (Wärmelampe) und das Muttertier in der Nähe halten.

Alles andere ist völliger Unsinn. Zwingen kann man die Mutter sowieso nicht.

Infantizid (so nennt man das Töten der eigenen Jungen, was jedoch nicht zwingend das Verschlingen selbiger bedeutet) ist zwar alles andere als schön, kommt aber neben der Heimtierhaltung unter bestimmten Bedingu(schwerer Stress, Überpopulation) auch in freier Natur vor.

Bei Ratten trifft in den meisten Fällen der Begriff Kronismus am genausten zu, was das Verschlingen der eigenen Jungen bedeutet. Wenn also eine Rattenmutter ihre Babys nach einer solchen "Zwangsmaßnahme" tatsächlich säugt und nicht tötet, dann hätte sie das mit etwas Geduld auch ohne diesen völlig überflüssigen Stress einer solch fragwürdige Aktion getan! Das gilt auch für den Fall, dass sie die Babys nicht annimmt.

Die Gefahr, dass die Ratte aufgrund dieser enormen Störung ihre Babys tötet, ist weitaus größer als die Möglichkeit, dass sie ihre Babys durch diese Zwangsmaßnahme säugt!

Jungtiere

Mit etwa 3 Wochen werden die Babys entwöhnt. Manche Mütter tolerieren auch eine längere Säugeperiode. Wenn es der Ratte zu viel wird, schreitet sie energisch ein und lässt ihre Babys nicht mehr ans Gesäuge. Der Mensch muss hier nicht eingreifen. Der Käfig sollte jedoch groß genug sein, damit die Mutter sich auch einmal von ihrem Nachwuchs zurückziehen kann, um sich von den Strapazen zu erholen. Es ist sinnvoll, ein erhöhtes Podest anzubringen, das die Kleinen noch nicht erklimmen können. Wenn sie endgültig abgestillt sind, kann den Jungratten durch eine Leiter der Zugang ermöglicht werden. Die Rattenmutter darf auch schon längere Zeit den Käfig verlassen, wenn die Säugeperiode sich dem Ende nähert, bzw. vorüber ist.

Je nach Entwicklung der Jungtiere (meist bereits ab der 2. Woche) sollte den Rattenkindern zusätzliche feste Nahrung angeboten werden. In der Anfangsphase, wenn die Kleinen eben erst entdeckt haben, selbstständig zu essen, eignet sich Kolbenhirse sehr gut zum Knabbern. Dazu ein gutes Körnerfutter, eine Müslimischung ohne Zuckerzusatz, Haferflocken, Früchte, sowie Babybrei (Milch- und Obstbrei) Zum Knabbern hin und wieder eine kleine Menge hartes Brot und Zwieback und frische Birken- oder Weidenzweige (vorher heiß abspülen).

Da Rattenkinder im Babyalter von ihrer Mutter neben allgemeinen Verhaltensweisen auch lernen, was essbar ist, sollte dem Muttertier ein umfangreiches Nahrungsangebot gereicht werden, mit viel Obst und Gemüse. Damit schafft man die Voraussetzungen, dass die Kleinen auch später das ihnen angebotene Futter gut annehmen und erzieht keine mäkligen Esser.

Ab welchem Alter können die Kleinen in liebevolle Hände an neue "Ratteneltern" abgegeben werden?

Selbstverständlich nicht, so lange sie noch von der Mutter gesäugt werden. Jungtiere also erst dann abgeben, wenn sie abgestillt (erfolgt meist nach der 3. bis 4. Woche) sind und selbständig Nahrung aufnehmen (manche Rattenmütter lassen auch eine längere Säugeperiode zu). Doch auch direkt nach dem Abstillen ist es sinnvoll, sie noch 2 bis maximal 3 Wochen (dann müssen die Geschlechter getrennt werden!) zusammen mit ihren Geschwistern bei der Mutter aufwachsen zu lassen, da, wie oben erwähnt, der Nachwuchs von den Alttieren und auch im Spiel mit anderen Jungtieren u.a. wichtiges Sozialverhalten lernen kann und muss, was im Umgang mit Artgenossen sehr wichtig ist.

