Kranke Ratten - Die Operation

Einige Tierärzte raten, die Ratte einen Tag vor der Operation nicht mehr zu füttern. Dieses Fasten über mehrere Stunden ist jedoch nicht ratsam. Da Ratten zwar nicht erbrechen, jedoch an hervorgewürgtem Schleim ersticken können, halte ich es so, ihnen in den letzten 4 Stunden vor einer Operation kein Futter mehr anzubieten. Meine Ratten haben jedoch bis etwa 2 Stunden vor der Operation Wasser zur Verfügung.

Um unnötige Aufregung der Tiere zu vermeiden, kann man in vorheriger Absprache mit dem Arzt besonders nervösen Ratten vor dem Einleiten der Narkose, bzw bereits vor dem Gang zum Tierarzt Medikamente wie z. B. Tranquillizer (Beruhigungsmittel) verabreichen. Diese potentieren häufig auch die Wirkung der Narkosemittel, dadurch kann auch die Dosierung der Anästetika reduziert werden.

Steht nun eine Operation an, stellt sich dem Rattenhalter immer wieder die Frage, welche Narkose ist geeignet und belastet die Ratte am wenigsten.

Der Streit, ob nun Injektion- oder Inhalationsnarkose besser ist, kann so einfach nicht gelöst werden. Zu viele Faktoren sind da im Spiel. Es gibt für beide Systeme gute und schlechte Medikamente. Welches Verfahren gewählt wird, hängt von verschiedenen Punkten ab. Jeder Tierarzt hat Methoden, die ihm besser liegen als andere. Bei sehr kurzen und sehr langen Eingriffen ist die Inhalationsnarkose meist besser. Operationsdauern von 20-40 Minuten sind gut für Injektionsnarkosen.

Injektionsnarkosen sind einfacher, keine Apparaturen nur geringe Überwachung ist nötig. Inhalationsnarkosen sind dafür besser steuerbar.

Für eine Injektionsnarkose ist z. B. eine Kombination von Hypnorm und Medetomidin zu empfehlen. Dies ist die effektivste und vor allem sicherste Injektionsnarkose. Die Tiere vertragen bis zu der doppelten Normaldosis, ohne daß es zu Todesfällen kommt. Leider verwenden viele Tierärzte immer noch Barbiturate (z.B. Pentobarbital). Dies ist allerdings nur geeignet für die Euthanasie, da es sehr schwierig zu dosieren ist.

Es gibt Tierärzte, die eine Narkose mittels Injektion einleiten, um dann mit Inhalation fortzufahren. Inwieweit dies sinnvoll ist, darüber gehen die Meinungen auseinander. Eine Schmerzfreiheit ist mit dieser Injektion noch nicht verbunden. Sie dient lediglich dazu, sehr nervöse Ratten "ruhigzustellen" und in einen gewissen Entspannungszustand zu versetzen. Dies kann jedoch auch zu Hause durch die Eingabe eine Tranquillizers erreicht werden und die Ratte muss durch eine zusätzliche Injektion und eine damit verbundene Wartezeit nicht zusätzlich gestresst werden. Jeder Rattenhalter kennt sein Tier am besten und kann selbst beurteilen, ob eine "Beruhigungsspritze" vor der Operation erforderlich ist.

Ich persönlich habe mit der Inhalationsnarkose bei Operationen und Kastrationen meiner Ratten nur die besten Erfahrungen gemacht, kein Tier blieb in der Narkose und ich kann diese Art der Anästhesie daher jedem Rattenhalter empfehlen. Der Tierarzt sollte jedoch auch Erfahrung mit dieser Art der Narkose haben, denn eine entsprechende Überwachung ist unbedingt erforderlich, damit es zu keiner Überdosierung kommt, die sich evventuell durch Atemstillstand äußern kann. Tritt so ein Fall ein, muss bei einer Inhalationsnarkose dann die Zufuhr des Anästhetikums sofort unterbrochen und durch reinen Sauerstoff ersetzt werden. Bei Komplikationen mittels Injektionsnarkosen wird ein Antagonist (Aufwachpritze) verabreicht und die Ratte künstlich beatmet.

