Die Sinnesorgane der Ratte- Das Gehör

Ratten haben ein sehr gut arbeitendes Gehör, und die hörbaren Frequenzen liegen auch im Ultraschallbereich bis zu 80 KHz. Besonders empfindlich reagiert der Gehörsinn im Bereich zwischen 15 und 25 KHz (zum Vgl.: der Frequenzbereich beim menschlichen Gehör liegt lediglich zwischen 16 und 20.000 Herz).

Bedingt durch diese hohe Bandbreite an wahrnehmbaren Geräuschen sind Ratten sehr lärmempfindlich. Dauerlärm, den wir Menschen vielleicht oft gar nicht oder nicht mehr wahrnehmen, kann bei Ratten Stress verursachen und dadurch zu Erkrankungen führen. Primär natürlich am Ohr selbst, vor allem am Innenohr, aber auch Folgeerscheinungen wie Blutdruck- oder Blutzuckeranstieg können beobachtet werden. Hochfrequente Töne wie z. B. das Zischen von Wasserdampf können bei in diesem Bereich besonders empfindlichen Tieren wie eben der Ratte zu einer Verminderung der Hörfähigkeit führen.

Ständig vorhandener Lärm kann dazu beitragen, dass vor allem Jungtiere in ihrer Entwicklung aggressiv werden und bleiben. Außerdem kann das Fortpflanzungsverhalten darunter leiden. Laute Geräusche oder andauernd hoher "Lärm"pegel, z. B. durch laute Musik, sollten im Bereich der Rattenhaltung daher vermieden werden. Von einer Gesundheitsgefährdung abgesehen, können sich Ratten bei plötzlich auftretenden Geräuschen stark erschrecken.

Dies kann bei plötzlich auftretenden und in die besonders empfänglichen Hörfrequenzen reichenden Geräuschen sogar zu Schockzuständen führen, dem sogenannten audiogenen Schock. Eine betroffene Ratte kann in dem Fall wie von Sinnen in ihrem Käfig herumrennen, um dann fast apathisch zu verharren. Eine schnelle Beruhigung des Tieres durch den Rattenhalters ist hier gefragt. Also: Man sollte sehr darauf achten, dass Ratten keinem ungewohnten und plötzlich einsetzenden Lärm ausgesetzt werden. Lässt sich das einmal nicht vermeiden (z. B. bei anfallenden Heimwerkerarbeiten), kann man versuchen, das Tier daran zu gewöhnen, vielleicht durch ein zunächst nur ganz kurz eingeschaltetes Arbeitsgerät. Besser ist es, die Ratten für die gesamte Dauer der Arbeiten mitsamt Käfig in einem anderen, ruhigeren Raum unterzubringen.

Die Belastung durch Lärm hängt weniger von der Frequenz ab, sondern von der Lautstärke. 15-25 kHz ist der normale Hörbereich der Ratte. Sie hört auch in anderen Bereichen, jedoch weniger gut. Das bedeutet, dass die Lautstärke im anderen Bereich höher sein muss, um wahrgenommen werden. Somit werden Töne bei gleicher Lautstärke im normalen Hörbereich als lauter empfunden. Man kann also sagen, dass Töne in diesem Bereich eher eine Belastung sein können.

Generell ist zu sagen, dass laute Töne stärker belastend sind. Das scheint eine offensichtliche Schlussfolgerung zu sein, da es uns Menschen ja ebenso geht. Das Problem liegt in der Verschiebung des Hörbereiches. Tiefe Töne, welche von uns als unangenehm laut empfunden werden, werden von der Ratte kaum oder gar nicht wahrgenommen. Im Versuchstierbereich werden desshalb Feueralarmsirenen mit tiefen Tönen eingesetzt. Die Menschen können sie hören, die Ratten werden aber nicht bei jedem Fehlalarm gestört.

Umgekehrt können sehr hohe Töne, im Extremfall im Ultraschallbereich, von den Ratten als unangenehm empfunden werden, während wir sie kaum oder gar nicht hören. Insbesondere Lärm von Maschinen, Computer, etc. Wir hören nichts und die Ratte ist gestresst. Dies sollte bei der Wahl der Unterbringung der Ratten im Wohnbereich berücksichtigt werden.