Die Kleinen sollten nach Möglichkeit niemals einzeln abgegeben werden, sondern mindestens paarweise, auch wenn im neuen Heim bereits andere Ratten leben.

Die Umstellung fällt den Kleinen leichter, wenn sie mit einem Freund zusammen bleiben können, der ihnen bereits vertraut ist, zudem ist es auch sehr wichtig, dass Rattenkinder Umgang mit Artgenossen gleichen Alters haben, da wichtige Verhaltensweisen im Spiel gelernt werden (s.o.).

Leben im neuen Zuhause bereits gleichaltrige Rattenkinder, können die Kleinen notfalls auch einzeln abgegeben werden, besser ist es jedoch immer, wenn sie mit einem Ihrer Wurfgeschwister weiter vermittelt werden.

Etwa ab der 5. Woche sollten die Geschlechter getrennt werden. Im Normalfall tritt die Geschlechtsreife im Alter zwischen 50 und 72 Tagen ein. Diese kann aber je nach Stamm und Wachstumsgeschwindigkeit einzelner Individuen durchaus ein paar Tage nach oben oder unten variieren, jedoch keinesfalls mehrere Wochen. Sie ist zudem noch von weiteren Faktoren abhängig, wie z. B. von der Beleuchtung, die auch auf die Sexualbiologe erheblichen Einfluss hat, von Geruchsstoffen (Pheromone), von der Ernährung usw.

Die Hoden sind zu diesem Zeitpunkt bei den Böcken schon gut zu erkennen.

Jungratten brauchen unbedingt große und sehr geräumige Käfige, da sie in diesem Alter besonders aktiv und bewegungsfreudig sind. Vielfach herrscht die Meinung vor: "Kleine (junge) Ratten - kleiner Käfig, große Ratten - großer Käfig", was natürlich nicht stimmt, denn egal ob junge oder alte Ratten, der Käfig sollte ausreichend groß sein. Wichtig ist, dass die Käfigstäbe eng beieinander liegen, damit sich die Kleinen nicht hindurchzwängen und entwischen.

Jugendentwicklung und Spiel

Junge Ratten spielen sehr viel und lernen dabei ein ausgeprägtes Sozialverhalten. Wir können die Kleinen bereits bei Kampfspielen beobachten, die sich jedoch deutlich von den "Ernstkämpfen" erwachsener Tiere unterscheiden, fehlen, wie bereits angeschnitten, die dabei einleitende Drohgebärden. Junge Ratten lernen in diesen Kampfspielen, wie fest sie zubeißen dürfen, um ihren "Gegner" nicht zu verletzen. Sobald im Spiel eine Ratte etwas (zu) heftig wird, vermittelt ihr das der Partner durch Piepsen, worauf die andere Ratte sofort von ihrem "Gegner" ablassen wird.

Balgereien von Rattenkindern enden meist mit einer Art Fluchtspiel, wobei Verfolger und Verfolgter sich immer abwechseln. Wer ausreichend Platz hat, kann den kleinen Rattenkindern in der Wohnung eine Art Freilauffläche schaffen, diese sollte ausbruchssicher "eingezäunt" sein, so dass die Babys sich dort austoben können. Der "Kinderspielplatz" kann mit allerlei interessanten Dingen ausgestattet werden.

Am besten eigenen sich natürliche Materialien, wie Holz, Pappe und Papier in verschiedenen Formen und Varianten.