Bei einer komplikationsfrei verlaufenden Narkose kommen Antagonisten nach meinen Erfahrungen eher selten zum Einsatz. Sie finden überwiegend Verwendung, wenn bei einer Injektionsnarkose Herz-/oder Atemstillstand auftritt und schnelles Erwachen notwendig ist. Leider können sie bei solchen Komplikationen auch nicht immer schnell genug wirken.

Die beiden gut geegneten Inhalationsnarkotika Halothan und Metoxyfluran sind inzwischen leider beide nicht mehr erhältlich. Als Alternative wird inzwischen von den meisten Tierärzten Isofluran Narkoseeingesetzt, seltener Sevofluran.

Während und nach der Operation (auf dem Heimtransport und später zu Hause) müssen die Ratten warm gehalten werden , da der kleine Körper schnell auskühlt.

Während einer Operation darf die Umgebungstemperatur des kleinen Patienten bei höchstens 25 - 27 Grad Celsius liegen (Körpertemperatur konstant bei 37 Grad) , keinesfalls darüber. Ideal ist, vor allem nach einer Operation und dann besonders wenn die Narkose mittels Injektion durchgeführt wurde, wonach die narkotisierte Ratte oft noch stundenlang schläft, eine Temperatur nahe der Raumtemperatur, zwischen 18 und 23 Grad also. Liegt sie zu lange darüber, besteht die Gefahr, dass sich die Blutgefäße des Tieres zu sehr weiten. Es kommt zu einem Blutdruckabfall, der durchaus zu einem Kreislaufkollaps führen kann.

Viele Rattenhalter betten ihre Lieblinge nach einer Operation auf eine Wärmflasche. Sie sollten sie darauf also nicht zu lange liegen lassen. Besser ist es dann schon, zuhause eine Wärmelampe zu verwenden, bis die Ratte wieder wach ist.

Es ist außerdem angebracht, die Augen vor dem Austrocknen mittels einer speziellen Augensalbe zu schützen, da diese während, bzw. nach der Operation offen bleiben.

Operationswunden sollten wenn möglich mit resorbierbaren Fäden verschlossen werden, damit entfällt das in Nachhinein lästige Ziehen. Diese Fäden finden meist dann Verwendung, wenn nur zwei, drei Stiche gemacht werden müssen, wie etwa nach der Entfernung kleiner Tumore oder bei Kastrationen. Muss ein sehr großer Tumor entfernt werden, wo die Haut sehr viel Spannung hat, dann werden lieber Fäden verwendet, die nachher gezogen werden müssen, weil die Haltbarkeit besser ist, die Haut nicht ausreißt und so meist gewährleistet ist, dass man dem Tierarzt diese Ratte noch einmal vorstellt, damit er sehen kann, wie alles verheilt ist.

Wundwasser kann manchmal die Wundheilung verzögern. Bei Bildung von Wundwasser sollten die Fäden nicht nach 10 Tagen, sondern erst nach etwa 14 Tagen, bzw. 3 Wochen gezogen werden. Zieht man die Fäden zu früh, besteht die Gefahr, dass durch das Wundwasser die Wunde nicht so gut verschlossen ist und alles aufplatzt.

Zur Vorbeugung von Wundwasser kann der Tierarzt versuchen, eine spezielle Naht zu legen. Oft sammelt sich Wundwasser in großen Wundhöhlen, also nach der Entfernung großer Tumoren. Auch wenn es abgesaugt wird (bei Ratten wird dies eher selten gemacht, da es sich wieder um einen erneuten Eingriff handelt, den man dem Tier gerne erspart) sammelt es sich immer wieder neu. Oft ist es so, dass sich das Wundwasser dann organisiert, d. h. es füllt sich bist zu einem gewissen Grad und wird dann verfestigt. Nach einiger Zeit kann man dann Salben auftragen, damit es sich zurückbildet.

Sollte sich eine Ratte kurz nach einer Operation die Fäden selbst "ziehen", also etwa 2 bis 3 Tage nach dem Eingriff, wird der Tierarzt entscheiden, ob eventuell noch einmal genäht bzw. geklammert werden muss. Oft ist dies jedoch nur bei sehr großen Wundnähten erforderlich, da durch den schnellen Stoffwechsel der Ratten auch eine rasche Heilung eintritt.

