Domestikation bei Ratten

Domestikation ist, eine Tierart durch Selektion (gezieltes Züchten) den Ansprüchen und Bedürfnissen des Menschen anzupassen. Beim Hund z.B. geschah das durch das Züchten von Rassen mit dem Ziel, Hüte-,Wach-, Schutzhunde usw. zu "schaffen".

Die Domestikation der Wanderratte begann vor ca. 100 Jahren (Domestikation = "Haustierwerdung", von lateinisch "domestos" = Haus). Fahrende Zirkusleute hatten Albinos von Wanderratten zur Schau gestellt (noch ein paar Worte zu Albinos weiter unten). Schnell stellte es sich wohl heraus, dass diese, bzw. ihre Nachkommen durch häufiges Vermehren zahmer und friedlicher als ihre wilden Vorfahren waren, was für die Zwecke der Schausteller bestens geeignet war. Aus dem selben Grund wurden die Tiere später für Labors und Versuchstierinstitute gezüchtet, was auch zur Bezeichnung Laborratte führte.

Im Laufe der Zeit bildeten sich verschiedene Farbvarianten heraus. Inzwischen gibt es Unterschiede in Physiologie, Anatomie und Verhalten zwischen Wanderratte und "Farb"ratte, die es rechtfertigen, von einer tatsächlichen Domestikation zu sprechen. Die Bezeichnung Rattus norvegicus domesticus, wie sie von Rattenliebhabern häufig verwendet wird, um der Farbratte einen wissenschaftlichen Namen zu geben, ist jedoch falsch. Diese Nomenklatur würde bedeuten, dass es sich bei der Farbratte um eine Unterart von rattus norvegicus handelt, was aber nicht richtig ist.
Korrekt ist die Bezeichnung rattus norvegicus, forma domestica. Also Wanderratte, domestizierte Form.

Unterschiede in Physiologie, Anatomie, Verhalten

Farbratte/Laborratte


Rattus norvegicus forma domestica(hier: Zuchtform Dumboratte)

Wanderratte


Rattus norvegicus

Laborratten sind im Mittel leichter als ihre wilden Ahnen, desgleichen auch die meisten inneren Organe mit Ausnahme von Hypophyse und Thymus. Der Bewegungsdrang von Labor/Farbratten ist verringert, daher sind auch die entsprechenden Gehirnteile (Corpus striatum und Cerebellum) kleiner, während beispielsweise das Riechzentrum nahezu unverändert blieb.

Krankheitsanfällige Albinos, die früher sterben als ihre "normal" gefärbten Artgenossen?

NEIN!

Immer wieder werde ich von besorgten Rattenhaltern gefragt, ob es stimmt, dass Albinos, also weiße Ratten mit roten Augen, krankheitsanfälliger sind und früher sterben als ihre Artgenossen mit dunklen Augen. Nein, das stimmt nicht und ist genauso ein Ammenmärchen, wie das der "Krebsratte", das sich lange Jahre hartnäckig gehalten hat. Schon vor vielen Jahren, als noch fast jeder Rattenhalter davon überzeugt war, dass alle Ratten "speziell auf Krebs" gezüchtet werden und demzufolge auch immer an bösartigen Tumoren erkranken, habe ich hier bei Rattenzauber darauf aufmerksam gemacht, dass dies nicht stimmt. Zu der Zeit wurde ich noch von vielen belächelt und die wenigsten wollten mir glauben.

Merkwürdigerweise kann man inzwischen genau das, was ich schon seit Jahren propagiere, inzwischen auf unzähligen anderen Rattenseiten im Internet nachlesen. Das Gerücht der besonders "anfälligen" Albinos hat sich offensichtlich ebenso eingeprägt. Es gibt keinerlei Anzeichen dafür, dass albinotische Ratten "anfälliger" gegen Krankheiten sind oder gar früher sterben als ihre "normal" gefärbten Artgenossen!

Albinismus wird durch ein einziges Gen bestimmt, das nur bewirkt, dass kein Melanin (der dunkle Hautfarbstoff) gebildet wird. Ansonsten sind die Tiere absolut identisch mit den "Farbratten".
Aufgrund dieser genetischen Veranlagung ist bei Albinos die Produktion von Melanin blockiert und infolge dessen haben diese Tiere weiße, bzw. helle Haare und rote Augen. Medizinisch ist der einzige Unterschied, dass Albinoratten, z. B. durch dauerhaft zu helle Beleuchtung, oft an Netzhautschäden erkranken und demzufolge häufig mehr oder weniger blind sein können, bzw. dadurch erblinden. Für die Ratte ist diese Art der Behinderung jedoch eher von geringerer Bedeutung.