Soziale Körperkontakte sind sehr wichtig, z. B. bei Streitigkeiten oder Feindseligkeiten unter Ratten. So kriechen bereits schon junge Ratten beim Spiel unter- oder übereinander. Ein solches Verhalten kann auch bei erwachsenen Tieren beobachtet werden. Dieses "crawling under" bzw. "walking over" gehört nicht zum Aggressionsverhalten und dient im Erwachsenenalter zum Vermeiden von Kämpfen. Zum Körperkontakt gehört auch das Zusammenkuscheln. Nur trächtige Weibchen werden sich von dieser Art des Sozialkontaktes ausschließen. Die Körperwärme durch engen Hautkontakt zu regulieren, ist ein Faktor, den Ratten wohl durch "Kindheits"erfahrungen beibehalten haben. Babyratten bis zu einem Alter von mindestens 18 Tagen können ihre Körpertemperatur nicht selbst regulieren. Das geschieht eben durch diesen Körperkontakt, die Babys werden durch die Körperwärme vom Muttertier vor dem Auskühlen bewahrt.

Spielzeug für Ratten?

Brauchen Ratten überhaupt Spielzeug?

Spielzeug brauchen Ratten in der Regel kaum bis gar nicht. Ratten spielen nicht etwa wie Katzen oder Hunde mit Bällchen oder Stoffmäusen, allenfalls versuchen sie diese Dinge zu benagen. Daher ist es sinnvoller ihnen z. B. geeignetes Nagematerial aus natürlichen Stoffen (siehe oben), wie etwa Nageholz in Form von Zweigen von Birke, Weide oder Obstbäumen, Papier und Pappe anzubieten.

Wenn Ratten spielen, dann tun sie das mit ihresgleichen, nicht mit irgendwelchen Spielzeugen, es sei denn, ihr Mensch "spielt" mit ihnen, dann macht gewisses Spielzeug durchaus Sinn. Geeignet sind Garn- oder Pappröllchen, die man an einer Schnur binden kann (die Ratten versuchen dann sie zu fangen), Papierbällchen, Hühnerfedern zum "Kitzeln" und Hinterher-Rennen usw. Weitere Beschäftigungsmöglichkeiten (Leitern, Papprollen zum Verstecken, Hängematten und -körbchen, Kletterseile, dicke geflochtene Kordeln, Hanfseile usw. zählen zur Einrichtung, werden also nicht als Spielzeug aufgelistet) sind zum Beispiel auf eine Schnur gezogene rohe (geht auch mit gekochten) Hohlnudeln oder Popcorn (selbst gemacht, ohne Salz, ohne Zucker oder sonstige Gewürze), die erreichbar für die Ratten aufgehängt werden können. Auch Büffelhautknochen mögen manche Ratten gerne benagen, es gibt für Hunde mit Milchdrops gefüllte Kauknochen, die ebenfalls einen besonderen Anreiz darstellen.

Von Spielzeug aus Kunststoffen rate ich dringend ab. Selbst wenn es noch so süß aussieht, wenn die Ratte ein Kinder- Überraschungsei aufnagt.

Ratten haben keinen angeborenen Sinn dafür, zu wissen was gut für sie ist und was nicht. Sie sind zwar vorsichtig und müssen erst lernen, was genießbar ist, können den Grund ihrer Mundhöhle durch das Diastema verschließen, so dass in der Regel nichts unbeabsichtigt geschluckt wird. Es könnte aber durchaus sein, dass sie Geschmack am Kunststoff finden und testen, ob evtl. nicht nur der Inhalt, sondern auch die Verpackung essbar ist und Teile davon schlucken.

Auch wenn wir davon ausgehen, dass das Material selbst nicht giftig ist und die meisten Kunststoffe häufig unverändert den Verdauungstrakt passieren, kann es dennoch gefährlich sein, weil bestimmte weiche Plastikmaterialien bei Kontakt mit Magensäure sehr hart, spröde und unflexibel werden können. Es entstehen mitunter scharfe Kanten, die zum Beispiel die Magenschleimhaut verletzen können.