Wie oben erwähnt, kann Seromabildung oft verhindert werden, indem der Tierarzt eine spezielle Naht legt, d. h., die Wundhöhle innen mit vielen kleinen Stichen zusammengezogen wird, so dass sich kein Hohlraum bilden kann.

Ein Seroma kann sich also von selbst zurückbilden, insbesondere wenn die Haut darüber straff sitzt und einen gewissen Druck ausübt. Oft muss aber nachgeholfen werden. Es besteht die Möglichkeit, die Flüssigkeit regelmäßig mit einer Spritze abzusaugen. Dadurch wird der Druck verringert und die Seromakapsel kann sich wieder berühren und langsam wieder zuwachsen. Es besteht ein Risiko, dass sich der Seromainhalt durch die Punktionen infiziert und es zu einem Abszess (und möglicherweise einer Blutvergiftung) kommt. Das Risiko steigt mit jeder Punktion (Punktionen müssen absolut steril vorgenommen werden, die Haut über der Punktionsstelle muss rasiert und desinfiziert werden).

Der Inhalt des Seromas ist eine stark proteinhaltige Flüssigkeit und ein idealer Nährboden für Bakterien. Diese Behandlung hilft nicht immer, insbesondere wenn das Seroma groß ist und schon lange besteht. Wenn das nicht hilft oder das Risiko zu groß ist, kann eine Operation versucht werden.

Das Seroma wird wie bei der ersten Operation eröffnet und von innen mit vielen kleinen Stichen zusammengenäht. Man fängt am äußersten Ende der Höhle an und setzt Stich um Stich rund herum mit etwa 5 mm Abstand (in allen Richtungen) zwischen den Stichen. Danach wird dann die Haut wieder verschlossen. Aber auch diese Methode kann den Erfolg nicht garantieren. Eine Nachbehandlung mit einem Druckverband während ein paar Tagen erhöht die Erfolgschancen (ist jedoch nicht immer möglich).

Eine der häufigsten Ursachen, wenn sich Ratten selbst die Fäden entfernen, ist meist darauf zurückzuführen, dass der Tierarzt entweder ungeeignetes Nahtmaterial verwendet (z. B. zu "rauhe" Fäden), oder eine falsche Nahttechnik angewandt hat, wodurch im Bereich der Wunde Spannungsschmerz und/oder Hautreizung entstehen kann, der die Ratte veranlasst, an der Naht zu manipulieren. Es sollten Fäden verwendet werden, die die Haut kaum irritieren, was wohl nicht zuletzt eine Preisfrage zu sein scheint, so dass der Rattenhalter durchaus darauf Einfluss nehmen kann, welche Fäden eingesetzt werden.

Eine frisch operierte Ratte sollte wegen der Infektionsgefahr der Wunde einige Tage getrennt von den anderen Ratten, auf sauberen Küchentüchern, die mindestens 2 x täglich (im Bedarfsfall auch öfter) gewechselt werden, gehalten werden. Einstreu ist nicht geeignet, da narkotisierte Tiere Einstreupartikel inhalieren können, der Staub reizt außerdem Augen- und Nasenschleimhäute.

Bei eben operierten Ratten oder schwer kranken/gelähmten Tieren, die längere Zeit liegen, eignen sich als Unterlage sehr gut Windeleinlagen, die saugen den Urin nach unten hin auf und die Ratte liegt trotzdem trocken, was bei normalen Tüchern nicht der Fall ist, da die nach oben hin immer nass sind!

Auch wenn man ständig wechselt, lässt es sich nicht immer vermeiden, dass die Ratten auf ihrem eigenen Urin liegen. Ich habe Pampers New Baby Gr. 1 (Newborn) ausprobiert, funktioniert prima. Im "Test" noch besser abgeschnitten haben Babydream Nr 1 von Rossmann, sie halten noch trockener und lassen sich halbieren, sind also viel sparsamer im Verbrauch. Einfach seitlich die Klettverschlüsse abreißen, dann hat man eine glatte Windel, die sich hervorragend als Unterlage eignet. Es gibt natürlich noch viele Sorten, die jeder Rattenhalter für sich einfach ausprobieren kann und dann die verwendet, mit der er, bzw. seine Ratten am besten zurecht kommen.

