Die Sinnesorgane der Ratte- Der Geruchssinn

Ratten, wie Nagetiere überhaupt, aber auch andere Säuger (z.B. Hunde) haben einen im Vergleich zum Menschen sehr viel besser ausgeprägten Geruchssinn (der Hund 10.000 - 1.000.000mal empfindlicher). Sie werden Makrosmatiker genannt. Unsere Farbratten haben im Laufe der Domestikation nur einen geringen Teil ihres Riechzentrums im Gehirn eingebüßt (während andere Areale wie der für den Bewegungsdrang vergleichsweise mehr zurückgebildet wurden). Sind Tiere wie die Ratte jedoch schon für relativ kurze Zeit permanent vorhandenen, starken Gerüchen ausgesetzt, so nehmen sie diese nur noch wenig oder gar nicht mehr wahr.

Es ist bekannt, dass die Augen von Albinoratten besonders lichtempfindlich sind. Wird eine rotäugige Ratte geblendet, versucht sie als "Nasentier" möglichst viele Gerüche aufzunehmen, um ihr momentan schlechteres "Sehvermögen" auf diese Weise auszugleichen. Sie erreicht das damit, indem sie mit ihrem Kopf hin- und herpendelt.

Änderungen im Geruchsmuster, wie sie einer Ratte in ihrem Umfeld vorliegen und die sie daher "kennt", können Verhaltensstörungen auslösen. Das heißt, wird eine Ratte mit ihr fremden Gerüchen konfrontiert, kann das Reaktionen hervorufen, die mit anderen ihr unbekannten Faktoren vergleichbar sind und zu Streß führen, der wiederum auch physische Erkrankungen zur Folge haben kann.

Natürlich wird (neben dem Geschmacksinn) der Geruchssinn auch beim Nahrungserwerb eingesetzt, sowie bei der Orientierung in der Umwelt. Letzteres geschieht durch das Erkennen von Pheromonen, die von anderen Ratten beispielsweise zur Markierung von Laufwegen abgesetzt wurden. Entscheidend ist der Geruchssinn auch bei der Partnerwahl. Männchen erkennen paarungsbereite Weibchen am Geruch. Da Gerüche und deren Bedeutung erlernt werden müssen, sind kastrierte Männchen, die vor diesem Eingriff noch keine Erfahrungen mit geschlechtsreifen Weibchen machen konnten, dazu nicht in der Lage.

Der Geruchssinn bei Ratten spielt auch bei sozialen Komponenten eine große Rolle. Ein (nicht gerade der Realität entnommenes) Beispiel. Junge Ratten und deren Mütter wurden eine zeitlang mit Eau de Cologne eingerieben, eine Kontrollgruppe dagegen mit nach "Ratten duftender" Einstreu aus dem Käfig. Anschließend stellte sich heraus, dass die mit dem Duftwasser "behandelten" Ratten ebenso den Kontakt nur zu genauso riechenden Ratten bevorzugten wie auch die anderen Tiere die Gesellschaft zu ihresgleichen suchten. Durch ihren Eigengeruch lernen sich Mutter und Babyratte kennen und machen sich dadurch gegenseitig unverwechselbar (dies geschieht auch durch die ausgestoßenen Töne. Müssen Babys einer Amme überantwortet werden, sollten sie vorher entweder mit dem Käfigeinstreu oder mit dem Geruch der Amme "verwittert" werden, damit sie von dieser nicht abgelehnt oder gar getötet werden. Aus dem selben Grund sollte man während der Jungenaufzucht in den ersten Tagen nach der Geburt die kleinen Ratten nicht anfassen, da es mitunter vorkommen kann, dass Rattenmütter ihre Babys wegen des Fremdgeruchs nicht mehr annehmen.

Wie bei Reptilien, die allerdings über ihre Zunge Duftpartikel aus der Umgebung aufnehmen und diese über das jacobson'sche Organ wahrnehmen, spielt auch bei Ratten dieses "Vomeronasal-Organ" eine bedeutende Rolle beim Fortpflanzungsverhalten, da eine ganze Reihe von Duftstoffen (Sexualpheromone), die das Sexualverhalten beeinflussen, von Nagetieren über das jacobson'sche Organ wahrgenommen werden.

Beim Menschen ist es nur beim Embryo ausgebildet und wächst später zu.