Eingewöhnung von neuen Ratten
Ratten, die neu aufgenommen werden, sind oft ängstlch,unsicher und verschüchtert, erwachsene Tiere mitunter bissig (je nach Herkunft und Erfahrungen, die sie bisher gemacht haben).
Der Weg ins neue Heim sollte deshalb so ruhig und stressfrei wie möglich verlaufen. Gut geeignet sind mittelgroße Transportboxen, die mit einer dicken Schicht Einstreu, oder aber mit Küchentüchern, Zeitungsschredder oder Klopapier gefüllt werden sollten. Ein kleiner Karton bietet ängstlichen Tieren Schutz. Zuhause können die Ratten wenn erforderlich mitsamt Schachtel in ihr vorläufiges Heim übersiedelt werden.
Seit gut 20 Jahren gehe ich nach der gleichen Methode vor, und bei mittlerweile über 250 Ratten (Farbratten, wie auch Wanderratten und Hausratten) unterschiedlichster Herkunft (aus privater Haltung, vom Zooladen, vom Futtertierzüchter und aus dem Labor/Versuchstierinstitut) ) mit unterschiedlichsten Charaktereigenschaften hat dies immer hervorragend geklappt, an einen Zufall mag ich da nicht glauben.
Wenn ich eine neue Ratte bekommen, wobei ich seit vielen Jahren keine Einzeltiere mehr aufnehme, sondern mindestens zwei, die bis zur Integration in die Gruppe dann nicht so lange allein sein müssen und so gleich einen Spielkameraden haben, bis sie auf mich geprägt sind und die prophylaktische Behandlung gegen Parasiten abgeschlossen ist. Vor allem auch bei männlichen (Jung-)Tieren ist es besser sich für zwei zu entscheiden. Je nach Rudelzusammenstellung kann es sein, dass die Männchen kastriert werden und eine Wartezeit eingehalten werden muss.
Neue Ratten bringe ich nicht sofort im "Hauptkäfig" unter, sondern zunächst in einer großen Transportbox oder in einem entsprechend größeren Hamsterkäfig. Sehr gut bewährt hat sich der Käfig Joker, den ich auch als Krankenkäfig verwende. Die "Einrichtung" besteht vorerst nur aus einer Trinkflasche, einem Futternapf und einem Haus ohne Boden, das ich bei Bedarf nur hochheben muß, um Zugriff auf meine meist noch ängstlichen und scheuen Ratten zu bekommen. So wird ihnen eine möglicherweise lästige Jagd (im großen Käfig) erspart, wenn ich sie täglich heraushole,sofern sie sich nicht bereits alleine aus ihrem neuen Heim wagen. Es ist wichtig, neue Ratten mehrmals täglich aus dem Käfig zu nehmen, damit sie sich sehr schnell an ihren Menschen gewöhnen! Beginnen kann, bzw. sollte man damit etwa am zweiten Tag nach ihrer Ankunft im neuen Heim. Am Tag des Einzuges sollten wir sie zunächst etwas zur Ruhe kommen lassen.
Wenn man berufstätig ist, ist es sinnvoll, sich schon bevor die Ratte ins Haus kommt, Gedanken darüber machen, welche Tages/Abendzeit am günstigsten ist, um sich mit ihr/ihnen zu beschäftigen. Am besten organisiert man das so,d aß man täglich mit seiner Ratte spielt, sie zur selben Zeit füttert usw. Ein geregelter Tages- und Nachtrythmus ist für das Wohlbefinden unserer Lieblinge wichtig und trägt dazu bei, daß sie ausgeglichener im Wesen sind und nicht so anfällig für Krankheiten, denn ein ständig wechselnder Lebensrythmus steigert die Stressanfälligkeit, und Dauerstress kann krank machen.
Ich setze mich auf ein Sofa (Sessel , Stuhl oder Bett eignen sich natürlich auch) und nehme die Ratte(n) in beide Hände, wobei ich sie dabei so umschließe, daß sie meiner Hand nicht entgleiten können. Neue Ratten sind meist noch sehr scheu und ängstlich und wollen nicht freiwillig in der Hand sitzen bleiben. Ist das der Fall, so sollte man sie auch gegen ihren Willen kurze Zeit (etwa ein bis zwei Minuten, oft genügt auch schon eine halbe Minute!) festhalten und dann in die Box/Käfig zurücksetzen. Wenn sie es zulassen, kann man sie auch vorsichtig streicheln, wehren sie sich extrem gegen diese Art der Berührung, so sollte man zunächst noch darauf verzichten.