Vorübergehende Einzelhaltung ist sinnvoll, denn so kann keine andere Ratte an der Wunde knabbern. Kontakt zu den anderen Ratten bekommen meine operierten Tiere (je nach Schwere des Eingriffs) nach zwei Tagen. Das erste Zusammentreffen erfolgt unter Aufsicht, da den Ratten oft noch ein intensiver Geruch von Desinfektionsmittel anhaftet.

Schmerzen nach einer Operation sind bei Nagern oft schwer zu erkennen, sie sitzen meist in der Oberhaut und sind durch die Hautnaht bedingt. Der Rattenhalter sollte seine Ratte vor und nach dem Eingriff stets gut beobachten. Nach einer normal verlaufenen Operation hat sich bei geringen Schmerzen Traumeel oder Salicylsäure gut bewährt. Treten starke Schmerzen auf, kann vom Tierarzt ein entsprechendes Medikament verabreicht werden.

Zwar dachte man bisher, dass Schmerz Ratten häufig daran hindern würde, Wunden zu beanspruchen, das Tier ruhiger wäre und deshalb die Operationsstelle schont. Dies ist eine veraltete Meinung, heute weiß man, dass Schmerzen den Heilungsprozess und die Erholung nach einer Operation beeinträchtigen können. Und das zu einem Zeitpunkt, wo das Tier seine ganze Kraft braucht.

Inzwischen wird angenommen, dass alle Operationen, die beim Menschen Schmerzen verursachen, auch für Tiere schmerzhaft sind. Schmerzmittel sollten deshalb nach einer Operation immer eingesetzt werden, denn die Tiere werden die besonders empfindlichen Bereiche trotz der Verabreichung eines solchen schonen. Die Dauer hängt von der Schwere des Eingriffs ab. Spezialisten sehen als Standard die Verabreichung eines Schmerzmittels über einen Zeitraum von 3 Tagen. Bei einem Lipom, insbesondere bei einem kleinen, kann das auf 1,5 Tage reduziert werden.

Morphium wird eher wenig verwendet, da es eine kurze Wirkzeit hat und alle paar Stunden gegeben werden muss. Vom Tierarzt kann direkt nach der Operation Buprenorphin subkutan injiziert werden. Es ist ein Opiat-Teilagonist und hat eine längere Wirkungsdauer, 8-12 Stunden, und sollte 2 x pro Tag subkutan gespritzt werden.

Aspirin ist eine andere Möglichkeit, hilft aber nur gegen mittelstarke Schmerzen. Es gibt bessere NSAIDs (nicht-steroide anti-Entzündungsmedikamente, Aspirin gehört zu diesen) die besser wirken, z. B. Carprofen. Diese Medikamente werden normalerweise oral verabreicht und können mit einer Spritze ohne Nadel direkt ins Maul der Ratte gegeben oder mit einer sehr kleinen Menge Fruchtjoghurt angeboten werden. Es ist darauf zu achten, dass die gesamte Menge aufgenommen wird. Allerdings sollte man sie nicht einfach ins Trinkwasser mischen, da Tiere mit Schmerzen oft weniger trinken und dann eine zu geringe Dosis Schmerzmittel bekommen.

Nach dem Erwachen aus der Narkose sollte man der Ratte Futter und Wasser anbieten. Zu empfehlen sind z. B. Babybreie und frisches Obst. Bei sehr geschwächten Tieren kann auch Traubenzucker zugesetzt werden.

Zusammenfassend ist davon auszugehen, daß die Chancen einer erfolgreichen Operation steigen, je früher man z. B. einen Tumor entfernen läßt. Über die geeignete Art der Narkose sollte man sich ausführlich mit einem Tierarzt seines Vertrauens unterhalten, ebenso über die Tageszeit, die für eine Operation bei Ratten am geeignetsten erscheint.

Viele Tierärzte operieren nur in den frühen Morgenstunden und nehmen zu späterer Tageszeit keine Eingriffe mehr vor. Auch "mein" Tierarzt operiert eigentlich nur am Morgen. Da ich jedoch bereits vor 15 Jahren bei meinem "ersten" Tierarzt nur gute Erfahrungen machte, wenn meine Ratten am frühen Abend operiert wurden, nimmt auch mein jetziger Tierarzt auf meinen Wunsch hin die Eingriffe an meinen Ratten zwischen 17.00 und 19.00 Uhr vor.