Schlimmstenfalls kommt das Material im Darm nicht weiter, was zu einem Darmverschluss führen kann. Wenns denn unbedingt ein Plastikspielzeug sein muss: Wenn der Rattenhalter mit seinen Ratten spielt und verwendet dabei Materialien aus Kunststoff, wie z. B. kleine Gummi-/ oder Plastikbällchen, Überraschungseier oder dergleichen, dann sollte er unbedingt darauf achten, dass die Ratten nichts davon abnagen, bzw. auffressen und die Teile nach Beendigung des Spieles sofort entfernen.

Inzucht

Ratten verpaaren sich mit anderen Ratten, unabhängig davon, ob oder wie sie miteinander verwandt sind. Die meisten Tierarten haben einen sozialen Mechanismus, der dabei die Inzucht niedrig hält. Meist werden dabei die jungen Männchen aus der Kolonie ausgeschlossen und müssen sich eine andere Gruppe suchen. Bei Ratten soll das jedoch so nicht funktionieren. Die Wissenschaft hat noch keine Erklärung dafür, wie Ratten es schaffen, den Inzuchtgrad innerhalb der Gruppe tief zu halten. Es muss auch über den Austausch von Tieren ablaufen, aber Details sind (mir) nicht bekannt.

In der Heimtierhaltung haben Ratten diese Freiheit nicht und es kommt zur Inzucht, sofern der Mensch nicht lenkend eingreift (Austausch von Zuchttieren).

In der Versuchstierkunde haben sogenannte Inzuchtstämme eine wichtige Funktion. Diese Stämme werden absichtlich erhalten über die Bruder-Schwester Verpaarung. Viele dieser Stämme existieren schon seit über 100 Generationen. Die Tiere sind in der Regel kleiner als Tiere von "Auszuchtstämmen", sie haben zum Teil eine etwas höhere Krankheitsanfälligkeit und eine etwas kürzere Lebenserwartung. Aber sonst sind es absolut normale Tiere und ohne genetische Tests nicht von anderen Ratten zu unterscheiden. Inzucht in einem etablierten Inzuchtstamm ist also nichts Schlechtes.

Aber wenn ein Inzuchtstamm etabliert wird, kommt es zu Problemen. Ratten, wie auch andere Tierarten und Menschen, haben schädliche (letale) Gene, die sie mit sich tragen. Normalerweise haben diese letalen Gene keinen Einfluss, da ja immer noch ein normales Gegenstück vorhanden ist (vom anderen Elternteil). Sind jedoch beide Elternteile Träger des gleichen letalen Genes, so können die Nachkommen geschädigt sein. Je näher die Eltern verwandt sind, desto wahrscheinlicher ist es, dass sie die selben letalen Gene tragen. Deshalb gilt Inzucht (nicht nur beim Menschen) als schädlich.

Wie sind nun die Inzuchtstämme entstanden? Man hat ursprünglich mit vielen Zuchtpaaren angefangen und nach 4 oder 5 Generationen haben sich viele einfach nicht mehr oder nur noch sehr schlecht fortgepflanzt. Der Grund war, dass diese Tiere letale Gene hatten, die nun zu Problemen führten. Aber einige Linien hatten keine Probleme, da sie per Zufall keine schlechten Gene trugen und diese somit auch nicht weitergeben konnten. Nach 20 Generationen sind all die Tiere mit letalen Genen ausgeschieden und nur noch die ohne solchen Gene sind übrig. Von diesem Zeitpunkt an kann der Stamm dann problemlos mit reiner Inzucht gezüchtet werden. Neue letale Gene (Mutationen) entstehen nur sehr selten.

Für einen Heimtierhalter ist dies aber nur graue Theorie. Die Versuchstierzucht befasst sich mit ein paar Generationen und nicht mit 20. Und bei weniger als 20 Inzuchtgenerationen ist die Chance sehr groß, dass es zu Totgeburten, Unfruchtbarkeit und Missbildungen kommt. Niemand will das riskieren und deshalb ist eine regelmäßige Blutauffrischung wichtig. Das heißt aber nicht, dass bei jeder Paarung in der Familie Missgeburten entstehen. Aber die Chance, dass es dazu kommt, steigt mit jeder Inzuchtgeneration.