Wichtig ist, daß die Ratte merkt, daß sie erst dann "freigelassen" wird, wenn ihr Mensch das will, nicht wenn sie es möchte!Auf keinen Fall sollte sie die Möglichkeit haben, aus der Hand zu springen und dabei auf dem Boden zu entwischen.
Es gibt auch extrem ängstliche Ratten, die, einmal in die Hand genommen, so verschüchtert sind, daß sie keine Bewegung machen. Auch Ratten, die so ein Verhalten zeigen, sollte man kurz in den Händen halten, beruhigend auf sie einsprechen und dann zurück in die Box /Käfig setzen.
Anfangs ist dieses "in der Hand sitzen " und das damit verbundene Streicheln von Seite der Ratte nur ein "Dulden". Das ist normal und wird sich später ändern. Wenn die Ratte sitzen bleibt, kann sie auch auf dem Sofa/Bett neben ihrem Menschen Platz nehmen. Die schützende Hand sollte aber immer bereit sein, falls sie versucht, vom Sofa zu springen. Das sollte auf jeden Fall verhindert werden. Im Idealfall sucht sie von sich aus unter dem T-Shirt ihres Menschen Schutz. Dort kann sie so lange bleiben, wie ihr Mensch Zeit für sie hat.
Selbstverständlich darf man besonders "vorwitzigen" Ratten, die bereits sehr mutig sind, erlauben, auf ihrem Menschen herumzuklettern. Sie sollten jedoch in den ersten Tagen immer in seiner Nähe bleiben. Das (kurze) "Festhalten", bzw Aufnehmen mit beiden Händen ist nach wie vor wichtig. Die Ratten müssen lernen, dass ihr Mensch das jederzeit darf und zwar so lange, wie _ er _ das will, nicht sie dürfen bestimmen, wann sie sich ihrem Menschen entziehen. Also sanft festhalten, streicheln, leise mit ihnen sprechen, kurz abwarten und erst _ dann _ absetzen, wenn sie nicht (mehr) zappeln. Andernfalls könnten sie dann eine Verbindung herstellen : "Wenn ich zapple, werde ich gleich losgelassen". Ratten sollten sich immer und jederzeit von ihrem Menschen problemlos festhalten lassen, das ist wichtig beim vorbeugenden Abtasten des Körpers auf Tumoren/Abszesse, sowie beim Besuch bzw. der Behandlung durch den Tierarzt.
Es genügt natürlich nicht, diesen Vorgang einmal täglich durchzuführen, einige Male am Abend oder je nachdem wie der Mensch Zeit hat, sollten es schon sein.
Bevor die neuen Ratten nicht ihre Angst und Scheu verloren haben, sollte darauf verzichtet werden, sie z. B. auf der Schulter durch die Wohnung zu tragen. Sie werden möglicherweise aus Angst sitzen bleiben, auf sensible Tiere brechen zu viele neue Eindrücke und unbekannte Geräusche ein. Es kann aber auch passieren, daß sie versuchen zu flüchten und sogar von der Schulter springen werden. Sie könnten sich so leicht verletzen und/oder ein Versteck aufsuchen, aus dem sie sich nur schwer wieder hervorlocken lassen.
Wir hätten dann auch schon eine "vorgeschädigte" Ratte, die so ihre ersten negativen Erfahrungen gemacht hat, oder umgekehrt später einmal jede Gelegenheit benutzt, um fortzulaufen.
Freilauf im Zimmer sollten wir der Ratte erst dann erlauben, wenn sie jegliche Angst vor ihrem Menschen und der Umgebung verloren hat. Futter aus der Hand nehmen neue und schüchterne Ratten in der ersten Zeit eher selten oder meist gar nicht an, daher sollte man ihnen auch erst dann etwas mit den Fingern reichen, wenn sie freiwillig bereit dazu ist, es anzunehmen. Willl man seine neue Ratte an ihren Namen gewöhnen, so ist jetzt die beste Gelegenheit. Immer wenn man seine Ratte aus der Box nimmt, ist es sinnvoll, sie mit ihrem Namen anzusprechen und ihn auch ständig zu wiederholen. So kann die Ratte die Verbindung herstellen: Herausholen - Name - Ich bin gemeint (die Ratte)..
Natürlich sind nicht alle Ratten gleich "intelligent" und so wird es immer welche unter ihnen geben, die niemals lernen , auf einen (ihren) Namen zu hören. Damit muß man sich dann eben abfinden und das Tier keinesfalls bestrafen, falls es nicht auf Zuruf kommt! Viele Ratten lassen sich auch durch bestimmte Geräusche locken, wie etwa das Klappern mit der "Leckerle-Box", wenn sie das mit einer kleine B elohnung in Verbindung bringen.