Hier ein paar praktische Tipps.

Grundsätzlich muss jeder selbst entscheiden, ob er seine Ratte beim Tierarzt "abgibt" und nach einer OP irgendwann im Laufe des Tages wieder abholt. Ich warte jedoch beim Tierarzt, bis die Operation beendet ist, damit ich da bin, wenn meine Ratte nach der Narkose aufwacht. Es ist besser, wenn gleich nach dem Erwachen eine vertraute Person bei ihr ist, die sie beruhigt.

Zwar wird darauf hingewiesen, dass die Ratten beim Tierarzt nach der OP überwacht werden, aber diese Kontrolle sieht wegen des meist bestehenden Personal-und Zeitmangels meist so aus, dass die Tiere zunächst in einem Nebenraum abgestellt werden, möglicherweise auch ab und zu jemand nach ihnen sieht, aber niemand so viel Zeit hat, sie zu beruhigen und davon abzuhalten, eventuell an der Wunde zu manipulieren.

Wird eine Ratte mittels Injektion narkotisiert, so kann es einige Stunden dauern, bis das Tier wieder völlig wach ist. Während dieser Zeit muss die Ratte sehr gut überwacht werden, damit im Falle von Komplikationen der Tierarzt sofort mit Notfallmedikamenten eingreifen kann. Es besteht die Möglichkeit, dass der Rattenhalter in der Praxis bleibt und seine Ratte nach erfolgreicher Operation selbst konsequent überwacht. Zwar wird immer wieder beteuert, dass das Tier laufend vom Personal überwacht wird, aber in den wenigsten Tierarztpraxen ist das auch tatsächlich so, weil die Helfer einfach zu wenig Zeit haben und überfordert sind. Deshalb wird eine frisch operierte Ratte auch nur hin und wieder "kontrolliert", wenn es dann bereits zu einem Herzstillstand gekommen ist, ist es auch für eine Gegenmaßnahme bereits zu spät und es hat wieder einmal eine Ratte die Narkose nicht überlebt.

Die Narkose ist in den meisten Fällen das gefährlichste an einer Operation. Ein Tier hat diese nicht überstanden, bis es wieder selber laufen kann. Bis dann besteht das Risiko weiter, auch wenn die Operationswunde bereits wieder verschlossen ist. Mehr noch, je länger die Narkose dauert, desto gefährlicher wird es für das Tier, deshalb sind Inhalationsnarkosen für Ratten meist vorzuziehen.Wenn kein Gegenmittel gespritzt werden kann, so muss das Tier auf jeden Fall warm gehalten werden, es muss ihm Flüssigkeitsersatz verabreicht werden und es muss korrekt gelagert und laufend überwacht werden.

Die meisten Verluste nach einer Injektionsnarkose kommen von schlechter Nachbetreuung, das Tier kühlt aus, es trocknet aus und beides führt zur Verlängerung des Nachschlafes und erhöht das Risiko für Komplikationen.

Ich bringe meine Ratten am Abend in einer sehr großen Transportbox, ausgepolstert mit weichem Küchen- oder WC-Papier, zum Tierarzt (wird nach der Op zu Hause ergänzt durch Wasserflasche und Futternapf). Die Box ist groß genug, dass die Ratten 1-2 Tage nach der Operation darin verbleiben können.

Vor dem Eingriff lege ich sie in Absprache mit dem Arzt selbst in den Narkoseapparat und warte dann, bis die Operation beendet ist. Das dauert in der Regel mit Narkose 15 Minuten. Komplikationen traten noch nie auf. Dennoch empfehle ich, so lange beim Tierarzt zu warten, bis die Ratten aufgewacht sind. Bei einer Gasanästhesie tritt das nur wenige Minuten nach der Operation ein. Bitte während der Aufwachphase darauf achten, dass die Ratten nicht auf der Nase liegen (Erstickungsgefahr!). Am besten ist seitliche Lage. Sie sollten nicht auskühlen (Wärmeflasche unter die Box), aber auch nicht überhitzen (nicht die ganze Bodenfläche "beheizen", sondern nur etwa die Hälfte des Transportkäfigs).

