Die kranke Ratte - Epilepsie

Meist ist bei Ratten, die an Epilepsie erkranken, die grundlegende Ursache für diese Störungen unbekannt. Ein geringer Teil der Epilepsien ist vererbt oder wird, noch seltener, durch eine Hirnverletzung verursacht.

Epilepsie tritt jedoch bei Ratten eher selten auf.

Epilepsie wird durch eine Störung im Gehirn ausgelöst. Dabei werden bestimmte Teile des Gehirns, ausgehend von einem epileptischen Fokus, durch rhythmische Pulse (elektrische Entladungen der Hirnzellen) stimuliert. Je nach Stärke und Dauer dieser Pulse kommt es zu Zuckungen eines Körperteils (Tick) bis hin zu den klassischen klonisch-tonischen Krämpfen mit Bewusstseinsverlust vom tonischen (tonisch=starke und lange andauernde Muskelzusammenziehungen) Stadium mit maximaler Streckung aller Körperteile innerhalb von wenigen Sekunden in das klonische (klonisch = rasch aufeinanderfolgende, kurzdauernde Muskelzuckungen) Stadium mit schüttelnden Zuckungen der Gliedmaßen.

Das Tier liegt am Boden und verkrampft und entkrampft sich rhythmisch.

Epileptische Anfälle können (müssen aber nicht) durch sogenannte Auslöser initiiert werden. Auslöser können verschiedenste Umwelteinflüsse sein, Stress in jeder Form ist einer der wichtigsten Auslöser. Aber auch eine Krankheit, gewisse Medikamente, blinkende Lichter und laute Geräusche können Auslöser sein. In der Heimtierhaltung konnte bei Ratten beobachtet werden, dass Tiere, die z. B. anhaltend, aber auch kurzzeitig permanentem Lärm ausgesetzt wurden (extrem laute Musik, Discolicht, Maschinengeräusche usw.), in der Folge mit anfallsartigen Krämpfen reagierten.

Weitere häufig erkennbare Auslöser sind aggressive Auseinandersetzungen/Bissverletzungen in unverträglichen Gruppen (häufig unkastrierte Rattenböcke, bzw. ausschließlich die Haltung jener).

Wie beschrieben scheint Stress mitunter ein Auslöser (aber nicht die Ursache) zu sein. Das heißt, leidet eine Ratte unter Epilepsie (evtl. vererbt), kann es jedes mal, wenn sie enorm gestresst wird, zu einem epileptischen Anfall kommen. Die Vorbeugung ist in solchen Fällen einfach. Ist der Auslöser Lärm, so müssen die Ratten in einem ruhigen Raum untergebracht, bzw. sollte die Geräuschquelle abgestellt werden (bei Handwerkertätigkeiten ist es besser, die Tiere kurzfristig in Pflege außer Haus zu geben)!

Befindet sich das kranke Tier in einer unverträglichen Gruppe, in der es ständig zu aggressivem Verhalten, womöglich noch zu Bissverletzungen kommt, so sollte es unbedingt aus der Gruppe genommen werden, bzw. ist darauf zu achten, dass es in einem friedlichen Rudel mit verträglichen Ratten untergebracht wird. Wird die Ratte aus der Gruppe entfernt, bzw. die Lärm-/Belastungsquelle dauerhaft abgestellt, so entfällt der auslösende Stress und das Tier wird vermutlich keine weiteren Anfälle mehr haben.

Beobachtet der Rattenhalter ein Tier, das unter einem Anfall leidet, so sollte er es unbedingt sofort aus dem Käfig nehmen und versuchen, es zu ruhig zu stellen. Bei einem milden Verlauf genügt es manchmal schon, beruhigend auf die Ratte einzureden, sie zu streicheln und bis zum Ende des Anfalls evtl. in einer mit weichen Tüchern ausgelegten, großen Transportbox, worin sich das Tier nicht verletzen kann, unterzubringen. Nach einem Anfall braucht die Ratte unbedingt mehrere Stunden Ruhe und sollte von anderen Tieren nicht belästigt werden.

Bei schweren oder stets wiederkehrenden Verkrampfungen sollte unbedingt der Tierarzt aufgesucht werden, damit die Ratte therapiert werden kann. Oft liegt es jedoch in den Händen des Halters, Anfälle zu vermeiden. Es sollte erst gar nicht soweit kommen, dass durch Stress, verursacht durch oben erwähnte Faktoren, epileptische Anfälle ausgelöst werden können. Ist der auslösende Faktor nicht klar oder kann nicht eliminiert werden, so hilft nur eine medikamentöse Therapie. Barbiturate in ganz geringen Mengen werden täglich verabreicht. Dies bewirkt eine Dämpfung (Betäubung) des epileptischen Fokus im Gehirn und die Anfälle werden unterdrückt.