Bringt man neuen Ratten gleich in dem ihnen zugedachten "Hauptkäfig"/Voliere oder dgl unter, ohne dass sie zunächst auf ihren Menschen geprägt wurden und Vertrauen zu ihm gefasst haben, so sehen sie dieses Domizil sofort als ihr ganz eigenes Revier an, das es gegen den "Fremden" zu verteidigen gilt. So kann es u. U. dazu kommen, wenn der Mensch hineingreift und die Ratte aus dem Käfig/Voliere nehmen möchte, sie versucht, den Eindringling zu vertreiben und beißt. Das lässt sich dadurch verhindern, dass man Ratten so an sich gewöhnt wie oben beschrieben. Wenn sie nämlich erst einmal zu ihrem Menschen Vertrauen gefasst haben, dann werden sie niemals mehr versuchen, ihn zu beißen, d. h. werden sie nach der Prägung auf ihren Menschen im Hauptkäfig untergebracht, so sehen sie Ihren Menschen nicht als Feind/Gegner und werden ihr Revier auch nicht gegen ihn zu verteidigen suchen, sondern mit ihm teilen.
Dann kann ihr Mensch sie immer problemlos aus dem Käfig herausholen, ohne die Gefahr, gebissen zu werden. Hat man dies versäumt und sie haben erst einmal die Erfahrung gemacht, daß sie durch Zubeißen dem Menschen gegenüber ihren Bereich verteidigen können, ist dieses Verhalten nur schwer wieder rückgängig zu machen. Selbstverständlich gibt es Verhaltensunterschiede, d h es mag Ratten geben, die durchaus nicht aggressiv und/oder ängstlich reagieren, wenn sie aus dem Käfig geholt werden. Wichtig ist, sich individuell auf jede einzelne Ratte einzustellen.
Häufig wird geraten, ein (getragenes) Kleidungsstück, etwa ein T-Shirt oder Socken, in den Käfig neuer Ratten zu legen, auf diese Weise sollen sich die Tiere an den Geruch ihres Menschen gewöhnen. Diese Methode ist jedoch nicht empfehlenswert!
Welchen Bezug sollten Ratten zu einem Geruch herstellen, mit dem sie nichts anzufangen wissen und der ihnen, wahrscheinlich wie alle bislang unbekannten Düfte, erst einmal Angst macht. Fremde Gerüche bedeuten zunächst immer Gefahr.
In ihrem neuen kleinen Revier dringt plötzlich ein fremder Geruch in ihre Nase. Da die Ratten in der Regel bis zu diesem Zeitpunkt noch keinen ausreichenden Kontakt mit ihrem Menschen hatten, um sich etwa an ihn, bzw. dessen Geruch zu gewöhnen und dabei gelernt haben, nichts Negatives mit diesem Duft zu verbinden, können sie auch keine (angenehmen) Erfahrungen damit in Verbindung bringen. Der Rattenhalter erreicht also möglicherweise damit genau das Gegenteil von dem, was er eigentlich wünscht. Beim nächsten direkten Kontakt mit dem Menschen passiert dann genau das gleiche, wie beim ersten Kontakt einander fremder Ratten: Die Tiere verhalten sich ihrem Gegenüber (Mensch oder Ratte) wie einem potentiellen Feind, haben( noch mehr) Angst vor ihm, oder beißen, weil sie meinen, sich verteidigen zu müssen. Ratten sollten sich an ihren Menschen und dessen Geruch ausschließlich durch entsprechendes Handling und "direkten" Körperkontakt gewöhnen. Nur durch diese (positiven) Begegnungen, die sie dann auch unmittelbar mit dem Duft des Menschen in Verbindung bringen, können sie Vertrauen auf- und Ängste abbauen.
Es ist daher auch sehr wichtig, nicht darauf zu warten, dass neue Ratten "von selbst" auf ihren Menschen zugehen, sondern unter Umständen wenn nötig mit etwas sanfter Gewalt "nachzuhelfen" (siehe oben).
Das A und O jeglichen Rattenhandlings ist Zeit, Geduld, Ausdauer und Konsequenz! Wir sollten unseren Ratten soviel Zeit geben wie sie brauchen, das gilt für die Eingewöhnung ins neue Heim und an ihren Menschen genauso wie für eine spätere Integration in ein bereits vorhandenes "Rattenrudel". Gestresste und nervöse Menschen können ihre Unruhe auf sensible Ratten übertragen. Das gilt es stets zu bedenken.