Nur selten ist es erforderlich, Ratten vor der Operation ein Beruhigungsmittel injizieren zu lassen . Das ist fast immer überflüssig, es sei denn, es handelt sich um ein besonders nervöses, sensibles oder bissiges Tier. Dann jedoch ist es sinnvoll, damit sich das Tier nicht unnötig aufregt.

Die Ratte sollte möglichst schnell in den Narkoseapparat gebracht werden. Das bedeutet nur kurzen Stress. Damit sie rasch einschläft, ist es vorteilhaft, wenn die Narkosekammer bereits kurz vorher mit Gas angeflutet wird.

Bei einer Inhalationsnarkose ist die erste halbe Stunde nach dem Erwachen "kritisch". Ist die Kastration/Operation beendet, wird die Ratte (bei Gasanasthesie) innerhalb weniger Minuten wach. Sie befindet sich dann in den nächsten 20 bis 30 Minuten in einer Art "Rauschzustand", der von Halluzinationen begleitet wird. Deshalb wird sie in der Box sehr unruhig "umherkrabbeln". Daran sollte die Ratte sanft, aber dennoch energisch gehindert werden. Am besten ist es, sie zart mit der Hand festzuhalten (jedoch das Tier nicht "fixieren" und gänzlich in seiner Bewegung einschränken!), zu streicheln und beruhigend mit ihr zu reden.

Auch kann man sie auf diese Weise derart ablenken, dass sie nicht versucht, die frische Naht zu manipulieren. Sobald die Ratte versucht, an der Wunde zu knabbern oder zu lecken, sanft den Kopf mit den Fingern beiseite schieben und das Tier streicheln. So konnte ich all meine frisch operierten Tiere beruhigen, worauf abwechselnd Schlaf- und Wachphasen folgten. Das größte Interesse für die Wunden haben die Ratten meist kurz nach der OP, bedingt durch den Wundschmerz.

Bekommen sie danach eine schmerzstillende Spritze (bei einer normal verlaufenden Kastration ohne Komplikationen kann alternativ z. B. Aspirin, Traumeel, Arnica und Belladonna verabreicht werden), dürfte das Interesse für die Wunde geringer sein. Dies lässt sich zusätzlich durch konsequentes Überwachen 1-2 Stunden nach der OP erreichen. Gänzlich vermeidbar ist es natürlich nicht. Keine meiner Ratten hat sich jedoch bisher selbst Fäden entfernt.

Eine (frisch) operierte/kastrierte Ratte riecht meist sehr streng nach Desinfektionsmitteln. Dieser fremde Geruch kann dazu führen, dass die Ratte von der/den anderen der Gruppe (zunächst) "abgelehnt", ja sogar angegriffen wird. Bis die fremden Düfte durch den Eigengeruch der Ratte "übertönt" werden, können durchaus einige Tage vergehen. Damit es nicht zu unnötigen Rangeleien kommt, sollten die anderen Ratten zunächst, ähnlich wie bei einer Neuintegration, außerhalb des Käfigs Kontakt mit dem operierten Tier aufnehmen können. Damit haben sie Gelegenheit, dieses als Rudelmitglied wieder zu erkennen und zu akzeptieren.

Wenn sich die Gruppe bereits vorher gut vertragen hatte, kann die Ratte eventuell vorbeugend, bis der Eigengeruch wieder vollends da ist, mit etwas Einstreu aus dem Käfig vorsichtig eingerieben werden (die operierte Stelle aussparen). Wenn erforderlich, kann auch der Käfig gereinigt und mit frischer Einstreu versehen werden. Danach können alle Ratten zusammen wieder Einzug ins Heim nehmen.

Abschließend möchte ich noch anmerken, dass Narkosezwischenfälle bei allen Tieren immer möglich sind. Ratten sind im Normallfall einfach und sicher narkotisierbar. Probleme können jedoch auftreten bei Tieren mit chronischen Atemwegsinfektionen. Eine Kastration ist und sollte für einen geübten Tierarzt ein Routineeingriff sein, der mittels Gasanasthesie bei einem gesunden Tier gut steuerbar ist. Das Risiko ist weitaus geringer als mit Injektionsnarkose.