Ist der Anfall vorbei, kann das Tier mit niedrigsten Gaben von Barbituraten anfallfrei gehalten werden.

Es ist jedoch nicht zu empfehlen, dies nach einem einzigen Anfall zu machen, da es durchaus sein kann, dass es nie oder erst nach einer langen Zeit wieder zu einer Wiederholung kommt. Die Barbituratgaben wären dann eine unnötige Belastung für das Tier. Erst wenn sich gezeigt hat, dass es zu regelmäßigen Anfällen kommt, sollte mit der Epilepsiebehandlung begonnen werden. Man beginnt mit einer Durchschnittsdosis. Wenn es zu weiteren Anfällen kommt, wird die Dosis langsam erhöht, bis eine (fast) vollständige Unterdrückung existiert. Kommt es nach der ersten Gabe nicht mehr zu Anfällen, so wird die Dosis langsam reduziert, bis die Anfälle wieder auftreten. Die Dosis ist sehr individuell und man muss sie durch Probieren richtig einstellen.

Barbiturate sind Schlafmittel. Je nach Dosis machen sie schläfrig (Sedation), induzieren Anästhesie oder führen zum Tode (Euthanasie).

Es gibt eine große Anzahl verschiederer Barbiturate, die alle ähnliche Namen haben, jedoch zum Beispiel unterschiedliche Wirkungsdauer. Pentobarbital ist ein kurzwirkendes Barbiturat und Phenobarbital ein langwirkendes, welches insbesondere als Schlafmittel oder gegen Epilepsie eingesetzt wird.Bei Tieren wird insbesondere Pentobarbital eingesetzt sowohl zur Anaesthesie (heute eher selten) wie auch zur Euthanasie. Alle Euthanasiecocktails enthalten Barbiturate als Hauptwirkungsstoff. Barbiturate sind jedoch aufgrund der Suchtgefahr kaum noch auf dem Markt und wurden weitgehend durch Tranquilizer ersetzt. Eine Therapie mit Luminaletten oder Luminal (Wirkstoff Phenobarbital), ist immer mit einem Risiko verbunden und sollte nicht ohne tierärtzliche Aufsicht erfolgen.

Viele Tierärzte verordnen Tranquilizer (Benzodiazepine),die beruhigend, muskelentspannend und krampflösend wirken, bzw Krämpfe verhindern.

Tranquilizer ist das englische Wort für Beruhigungsmittel.

Die Definition von Beruhigungsmittel/Tranquilizer ist nicht sehr klar. Sie umfasst alle Stoffe die in irgend einer Art beruhigend wirken. Barbiturate und Benzodizepine sind chemisch definierte Wirkstoffgruppen, die unter die Beruhigungsmittel fallen. Sie haben aber eine sehr unterschiedliche Wirkungsweise und haben nur die Tatsache gemeinsam, dass sie auf ihre Art beruhigend wirken.

Benzodiazepine sind Angstlöser (Anxiolytica). Sie wirken zudem leicht sedierend. Diese Kombination wirkt beruhigend. Der Hauptvertreter ist das Valium. Beim Menschen wird es als Psychopharmakum eingesetzt. Beim Tier in der Regel als Bestandteil einer Kombinationsanesthesie (z.B. zusammen mit Ketamin) aber auch alleine als Beruhigungsmittel. Es ist viel sicherer als die Barburate, da es nur schwer überdosiert werden kann. Selbstverständlich sollten auch Tranquilizer immer nur in Absprache mit einem Veterinär verabreicht werden.

Benzodiazepine wirken zudem beruhigend, muskelentspannend und krampflösend-/verhindernd und werden akut bei Epilepsieanfällen eingesetzt, um die Krämpfe zum stoppen zu bringen. Barbiturate können dazu ebenfalls eingesetzt werden, aber sie sind wegen der Gefahr der Überdosierung nicht so gut geeignet.

Ein Epilepsieanfall an und für sich ist auch nicht gefährlich, außer das Tier verletzt sich bei den Krämpfen oder der Anfall hört nicht mehr von alleine auf.

Bei einem Hund zum Beispiel, der nur alle 12 Monate einen Anfall hat, ist deshalb eine Langzeitbehandlung kaum notwendig.

Es gibt einige spezielle Präparate, die bei Epilepsie beim Menschen eingesetzt werden. Erfahrungswerte bei Ratten gibt es kaum.

Jede Behandlung muss daher individuell auf die Ratte abgestimmt und die Dosis Schritt für Schritt eingestellt werden.