Töne im Ultraschallbereich werden von Ratten selbst abgegeben. Sie dienen der innerartlichen Kommunikation, genau wie andere, im hörbaren Bereich des Menschen liegende. Zu letzteren gehört der Warnruf, der alle Mitglieder eines Rudels veranlasst, sich zu verstecken. Im Bereich von 2.100, bzw 2.600 Herz liegende Töne (also auch durch den Menschen wahrnehmbar), die an ein Pfeifen erinnern, werden sowohl von Männchen als auch von Weibchen ausgestoßen. Sie sollen Eindringlingen in ein Revier bzw. fremde Männchen veranlassen, sich zurückzuziehen.

Ultraschalltöne werden vor allem von Rattenbabys produziert. Sie versuchen dadurch ihre Mutter zu rufen, etwa bei Hunger oder auch bei Gefahr des Auskühlens im Nest. Ultraschall wird auch von Babys benutzt, um adulte Tiere "freundlich" zu stimmen. Außerdem, besonders wichtig, lernen sich Mutter und Babyratte durch ihre typischen Töne kennen und sind dadurch gegenseitig unverwechselbar (auch der Geruch spielt dabei eine große Rolle). Stoßen Babyratten keinerlei Töne aus, sei es weil es sich um dafür zu schwache Tiere oder auch um Totgeburten handelt, kann es geschehen, dass sie von der Mutter gefressen werden.

Ein Demutsschrei, dessen Existenz manche Rattenhalter als gegeben betrachten, ist bislang wissenschaftlich nicht nachgewiesen!

In der aggressiven Auseinandersetzung zwischen Männchen werden vom subdominanten Tier Vokalisationslaute ausgestoßen, die sich im Hauptbereich um 20 kHz befinden. Ob diese Laute jedoch der Kommunikation, bzw. Vermittlung von Unterwürfigkeit dienen oder ein mechanisches "Nebenprodukt" sind, ist bislang ungeklärt. Auch ist durchaus umstritten, ob mit dieser Art von Lauten das überlegene Tier tatsächlich "besänftigt" wird, da das unterlegene Tier vor allem auch unterwürfige Verhaltensweisen (Bewegungslosigkeit, defensives Verhalten) zeigt, die sehr wichtig in der Demonstration der Unterlegenheit sind.

Dass allein die Vokalisation im Ultraschallbereich nicht ausreichend ist, zeigt die Tatsache, dass ernsthafte Kämpfe sehr häufig tödlich enden, wenn z. B. eine Ratte versucht, in ein fremdes Revier einzudringen.

Zwar wird hin und wieder auf einen Demutsschrei verwiesen, aber wie oben erwähnt, gibt es bislang gibt es keinen Nachweis, dass ein solcher existiert.

Wissenschaftliche Untersuchungen in der Heimtierhaltung an einigen wenigen Farbratten mit einem Ultraschall-Konverter (Bat-Detektor, Gerät, das Ultraschalllaute für das menschliche Ohr hörbar macht und z. B. bei der Fledermausforschung eingesetzt wird) sind unmöglich durchführbar, bzw. aussagekräftig. Auch wenn ein "Hobbyrattenhalter" den einen oder anderen Ton wahrnehmen mag, so kann er ihn weder zuordnen, noch in irgendeiner Form auswerten. Er kann allenfalls vermuten und spekulieren.

Nur Experimente unter standardisierten und kontrollierten Haltungs- und Laborbedingungen sind in der Lage, Aufschluss über Ursache und Wirkung, Grundlage und vielleicht sogar Zweck bestimmter Verhaltensweisen (wie die Ultraschall-vokalisation) zu geben.

Der Heimtierbereich bietet keinerlei Voraussetzungen für derartige (wissenschaftliche) Untersuchungen, zudem werden in der Forschung Spektogramme für eingehende Studien und Harmonien verwendet.